Prediger 12, 1

Gedenke an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe denn die bösen Tage kommen und die Jahre herzutreten, da du wirst sagen: Sie gefallen mir nicht. (Prediger 12, 1)

Das menschliche Leben ist kurz, und die Jugendtage gehen schnell vorüber; darum freue dich, Jüngling, in deiner Jugend! Freue dich aber mit wahrer Herzensfreude in dem Herrn; denn dieser Freude ist keine andre gleich! Freue dich in der Gegenwart Gottes, und entschließe dich, das Wort Gottes dein Leben ordnen zu lassen, damit du dich nicht selber verderbst und am Ende ein elendes, schwächliches Alter und ein strafendes Gewissen davonbringst! Das Wort Gottes zeigt dir nicht nur den Weg zur Seligkeit, sondern es unterweist dich auch, wie du einen gesunden Leib halten könnest, und lehrt dich, alle Zeit und Kraft für die Ewigkeit zu gebrauchen. Es zeigt dir, wie du ein gutes Gewissen bewahren und Glauben halten kannst. Auch lehrt es dich, alles Irdische so zu gebrauchen, daß du nicht nur an deiner Seele keinen Schaden nimmst, sondern dir alles zum Nutzen für die Ewigkeit gereichen muß.

Freue dich aber nicht über das, was Gottes Wort und Willen, ja deinem zeitlichen und ewigen Wohlergehen zuwider ist, wodurch der verkehrte Mensch in seinem Irrtum sich selber verderbt und damit des Schöpfers Werk ruiniert! Wer sich in solchen Dingen mit Ruhe freuen kann, den muß der Geist Gottes nicht mehr strafen können. Bei einem solchen Menschen schwebt er nicht mehr über dem Chaos (dem ungeordneten, verwirrten, wüsten Zustand) seines Naturlebens. Wie will der arme Mensch dann zu einem Wiedergeburtsleben kommen?

Lieber Jüngling, der du noch ein Gewissen hast, freue dich deines Wahrheitsgefühls, und folge deinen Überzeugungen dem Worte Gottes gemäß! Es ist eine Anlage zur Wiedergeburt in dir. Laß diese nicht durch unsinnige Torheitsfreuden der tölpischen Natur, die ohne Licht ist, unterdrückt werden! Wenn du an deine Bestimmung denkst, magst du dich erst mit Recht deines Daseins und deiner Jugendkräfte freuen. Übergib diese dem Herrn Jesus, deinem Wiedergebärer, und wirke mit ihm! Gib ihm deine Seele her zu einem lebendigen Throne, so regiert er in derselben durch den Umlauf des Lebens mit seinen neugebärenden Lebenskräften und Geistesgesetzen königlich, und zwar Seele, Sinne und alle Leibesglieder! In dieser göttlichen Belebung und Regierung findest du Friede und Freude. Diese Freude ist untadelhaft, beständig und vollkommen. Gott will dich nicht in der Sklaverei der Sünde lassen, sondern will sich schon in deiner Jugend mit dir vereinigen; darüber freue dich! Befleiße dich, daß dein Herz eine Schatzkammer guter Dinge werde! Da ist es in erster Linie Gott selbst und seine Herrlichkeit, worin die sieben Geister Gottes wirken; sodann ist ein solches gutes Ding das Salz, das Licht der Herrlichkeit, die Wiedergeburtskraft. Diese edlen, guten Dinge habe bei dir in dem zentralen Lebensbrunnen deines Herzens, so wird dir der weite Raum deiner Ewigkeit, die Gott dir ins Herz gab, erfüllt werden mit dem, was allgenugsam ist. Das Leben des Ursprungs deiner Kreatürlichkeit, das Paradies mit dem Lebensbaum, wird sich in dir eröffnen, und du wirst fühlen, wie die Kraft desselben dich durchdringt, was deinen Leib und deine Seele erquicken wird. Endlich sei dein Herz eine Schatzkammer voller Gotteswahrheiten und wesentlicher Ausflüsse des Lichts und des Lebens, damit du in demselben Gott wirkend und ruhend empfinden mögest und dein Geist in solches Element der Ruhe Gottes eingehe! Auf diese Weise wirst du wahrhaft wohlgemut, und dein Herz erfüllt sich mit Freude. Diese hochedlen Dinge machen dich zu einer seligen Kreatur und bringen dich zum Ziele deiner Bestimmung. Sind sie in deinem Herzen, so wirst du verlangen, ein Abglanz Jesu, deines Oberhauptes, zu sein; du wirst alle Gottesfülle anziehen, alle Vollkommenheiten Jesu ausstrahlen und voller Wahrheitslust Gott verherrlichen wollen.

Weil du vor das Gericht Gottes gestellt werden wirst, Jüngling (Pred. 11. 9), so darf es dir dann nicht bange sein; denn deine Werke sind in Gottes Trieb und Kraft getan; sie sind feuerbeständig und probehaltend – du wirst nicht gerichtet. Zur Verherrlichung wird dich Gott um dies alles vor Gericht stellen, daß sein Ruhm erhöht werde.

Laß also die Traurigkeit aus deinem Herzen weichen, und mache dir keine herzquälenden Gedanken darüber, als ob es um das wahre Christentum eine so verdrießliche Sache wäre, wobei man gar keine Freude hätte! In solche Vorstellungen mischt sich der Teufel, der dich gerne in der Hölle haben möchte. Ich verstehe deine Traurigkeit wohl. Der Geist Gottes schwebt noch über dem Chaos deiner unentwickelten Lebensgeburten, und es ist finster auf deiner Herzenstiefe. Du wirst unruhig, wenn du die finstern Geburten durch dein Naturleben, als durch die kleine Welt, offenbaren willst. Gott hält dich am strengen Lebensbande und will dich zu einem Offenbarungstempel seiner Gottheit und Herrlichkeit machen. Daneben ist aber ein Hang zur Finsternis und Sünde in dir, was Streit und Unruhe verursacht. Die Stimme der Torheit sagt dir, daß es um den Dienst Gottes ein verdrießliches Ding ohne Freude sei. Da deine Überzeugung aber eine gegenteilige ist, so wirst du traurig. Hinweg mit dieser herzquälenden, lebensfressenden Welttraurigkeit! Sie wirkt nur Tod und Verderben. Tue die Sünde von deinem Leibe, und geh von allem Bösen aus! Bitte Gott, der dich unruhig macht, um Beistand und Hilfe, so wird er dir helfen und dich erlösen. Gewiß wird alle Traurigkeit aus deinem Herzen verschwinden, und die wahre Herzensfreude wird einkehren. Jüngling, laß es nicht anstehen, bis die Sünde dich betrogen hat! Wenn sie sich einmal im Herzen festgesetzt hat, ist schwer von ihr loszukommen. Du bist nur eine kurze Zeit jung; das Alter ist bald da, und dann stellt sich mancherlei Ungemach ein, das dir das Leben verdrießlich macht, und immer schwerer wirst du zu einer Bekehrung kommen. Es läßt sich diese nicht aufschieben; denn Kindheit und Jugend sind eitel und bald vorbei. Sind sie aber einmal vorbei, so kannst du sie nicht wieder rufen. Bedenke, wie es dich kränken würde, wenn du erst im Alter zur Bekehrung kämest und dann einsehen müßtest, zu was für einem herrlichen Ziele du hättest kommen können, das zu erreichen dir jetzt bei den Schwachheiten des Alters schwer fallen möchte! Gedenke also an deinen Schöpfer in den Tagen deiner Jugend, ehe denn die bösen Tage kommen und die Jahre herzutreten, von denen du sagen wirst: Sie gefallen mir nicht!

(Johann Michael Hahn)

Schriftstellen:

So legt nun von euch ab nach dem vorigen Wandel den alten Menschen, der durch Lüste im Irrtum sich verderbt. (Epheser 4, 22)

So freue dich, Jüngling, in deiner Jugend und laß dein Herz guter Dinge sein in deiner Jugend. Tue, was dein Herz gelüstet und deinen Augen gefällt, und wisse, daß dich Gott um dies alles wird vor Gericht führen. (Prediger 11, 9)

Eingestellt am 17. Oktober 2021 – Letzte Überarbeitung am 28. Februar 2022