2. Thessalonicher 2, 12

…auf daß gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glauben, sondern haben Lust an der Ungerechtigkeit. (2. Thess. 2, 12)

Dieses ist eine schreckliche Drohung, welcher der gegenwärtigen Zeit gilt, denn es läßt sich alles dazu an, daß der Christenheit ein Abfall von der christlichen Religion geschehe, und alsdann offenbart werde der Mensch der Sünden und das Kind des Verderbens, das man den Antichrist zu nennen pflegt, Vers 3. Es gibt viele Menschen in der Christenheit, welche die Liebe der Wahrheit nicht annehmen, und der Wahrheit nicht glauben, welche sie zur Gerechtigkeit führen sollte, sondern an der Ungerechtigkeit Lust haben, folglich sich selbst eine Religion erdenken, bei welcher sie ungerechte Leute bleiben können. Die heilige Schrift wird verunehrt, und als ein altes Buch behandelt, worin Weisheit und Torheit untereinander gemengt sei, und ein Jeder also nach dem Urteil seiner Vernunft, welche hiemit auf’s höchste erhoben wird, die Weisheit herauslesen müsse.

Die ewige Gottheit Christi, die versöhnende Kraft Seines Todes, die Wirkungen des Heiligen Geistes, und andere wichtige und nötige Dinge werden geleugnet, und fast die ganze Religion in eine seichte Moral verwandelt, welche die Natur ohne den Geist Gottes fromm machen soll. Kurz zu sagen, vieler Christen Religion enthält nichts, als was auch die klugen Heiden erkannt haben, außer daß man anstatt der vielen Götter, welche diese im Mund geführt haben, einen einzigen Gott nennt, wobei es aber zu besorgen ist, daß bei Vielen der Name Gott eine geringe Bedeutung habe. Wenn man nun solche Leute, deren Anzahl sehr groß ist, und sich durch das heranwachsende junge Volk noch weiter vermehrt, widerlegen oder zurechtweisen will, so haftet es insgemein nicht.

Warum aber? Darum, weil solche Leute die Wahrheit nicht lieben, und als eine ihnen verhaßte Sache nicht glauben, sondern an der Ungerechtigkeit Lust haben. Sie haben, wie David Psalm 4, 3 sagt, das Eitle lieb, und die Lügen gern. Die Vorneigung zu den Lügen und zu der Ungerechtigkeit verursacht, daß ihnen die Lügen wahrscheinlich zu sein dünken, und eine lockere seichte Lehre, welche der Ungerechtigkeit Raum läßt, köstlich zu sein scheint, die Wahrheit aber, welche eine gänzliche Sinnesänderung oder Bekehrung erfordert, ihnen verhaßt ist, und sie also die schlechtesten Einwendungen wider dieselbe gern ergreifen. Weil nun die Menschen sich so wider die von Gott geoffenbarte und von Christo, dem Sohn Gottes, selbst gepredigte Wahrheit versündigen, so wird ihnen Gott kräftige, mit teuflischen Kräften begleitete und mit falschen Wundern bestätigte Irrtümer senden (Vers 11), daß alsdann ihre Religion nicht mehr, wie vorher, nur im Verneinen und Leugnen, in einer seichten Moral, sondern in wirklichen verderblichen Irrtümern bestehen wird, und sie den Lügen glauben, welche der Drache und das Tier und der falsche Prophet ausbreiten werden. Die Zulassung Gottes hiebei wird ein Strafgericht Gottes sein; das Ende aber dieser Leute das Verderben.

Ach Gott, bewahre mich und die Meinigen vor diesem Gericht, und erhalte uns in der Liebe zur Wahrheit und im Glauben der Wahrheit bis an unser Ende!

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle: GlaubensstimmeBibelText: Luther 1912, bibeltext.com

Übersicht 2. Thessalonicherbrief

Eingestellt am 5. Januar 2022 – Letzte Überarbeitung am 30. Januar 2024