Pastor Konstantin Uhder (1870-1919)

Die  M ä r t y r e r  nach dem Sturm

P a s t o r  K o n s t a n t i n  U h d e r
g e b o r e n  in  W o l m a r s h o f  19. Februar 1870
e r m o r d e t  in  A l t – S c h w a n e b u r g  29. Mai 1919

Als Sohn eines armen lettischen Schulmeisters hat Uhder während seiner Ausbildungszeit viel mit materiellen Sorgen zu kämpfen gehabt, aus demselben Grunde auch seine Studien zeitweilig unterbrechen müssen. Nachdem er Dorpat verlassen, wurde er 1900 von der inzwischen begründeten livländischen Seemannsmission als Seemannspastor nach Cardiff, England, geschickt, wo er den baltischen Seeleuten zu dienen hatte. Nach fünfjährigem Auslandsdienst kehrte er in die Heimat zurück und wurde, nach kurzer Vikariatszeit an der Paulskirche zu Riga, 1906 Pastor zu Aahof. Hier hat er, von der Liebe der Gemeinde getragen, ein Jahrzehnt wirken dürfen.

Während der ersten bolschewistischen Welle im Jahre 1917 forderten die Roten ihn auf, sich auf ihre Seite zu stellen, dann würde er unbelästigt bleiben. Uhder lehnte es ab; sofort begannen sie mit Repressalien. Die Kirche wurde von ihnen in Beschlag genommen; Uhder hielt die Gottesdienste im Pastorat. Um Uhder mundtot zu machen, arretierte man ihn im Dezember 1917, doch trat die Gemeinde so tatkräftig für ihn ein, daß die Roten ihn freilassen mußten. Am 25. Februar 1918 zogen die Deutschen in Aahof ein und machten der Bolschewikenherrschaft ein Ende. Unter dem Regiment der Deutschen hat Uhder seine Gemeinde aufs neue gebaut und auch den deutschen Soldaten Gottesdienste gehalten, er hat dabei, auf Bitten der Deutschen, Kaiser Wilhelms fürbittend gedacht.

Als die deutsche Herrschaft zusammenbrach, hat Uhder in der Erkenntnis, daß ihm unter den Bolschewiken sofortige Verhaftung drohe, die ihm jede Wirkungsmöglichkeit verschließen mußte, seine Gemeinde am 25. November 1918 verlassen. Er wandte sich nach Riga, das, wie man annahm, unter allen Umständen gehalten werden sollte, und wollte hier die Befreiung des Landes abwarten. In Riga hat er sich stiller wissenschaftlicher Arbeit hingegeben und seiner geliebten Musik gelebt, die ihm von jeher am Herzen lag.

Nachdem Riga am 22. Mai von der Baltischen Landeswehr befreit worden, und das Land weithin von den Bolschewiken gesäubert worden war, glaubte Uhder heimfahren zu dürfen. Er wollte zunächst seine Familie in Alt-Schwaneburg aufsuchen, um seine Frau und Kinder, nach denen die Roten ebenfalls gefahndet hatten, wiederzusehen. Er kam zu früh — in Alt-Schwaneburg herrschten am Tage seiner Ankunft, 28. Mai, noch die Banden. Er wurde sofort verhaftet, vor das Tribunal gestellt und als deutscher Spion zum Tode verurteilt. Uhder wurde ins Arrestlokal gebracht, wo er noch neun andere zum Tode Verurteilte traf. Hier hat er sich und seine Leidensgenossen aufs Sterben bereitet. In der Nacht wurden sie hinausgeführt, vor die ausgehobenen Gräber gestellt, — Uhder als „erster“. Die erste Salve krachte, sie traf Uhder nicht, Uhder rief: „Zielt doch genau, die Engel warten auf mich“. Bei der zweiten Salve durchbohrten ihn drei Kugeln, — er sank tot in die Gruft. Am selben Tage zogen die Befreier in Alt-Schwaneburg ein. *)

*) Nach schriftlichen Aufzeichnungen seiner Mutter Marie Uhder.

Quelle: Oskar Schabert, Pastor zu St. Gertrud in Riga: Baltisches Märtyrerbuch, Furche-Verlag. Berlin 1926. S. 167-168 [Digitalisat, pdf]

Eingestellt am 17. Februar 2022