1) Die Seele ist dazu geboren.
Daß sie das Göttliche erfreu‘;
Sie war vom Schöpfer auserkoren,
Daß sie sein Bild und Gleichnis sei:
Wer kann die Ehre g’nugsam preisen.
Die Gott der Seele wollt‘ erweisen?
2) Kein Adel glich sich ihrem Adel,
Kein‘ Pracht kam ihrer Schönheit bei,;
man fand an ihr gar keinen Tadel;
Ihr Schmuck war viel und mancherlei;
Es konnt‘ ihr ewiglich nichts fehlen,
Denn Gott war selbst das Licht der Seelen.
3) Sie schöpfte stets aus ihrer Quelle,
Aus welcher sie entsprungen war;
Die Weisheit war ihr Spielgeselle,
Die Trefflichkeit war wunderbar:
Sie hatte Ehr‘ und Reichtum ‚funden.
Weil sich der Höchste ihr verbunden.
4) Ihr Leben war, stets Gott zu lieben,
Ihr Alles, daß sie Sein sollt‘ sein:
Wär‘ sie in seiner Liebe blieben,
So wär‘ sie frei von Qual und Pein:
Allein der Feind hat sie verderbet,
Die Sünde ist ihr angeerbet.
5) Sie ist nunmehr ganz irdisch worden,
Sie liebt die Eitelkeit der Welt,
Sie lebt nun in der Sünder Orden,
Der Arge hat sie ganz entstellt;
Sie kann sich nicht mehr aufwärts schwingen,
Sie suchet Ruh‘ in schnöden Dingen.
6) O Gott, der du ein Heil gegeben
Und hilfst der Seele wieder auf,
Erwecke sie zum neuen Leben,
Und förd’re zu dir ihren Lauf;
Laß mich die Weisheit wieder finden,
Und mich mit neuer Lieb‘ entzünden.
7) Ach nimm von mir die große Schande,
Daß ich so wenig dich geliebt,
Da sich dein Herz mit ew’gem Bande
Der Seele ganz zu eigen gibt;
Hör, wie ich dir’s so schmerzlich klage,
Hilf mir von der betrübten Plage!
8) O Liebe, hilf, dich lauter lieben,
O bringe mich in dir zur Ruh‘!
Ich kann’s nicht länger mehr aufschieben,
Ach neige dir mein Inn’res zu;
Ich will dir gern mein Herz hingeben;
Dich lieben ist der Seele Leben.
9) Ach Liebe, ach, ich kann’s nicht lassen,
Ich wiederhole mein Gebet:
Laß mich die reine Liebe fassen,
Sei recht demütig angefleht;
Denn kann ich dich recht lauter lieben,
Was ist, das mich dann mag betrüben?
12) Du bist mir doch zum Heil versehen,
Dein Vater hat dich mir geschenkt;
So laß es doch nur bald geschehen,
Daß sich mein Alles Dir zulenkt;
Denn alle Kraft wird nur verschwendet,
Die nicht in Dir wird angewendet.
13) So sei mein Himmel, meine Sonne,
Mein Reichtum, meine Herrlichkeit,
Mein Schatz und Lustspiel, meine Wonne,
Mein ewig‘ Leben in der Zeit!
Find’t dich mein Herz, o Lebensquelle,
So find‘ ich meine rechte Stelle.
Liedtext: Christian Friedrich Richter (1676-1711)
Melodie: Georg Neumark (1621-1681)
„Wer nur den lieben Gott läßt walten“ – „If thou but suffer God to guide thee“
Weblinks und Verweise:
Lieder von Jesus Christus und dem Werke der Erlösung, S. 62, in: Christliches Hausbüchlein, von Pfarrer Gottlob Baumann in Kemnat. Eine Sammlung meist alter, bewährter Gebete und Lieder, besonders über die Heilsordnung, 15. Auflage, Stuttgart 1910.
Allgemeines evangelisches Gebet- und Gesangbuch für den Kirchen- und Hausgebrauch, Hamburg 1846.
Notensatz, 4stimmig (NEUMARK, pdf, externer Link zu Hymnary.org)
Audiofiles (midi, externer Link zu Hymnary.org)