Jesaja 44, 2.3

Fürchte dich nicht, mein Knecht Jakob, und du Frommer, den ich erwählet habe. Denn ich will Wasser gießen auf die Durstigen; und Ströme auf die Dürre; ich will meinen Geist auf deinen Samen gießen, und meinen Segen auf deine Nachkommen.

Betrachtung zum 15. Juni

Es gibt Zeiten, in welchen man sich fürchten könnte im Blick auf die Zustände eines Volkes. Für eine solche Zeit des Volkes Israel war auch obige Ermahnung des Herrn gegeben, mit der er zunächst die Gläubigen Israels tröstete. Er verweist sie mit diesem Trost gar nicht auf Menschenhülfe, durch welche die traurigen Zustände anders werden sollten, sondern einzig und allein auf eine göttliche That, die Ausgießung seines Geistes. So ist es immer gewesen: wenn das Volk religiös gesunken war, so that Gott eine That und schaffte Hülfe. Diese Hülfe bereitet er gewöhnlich in der Stille vor in den Herzen von Wenigen, ja oft nur in einem Menschen, mit dem er reden kann, dem der Jammer des Volkes zu Herzen geht.

So verheißt Jehovah auch in obigen Worten den Durstigen Wasser; auf sie will er seinen Geist ausgießen. Wir haben hierin einen Wink für unsere Zeit. Wo eine Anzahl Durstige sind, die für sich und andere fühlen, dass es so, wie es ist, nicht bleiben kann und die in ihrem Durst nach einer That des Herrn schreien und im Gebet anhalten, da antwortet Gott und schafft eine Geistesbewegung. Es gibt Gegenden die ganz todt waren. Einige Stille im Lande seufzten und beteten zum Herrn; das Erste war, daß Er ihnen einen lebendigen Zeugen sandte; das Wort schlug ein, und nun ist herrliches geistliches Leben in der ganzen Gegend. Das muß uns ermuntern zu glauben, zu beten und zu hoffen. Wir sehen in diesen Tagen Ströme des Verderbens sich in unser Volksleben ergießen. Diesen Strömen gegenüber verheißt der Herr Geistesströme, also nicht nur Tropfen. Wo sind die Durstigen, die vor Gott liegen und anhaltend bitten um sein Eingreifen? Unser Gott will Leute haben die in den Riß treten, wie Mose, wie Samuel, wie Elias einst in den Riß traten, damit Zeiten der Erquickung kommen.

Herr, unser Gott! Gib Deinem Volk den Geist der Gnade und des Gebetes und nimm Du Dich Deiner bedrängten Herde an. Amen.

Elias Schrenk
(1831-1913)

Quelle: Suchet in der Schrift. Tägliche Betrachtungen für das ganze Jahr mit Anhang, S. 167. Von E. Schrenk. 2. Auflage, 32. bis 36. Tausend. Kassel. Druck und Verlag von Ernst Röttger, 1892.

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