23. Dezember

Da die Zeit erfüllet war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe, und unter das Gesetz getan, auf daß er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete, daß wir die Kindschaft empfingen. (Galater 4, 4.5)

Christus ist insofern des Gesetzes Ende, als er’s bewirkt hat, daß Niemand durch die Erfüllung desselben die Gerechtigkeit zu suchen braucht, welches auch eine reine Unmöglichkeit ist. Die Gerechtigkeit vor Gott kann und soll man auf einem ganz andern Wege finden. Dieses aber hat Christus dadurch zuwege gebracht, dass er alle Forderungen desselben vollkommen erfüllte, wozu kein Mensch fähig war, weil die Sünde es ihm
unmöglich machte (Röm. 8, 3). Christus hat alle Forderungen des Gesetzes vollkommen erfüllt, nicht für sich selbst, sondern für uns. Für sich selbst hatte er’s nicht nötig, ja war vor seiner Menschwerdung, als eine göttliche Person, gar nicht in der Lage des Gehorsams, sondern des Gebietens; er konnte auch für sich keinen Vorteil von seinem Gehorsam haben, weil er ohne ihn alles besitzt. Weil aber das Gesetz erfüllt werden mußte, wenn wir sollten begnadigt werden können, so ward der Sohn Gottes, der im Anfange bei Gott und Gott war, ein Mensch. Er ließ sich auch nach Gal. 4 unter das Gesetz tun, und nahm bei seiner Beschneidung, und nachgehends bei seiner Taufe die Erfüllung des ganzen Gesetzes auf sich, wie er auch zu Johannes sagte: Uns gebühret es, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Dadurch ward unsere Schuld auf einmal und vollkommen, ja überflüssig bezahlt, denn das Gesetz forderte nur einen menschlichen, Christus leistete aber einen göttlichen Gehorsam, und erwarb uns armen Sündern dadurch eine göttliche Gerechtigkeit, die weit herrlicher ist, als diejenige war, die Adam im Stande der Unschuld, ja die heiligen Engel selbst besitzen. Also hat man sich nicht erst durch des Gesetzes Werke die Gerechtigkeit zu erwerben, wie die Juden thun wollten, die Paulus eines Bessern zu belehren suchte, sondern sie ist schon längst erworben. Mithin hat Christus freilich insofern das Gesetz aufgehoben, als Niemand durch dasselbe seine Gerechtigkeit, womit er vor Gott bestehen kann, auf dem Wege zu suchen braucht, den es vorschreibt, den wir ohnehin nicht betreten können, da die Sünde uns gelähmt hat, und nicht dürfen, wenn wir dem Hohenpriestertum und Opfer Christi nicht zu nahe treten, und das
Blut des Bundes unrein achten wollen.

Moses hat nun ausregieret.
Christi freier Geist uns führet,
Die Gefangenschaft ist aus.
Wer gehört in Gottes Haus,
Kann durch unsers Heilands Büßen
Freier Kindschaft nun genießen.

Andacht aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten, Seite 359. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld, im November 1899 (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)

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