Emanuel (von) Swedenborg (eigentlich Swedberg; * 29. Januar 1688 in Stockholm; † 29. März 1772 in London) war ein schwedischer Wissenschaftler, Mystiker, Spiritist und Theosoph. Seine zahlreichen Schriften verfasste er ausschließlich in lateinischer Sprache.
Emanuel Swedenborg wurde als Sohn des Theologen, Hofpredigers und späteren Bischofs von Västergötland, Prof. Jesper Swedberg geboren und studierte an der Universität Uppsala Philologie und Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften, daneben auch Theologie. Er bereiste 1710–1714 England, Holland, Frankreich und Deutschland. In London und Oxford kam er mit den berühmten zeitgenössischen Gelehrten, wie Newton, Halley und Flamsteed in Berührung. 1716 wurde er Assessor des Bergwerkskollegiums zu Stockholm. In dieser Stellung fiel er durch mehrere mechanische Erfindungen auf. Zur Belagerung von Frederikshall ließ er 1718 sieben Schiffe auf Rollen fünf Stunden lang über Berg und Tal transportieren. Dies sowie seine Schriften über die Algebra, den Wert von Münzen, den Planetenlauf, Ebbe und Flut und weitere Themen hatten zur Folge, dass Königin Ulrike ihn 1719 unter dem Namen Swedenborg adelte.
1729 erhielt Emanuel Swedenborg die Mitgliedschaft an der Königlichen Akademie der Wissenschaft in Stockholm, und auch die Akademie der Wissenschaften in Petersburg bot ihm am 17. 12.1734 die korrespondierende Mitgliedschaft an.
1744/45 beginnt Swedenborgs „zweites Leben“: Er erhält in Form von Gesichten Zugang zur Jenseitswelt. Karl Hutten bezeichnet in seinem Buch „Seher, Grübler, Enthusiasten“ diese Zeit als „einen Bruch, der in der Geistesgeschichte ohne Beispiel ist“ [8].
Zu Ostern 1744, am 6. April, hat Swedenborg in Delft eine Christusvision.Er beschreibt diese Erscheinung folgendermaßen [9]:
„Während der Nacht erschien mir ein Mann. Der Mann sagte, er sei Gott, der Herr, der Welt Schöpfer und Erlöser, und daß Er mich erwählt habe, den Menschen den geistigen Sinn der heiligen Schrift auszulegen und daß Er mir selbst diktieren werde, was ich schreiben solle über diesen Gegenstand. In der nämlichen Nacht wurde zu meiner Überzeugung die Geisterwelt, die Hölle und der Himmel mir geöffnet, wo ich mehrere Personen meiner Bekanntschaft aus allen Ständen fand. Von diesem Tage an entsagte ich aller weltlichen Gelehrsamkeit und arbeitete nur in geistigen Dingen, gemäß dem, was der Herr mir zu schreiben befahl. Täglich öffnete mir der Herr in der Folge die Augen meines Geistes, um bei völligem Wachen zu sehen, was in der anderen Welt vorging und ganz wach mit Engeln und Geistern zu reden.“
„Die Vision dauerte ungefähr eine Viertelstunde. In dieser Nacht wurden die Augen meines inneren Menschen geöffnet; sie erhielten die Fähigkeit, in die Himmel, in die Geisterwelt und in die Höllen zu sehen. Von diesem Tag an gab ich das Studium der weltlichen Wissenschaften auf, um mich ganz den übersinnlichen Dingen zu widmen, gemäß dem, was mir der Herr zu schreiben befahl.“
Weiterhin erfährt er im April 1745 in London eine „Berufungsvision“ und verbringt die letzten 27 Lebensjahre mit der Niederschrift seiner Visionen und Gespräche mit Geistern und Engeln, denen er in den überweltlichen Sphären begegnet. So entstanden seine spiritistischen Werke wie „Himmlische Geheimnisse“ (1749 – 1756), „Himmel und Hölle“ (1758) und „Die wahre christliche Religion“ (1771).
Aus dem Gelehrten Swedenborg war der Seher Swedenborg geworden. Er hatte auch (von Gott in seinem Wort eindeutig und streng verbotenen) Umgang mit Totengeistern; sogar Martin Luther erscheint ihm, gibt seine Rechtfertigungslehre auf und akzeptiert Swedenborgs alternative Lehren (!).
Swedenborg glaubte seine Mission zu erfüllen, indem er das Wort Gottes in der (nach seinem Sinn, oder vielmehr dem seiner andersweltlichen Mentoren!) wahren Bedeutung auslegte, ein vollständiges System einer neuen Religionslehre aufstellte und die Natur des Geisterreiches und dessen Zusammenhang mit der Menschenwelt in Visionen enthüllte, von denen mehrere die Aufmerksamkeit Immanuel Kants erregten und diesen veranlaßten, sich in der Schrift Träume eines Geistersehers (1766) [3] mit Swedenborg als einem „Kandidaten des Hospitals“ und „Erzphantast unter allen Phantasten“, der ihn mit seinen Berichten aus der Welt jenseits des Todes in ein „Schlaraffenland der Metaphysik“ verschleppen wolle, kritisch auseinanderzusetzen. Swedenborgs Werk Arcana caelestia bezeichnete Kant als „acht Quartbände voll Unsinn“ [1, 3]. Alfons Rosenberg nannte ihn dafür „Fürst der Jenseitskundigen“.
Swedenborg selbst hatte das bestimmte Bewußtsein, daß seine Erkenntnisse nicht aus eigener schöpferischer Tätigkeit, sondern von einem realen und lebendigen geistlichen Gegenüber stammten. Er berichtet über sein erstes Werk nach der „Berufung“ und seine Eigenschaft als Schreibmedium [8]:
„Ja, ich habe sogar ganze Seiten geschrieben, und die Geister diktierten dabei nicht etwa nur die Worte, sondern führten selbst vollständig die Hand und schrieben so selber; sie schrieben, wie ich erfahren habe, sogar das, was ich selbst gar nicht dachte, sondern was die Geister in ihrem Sinne für sich noch über das hinaus dachten, was sie diktierten.“
Auf diese Weise kam ein gewaltiger Umfang von Schriften zustande. Swedenborgs religiöse Werke nahmen schließlich rund 20.000 Seiten ein. Sie waren alle in lateinischer Sprache verfaßt und der Druck von ihm selbst finanziert [8].
Leider fand seine Tätigkeit bei einigen zeitgenössischen Geistlichen Widerhall. Beispielsweise distanzierte sich der bekannte württembergische Prälat und Pietist Friedrich Christoph Oetinger (1702 – 1782) nie von Swedenborg und wurde sein erster Übersetzer ins Deutsche. Allerdings ließ das Stuttgarter Konsistorium (Oetingers Kirchenleitung) im März 1766 sämtliche Exemplare seines Werks Swedenborgs und anderer Irrdische und himmlische Philosophie [4] aus dem Jahr 1765 beschlagnahmen. Oetinger verteidigte darin Swedenborgs Anschauung vom Reich der Geister, distanzierte sich aber in den Folgejahren von dessen allegorischer, zu wenig ‚leiblicher‘ Deutung der Apokalypse des Johannes.
Besonderes Aufsehen und den Widerwillen der schwedischen Reichskirche rief die schriftwidrige, mit „geistiger Schau“ begründete Lehre Swedenborgs hervor, daß im Himmel nicht nur Christen, sondern auch Nichtchristen und Heiden anzutreffen seien, da Gott nicht auf die Glaubensüberzeugungen sehe, sondern darauf, ob der jeweilige Mensch „im Guten der himmlischen Liebe“ sei.
Die mächtige Staatskirche Schwedens erreichte zwar zur Eindämmung seiner Lehrtätigkeit 1769 ein Einfuhr- und Verbreitungsverbot seiner Schriften – er hatte sie aber schon vorher nur im Ausland drucken lassen –, doch die Konflikte führten nie zum Kirchenausschluß oder zu Maßnahmen gegen Swedenborg selbst [2]. Allerdings nahmen Bischof Erik Lamberg und Dekan Olof Ekebom den Kampf gegen Swedenborg und seine Anhänger Dr. Gabriel Beyer und Dr. Johann Rosen auf.
In der Folge wurde Swedenborg geistiger Vorbereiter nachfolgender Neuoffenbarungs-Religionen, und ein Wegbereiter des neuzeitlichen Okkultismus, des New Age und der Esoterik [2].
Aufgrund seiner hellseherischen und paranormalen „Begabungen“ deutete man Swedenborgs Erfahrungen auch häufig als psychopathologisch. Der italienische Psychiater und Kriminologe Cesare Lombrosco sprach von „Megalomanie [Größenwahn] mit religiösem halluzinatorischen Irresein“. Karl Jaspers, der Existenzphilosoph, bezeichnete sie als „Schizophrenie“, wobei der Direktor der Nervenklinik der Charité in Berlin die Diagnose noch zu einer „konfabulatorisch-phonemischer Paraphrenie“ konkretisierte [5].
Schriftstellen
So alsdann jemand zu euch wird sagen: Siehe, hier ist Christus! oder: da! so sollt ihr’s nicht glauben. Denn es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder tun, daß verführt werden in dem Irrtum (wo es möglich wäre) auch die Auserwählten. Siehe, ich habe es euch zuvor gesagt. (Matth. 24, 23-25)
„Habt acht, daß euch niemand verführt!“ (Matth. 24, 4)
Es soll unter dir niemand gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, keiner, der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier oder Bannsprecher oder Totenbeschwörer oder Wahrsager oder der die Toten befragt. Denn ein Gräuel für den HERRN ist jeder, der diese Dinge tut. (5. Mose 18, 10-12)
Und er ließ seinen Sohn durchs Feuer gehen, und er trieb Zauberei und Beschwörung und bestellte Totenbeschwörer und Wahrsager: Er tat viel Böses in den Augen des HERRN, um ihn zu reizen. (2. Könige 21, 6)
Das ganze Wort, das ich euch gebiete, das sollt ihr bewahren, um es zu tun; du sollst nichts zu ihm hinzufügen und nichts von ihm wegnehmen! Wenn in deiner Mitte ein Prophet oder Träumer aufstehen wird und dir ein Zeichen oder Wunder angibt, und das Zeichen oder Wunder trifft ein, von dem er zu dir geredet hat, und er spricht [nun]: „Laßt uns anderen Göttern nachfolgen – die du nicht gekannt hast -, und laßt uns ihnen dienen!“, so sollst du den Worten eines solchen Propheten oder eines solchen Träumers nicht gehorchen; denn der HERR, euer Gott, prüft euch, um zu erfahren, ob ihr den HERRN, euren Gott, wirklich von ganzem Herzen und von ganzer Seele liebt. (5. Mose 13, 1-3)
„Niemand bringe euch um den Kampfpreis … indem er auf Dinge eingeht, die er nicht gesehen hat, grundlos aufgebläht von dem Sinn seines Fleisches …“ (Kol. 2, 18).
Literaturhinweise und Quellenangaben
[1] Wikipedia (DE): Emanuel Swedenborg
[2] Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW Berlin): Emanuel Swedenborg, in: Materialdienst 6/2014, S. 229 [Download im pdf-Format]
[3] Kant, Immanuel: Träume eines Geistersehers (Volltext)
[4] Friederich Christoph Oetinger, Special-Superintendenten in Herrenberg, Würtemberger Lands: Swedenborgs und anderer Irrdische und Himmlische Philosophie: zur Prüfung des Besten ans Licht gestellt. 2, Der Jrrdischen und Himmlischen Philosophie Zweyter Theil, Worinnen 1. Swedenborgs, 2. Malebranche, 3. Newtons … Jrrdische Philosophie mit Ezechiels Himmlischer Philosophie verglichen wird. Franckfurt, Leipzig, 1773 [Digitalisat]
[5] Noack, Thomas: Zeugnisse über Emanuel Swedenborg [pdf]
[6] Noack, Thomas: Streiflichter – Exemplarische Einblicke in die Theologie Swedenborgs (Zürich 2011)
[7] Ruppert, Hans-Jürgen, Swedenborg und die „neue Religiosität“, in: Hempelmann, Reinhard/Dehn, Ulrich (Hrsg.), Dialog und Unterscheidung. Religionen und neue Religiosität im Gespräch (FS Reinhart Hummel), EZW-Texte 151, Berlin 2000, 108-116 [Download im pdf-Format]
[8] Hutten, Karl: Seher, Grübler, Enthusiasten: Das Buch der traditionellen Sekten und religiösen Sonderbewegungen. 13. Auflage. Quell-Verlag, Stuttgart 1984, S. 560ff.
[9] Emanuel Swedenborg: Leben und Lehre / Swedenborg und die übersinnliche Welt (Swedenborg-Verlag, Zürich)
Erstellt am 01.12.2019 * Letzte Änderung am 06.09.2022
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