2. Korinther 5, 18

Aber das alles ist von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt.
(2. Korinther 5, 18)

Man darf bei der Erlösung des menschlichen Geschlechts den Sohn Gottes nicht als abgesondert von dem Vater und Heiligen Geist vorstellen, wie es vielleicht bei der Schwachheit des menschlichen Verstandes öfters zu geschehen pflegt, sondern gewiß glauben, daß auch der Vater durch den Geist dabei wirksam gewesen sei, wiewohl nur der Sohn Gottes als Mensch gekreuziget worden und gestorben ist. Wenn man dieses wunderbare und große Werk des dreieinigen Gottes in dem Verhältnis gegen das Uebel, woraus die Menschen herausgerissen werden sollen, betrachtet, so heißt es eine Erlösung; betrachtet man es aber in dem Verhältnis gegen Gott, so heißt es eine Versöhnung. Gott hat uns, wie Paulus sagt, mit Ihm selber versöhnet durch Jesum Christum. Man darf sich hier freilich keine Versöhnung vorstellen, dergleichen zwischen Menschen, die gleiche Rechte gegen einander haben, vorzugehen pflegt, da nämlich jeder Teil nach einer Abbitte oder Genugtuung oder auch ohne dieselbe seine Feindschaft fahren, und anstatt des Hasses eine neue Liebe bei sich aufkommen läßt. Bei Gott geht keine solche Veränderung vor, und auch damals, da wir Gott durch den Tod Seines Sohnes versöhnt wurden, ging noch keine Veränderung in uns vor. Man nehme also lieber das Bild von einem König, der seinen rebellischen Unterthanen nicht eigentlich feind ist, aber doch eine gerechte Strenge gegen sie ausüben, und sie alle zum Tod verdammen sollte, wiewohl er doch nach der Liebe wünscht, ihrer verschonen zu können.

Man stelle sich weiter vor, es stelle sich ein Mittler zwischen den König und die Rebellen, und bringe als dieser ihr Sachwalter durch eine geziemende Abbitte und Genugtuung so viel zuwege, daß der König ihnen Gnade anbieten und erzeigen könne: so hat dieser Mittler die Rebellen mit dem König versöhnt, das ist, einen Weg geöffnet, auf welchem der König seine vorhin gehegte Liebe ihnen erzeigen, und sie anstatt der Todesstrafe begnadigen und mit neuen Wohltaten überschütten kann. Nun muß aber den Rebellen diese ihre Versöhnung auch verkündiget werden, und diese Verkündigung bei ihnen diese Wirkung haben, daß sie sowohl die Feindschaft gegen ihren König, als auch die zur Verzweiflung führende Furcht vor seinem mächtigen Zorn fahren lassen. Hat nun Gott das Erste, nämlich die Versöhnung der rebellischen Welt durch Seinen Sohn Jesum Christum zu Stande gebracht, so hat Er auch für das Letztere, nämlich für die Verkündigung dieser Versöhnung gesorgt. Er hat, wie Paulus sagt, das Amt gegeben, das die Versöhnung prediget. Dieses Amt ist eine Gabe Gottes, Christus selbst, und hernach die Apostel, verwalteten es zuerst, es muß aber, so lange noch Rebellen auf Gottes Erdboden übrig sind, folglich bis an’s Ende der Welt verwaltet werden. Die durch Christum ausgerichtete Versöhnung muß geprediget werden, weil sie in dem Gesetz, das allen Menschen in’s Herz geschrieben worden, nicht enthalten ist. Hier müssen nun Ermahnungen, hier müssen sogar Bitten vorkommen, mit welchen man die ungläubigen Menschen zu erweichen und zu überreden sucht, daß sie sich für versöhnt halten, aber auch die Gnade nicht vergeblich empfangen sollen.

(Magnus Friedrich Roos)


Tagesvers vom 15. Dezember 2023

Eingestellt am 15. Dezember 2023