Die Gibeoniter sprachen zu ihm: Es ist uns nicht um Gold noch Silber zu tun an Saul und seinem Hause und steht uns nicht zu, jemand zu töten in Israel. Er sprach: Was sprecht ihr denn, daß ich euch tun soll? Sie sprachen zum König: Den Mann, der uns verderbt und zunichte gemacht hat, sollen wir vertilgen, daß ihm nichts bleibe in allen Grenzen Israels. Gebt uns sieben Männer aus seinem Hause, daß wir sie aufhängen dem HERRN zu Gibea Sauls, des Erwählten des HERRN. Der König sprach: Ich will sie geben.
(2. Sam. 21, 6)
Daß endlich Gott durch diese in seinen Augen gewiß nicht wohlgefällige Tat sich doch versöhnen ließ, ist nur daraus zu begreifen, daß eben Gott bei wirklich redlichem Wollen mit der Schwachheit der Menschen Geduld hatte und sich damit genügen ließ, daß die unverbrüchliche Heiligkeit des Eides auch einem heidnischen Volke gegenüber wieder sicher gestellt war. Wer diese großartige Geduld und Herablassung Gottes, der eben nur das Herz ansieht, nicht fassen kann, dem muß vieles, was von Gott im Alten Testament erzählt ist, aber auch viele, was Gott sonst in der Welt tut, ein Anstoß bleiben.
Quelle: Handbuch der Bibelerklärung, Erster Band. Das Alte Testament, S. 387ff. Mit zwei Karten. Fünfte, umgearbeitete Auflage. Calw und Stuttgart, Verlag der Vereinsbuchhandlung, 1878 [Digitalisat]
Die Gibeoniter standen unter dem Schutz eines besonderen Bundes, den einst Josua mit ihnen gemacht hatte. Freilich war dieser Bund infolge einer List ihrerseits zustande gekommen; aber da einmal die Führer des Volkes Israel feierlich darauf eingegangen waren, so mußte er gehalten werden. Der Betrug der Gibeoniter konnte Israel nicht freisprechen von dem Eide, wodurch jene sicher gestellt waren. Jahrhunderte lang waren die Pflichten dieses Bundes beobachtet worden, bis Saul die Gibeoniter überfiel und sie tötete. Das war eine schwere Sünde, die nach den damaligen Anschauungen eine blutige Sühne verlangte; und David beschloß, Blut durch Blut zu rächen.
(Frederick Brotherton Meyer)