Gebet um Heiligung

O du heiliger Geist, ich erschrecke jedes Mal, wenn in meinen Ohren deine Stimme erschallt: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, und wieder: Ohne die Heiligung wird Niemand ben HErrn schauen. Wenn ich dieses erwäge und dagegen mein unheiliges Herz, meine unheiligen Gedanken, meine unheiligen Worte, meine unheiligen Werke vergleiche, so gerate ich in große Angst, und ich schäme mich meines vorigen unartigen und unheiligen Lebens, wo ich leider nach den Trieben meines Herzens und nach der Gewohnheit der Weltmenschen mit gesündigt und mit unheiligen Worten und Werken dich beleidigt habe. Ach, wenn Niemand dein Antlitz ohne die Heiligung schauen soll, o wie Wenige werden dann selig sein, o wie Viele werden verdammt werden! Hilf, HErr, die Heiligen haben abgenommen. O darum, du heiliger Gott, gib mir dieses Alles wohl zu erkennen, damit ich mich stets der wahren Heiligung inwendig und auswendig befleißigen möge! O Jesu, heilige mich durch deine Gerechtigkeit durch dein Verdienst und Blut, ach schenke mir von Natur Unheiligen deine Heiligkeit; auf daß ich darin als in meinem schönsten Schmucke vor deinem gütigen Vater erscheinen und bestehen könne. Heilige mein Leben durch dein heiliges Wort. Heilige mein Herz, damit es immer mit guten Gedanken sich beschäftigen möge. Heilige meinen Mund, damit er nichts Unanständiges, Unchristliches und Böses reden möge. Heilige meinen Willen, damit ich das allein wollen und vollbringen möge, was dir wohlgefällig ist. O heiliger Gott, ziehe mich von der Welt ab, vereinige mich mit dir, damit ich in mir durch deinen heiligen Geist das Zeugnis habe, daß ich ein Kind Gottes neu geboren sei und in der Gnade stehe. Lasse aber auch diese Heiligung wahrhaftig sein, damit ich nicht etwa nur heilig sei und der Heiligung in der Kirche bei dem heiligen Abendmahl, oder wenn ich sonst bei heiligen Handlungen bin, mich befleiße, sondern damit ich auch heilig sein und mich der Heiligung an allen Orten, zu allen Zeiten, bei allen Gelegenheiten bestreben möge, und wenn ich gar unter Weltkindern und in ihrer Gesellschaft leben muß, daß ich alsdann als ein Kind Gottes reden, leben und tun und in solchem seligen Stande bis in den Tod bleiben möge, wo du mich zu der Schar der Heiligen und Auserwählten in dem ewigen Freudenlicht bringen wirst.

Du bist heilig, läßt dich finden
Wo man rein und heilig ist,
Fliehst hingegen Schand und Sünden,
Heiligster HErr Jesu Christ,
Mache mich, o Gnadenquell
Durch dein Waschen rein und hell,
Laß mich fliehen, was du fliehest,
Gib mir, was du gerne siehest.

Amen.

(Johann Friedrich Stark)

Quelle: Johann Friedrich Stark’s, weil. evang. Predigers und Konsistorialraths zu Frankfurt a. M., Tägliches Handbuch in guten und bösen Tagen, enthaltend Aufmunterungen, Gebete und Gesänge für Gesunde, Betrübte, Kranke und Sterbende; ferner Sprüche, Seufzer und Gebete, den Sterbenden vorzusprechen, mehrere Festandachten, Buß=, Beicht=, Communion= und Wetter=Gebete, Trost- und Erquickungs=Gebete und Gesänge, wie auch Kriegs=, Theurungs=, Pest= und Friedens=Gebete, nebst einem Gebetbüchlein für Schwangere, Gebärende, Wöchnerinnen und für Unfruchtbare. Neue wohlfeile Ausgabe in großem Druck. 31. Stereotypdruck. Mit dem Bildniß des sel. Verfassers und vier weiteren Bildern. Stuttgart. Druck und Verlag von J. F. Steinkopf, ca. 1870. [Digitalisat]

Eingestellt am 26. Januar 2022