Offenbarung 14, 3

Und sie sangen ein neues Lied vor dem Stuhl und vor den vier Tieren und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen denn die hundertvierundvierzigtausend, die erkauft sind von der Erde. (Offb. 14, 3)

Wenn in einem Lied alte und bekannte Wahrheiten mit neuen Worten vorgetragen werden, so ist es in gewissem Maße auch ein neues Lied: wenn aber in der Bibel eines neuen Lieds Meldung geschieht, so wird von einem Lied geredet, bei welchem auch die Materie oder der Inhalt neu ist. Ein solches Lied bezieht sich etwa auf die Erfahrung einer neuen und besonderen Hilfe, Ps. 40, 4, oder auf die Offenbarung einer vorher unbekannten oder doch dunkel gewesenen Wahrheit, dergleichen zu Davids Zeit die Ausbreitung des Reichs Christi unter den Heiden war, Ps. 96, 1; 98, 1, oder auf ein neues Werk Gottes, welches vor den Augen der Anbeter Gottes geschieht, dergleichen eines die Uebergabe des Buchs mit sieben Siegeln an das Lamm Gottes war, Offenb. 5, 9. Johannes sah Offenb. 14 das Lamm Gottes, wie es auf den himmlischen Berg Zion, wo Sein königlicher Sitz ist, stand, und mit Ihm Hundertvierundvierzigtausend, die Seinen Namen und den Namen Seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben hatten, und dadurch herrlich geschmückt, und als Sein und Seines Vaters besonderes Eigentum ausgezeichnet waren.

Diese sind es, deren gemeinschaftliche Stimme Johannes hörte, und diese ihre Stimme war wie der Harfenisten, die auf ihren Harfen spielen, und sie sangen ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier Tieren und vor den Aeltesten. Dieses neue Lied bezog sich ohne Zweifel auf eine neue Entdeckung der Wege und Gerichte Gottes, welche dieser auserwählten Schar widerfahren war. Andere Inwohner des Himmels hörten dieses Lied, wie Johannes selbst, und vernahmen es, konnten es aber nicht lernen, folglich nicht mitsingen: die Hundertvierundvierzigtausend aber waren tüchtig, es zu singen, weil sie bei Leibesleben die Keuschheit und Aufrichtigkeit vor Andern bewahrt hatten, V. 4.

Ungeachtet es nun eine unbefugte Vermessenheit wäre, wenn wir den Inhalt dieses Lieds erraten wollten, so dürfen wir doch ohne Zweifel dafür halten, daß es sich, wie Alles, was Offenb. 14 steht, auf die Weissagungen bezogen habe, zwischen denen dieses Gesicht mitten inne steht. Die Anbetung des Tieres, welches Kap. 13. beschrieben ist, wird durch einen falschen Propheten und falsche Wunder befördert: die wahrhaftigen Anbeter aber beten den wahren Gott im Geist und in der Wahrheit an. Babel prangt als eine unreine und mächtige Hure, Christus aber hat eine keusche Braut, mit welcher Er Sich heilig verlobt und vermählt.

Die Abtrünnigen werden in dieser und in jener Welt vom Zorn Gottes ergriffen, da hingegen treuen Seelen ein gutes Los in jener Welt bevorsteht. Von diesem Allem, und von andern damit verbundenen Geheimnissen hat das Lamm Gottes den Hundertvierundvierzigtausend, die Ihm auch im Himmel nachgehen, wo es hingeht, und die Er aus den Menschen als Sein und Seines Vaters Erstlinge erkauft hat, mit einer heiligen und gnädigen Vertraulichkeit so Vieles entdeckt, daß sie davon ein neues Lied, das sonst Niemand lernen konnte, singen können. Wie herrlich geht es im Himmel zu! Welch eine weise Ordnung ist da! Wie genau richtet sich der Zustand eines Jeden im Himmel nach seinem Verhalten auf Erden.

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter

Übersicht Offenbarung 14

Eingestellt am 25. Juni 2022