Römer 1, 18

Denn es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit aufhalten; (Römer 1, 18)

Ich muß beides wissen, wann ich Gott gegen mich habe und wann ich ihn für mich habe. Paulus gibt mir über beides klaren Bericht. Wann hat der Mensch Gott gegen sich? Wann offenbart sich an ihm Gottes Zorn in seiner himmlischen Allgewalt, gegen die es keine Schutzwehr gibt? Er offenbart sich über jede Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit. Jede Entehrung Gottes, die ihn mißachtet und ihm die dankbare Anbetung versagt, und jeder Bruch des Rechts, der dem Menschen versagt, was ihm gehört, bewirkt, daß Gott mir widersteht. Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit stoßen mich beide in derselben Weise aus Gottes Gnade heraus. Ich verliere sie nicht nur, wenn ich Gott vergesse, sondern auch dann, wenn ich den Menschen entehre. Gottes Zorn schützt den Menschen gegen meine boshafte Gewalttätigkeit. Ich habe aber auch dann Gott gegen mich, wenn ich zwar den Menschen nichts Übles tue und mich gegen sie brav und ehrbar verhalte, aber Gott ausweiche und gottlos bleibe.

Gottlos leben heißt für sich selbst leben. Darum hat jeder Gott gegen sich, der nicht nach seinem Willen fragt, sondern nur an sich selber denkt, auch wenn er klug genug ist, um zu begreifen, daß er die anderen nicht verderben darf, da er so auch sich selber schädigte. Paulus lag es sehr daran, daß wir an der für alle gültigen Festigkeit des göttlichen Rechts nicht zweifeln. Er schärft uns ein, daß es keine Gottlosigkeit, worin sie auch bestehen mag, und keine Ungerechtigkeit, von welcher Art sie sei, gebe, bei der wir Gott auf unserer Seite haben. Ausflüchte, die meine Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit entschuldigen, gelten hier nichts, und Hintertüren, durch die ich entwischen und ungestraft gottlos und ungerecht sein könnte, gibt es nicht. Also liegt in meinem Leben Grund genug, daß Gott mir widerstrebt, und jedes Recht, mich aufzulehnen, wenn Er mir entgegentritt, ist mir genommen. Die Wahrheit zwingt mich, ihn zu ehren, auch wenn er mit schwerem Schlag mich trifft. Es ist recht und billig, daß Gott sich jeder Gottlosigkeit und jeder Ungerechtigkeit widersetzt. Eben deshalb, weil es so ist und so sein muß, sagt Paulus, hat Gott seinen Sohn gesandt und deshalb lautet die Botschaft Jesu: glaube mir; dann bist du gerecht.

O Herr, ich preise Deine Gerechtigkeit allein, nicht die meine, keines Menschen Gerechtigkeit. Wer hat Dir Anbetung und Dank gebracht? Wir versuchen es alle, für uns zu leben. Und wer gibt den anderen, was ihnen gebührt? Darum bist Du gerecht, Du allein, gerecht, wenn Du zürnst, und gerecht, wenn Du uns hilfst in deiner göttlich großen Art durch Deinen gekreuzigten Sohn. Amen.

(Adolf Schlatter)

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Römer 1Übersicht Römerbrief

Eingestellt am 9. Mai 2022 – Letzte Überarbeitung am 16. September 2023