Denselben [Jesus von Nazareth, V. 22] (nachdem er aus bedachtem Rat und Vorsehung Gottes übergeben war) habt ihr genommen durch die Hände der Ungerechten und ihn angeheftet und erwürgt. (Apostelgeschichte 2, 23)
Die Zuhörer, welchen Petrus am Pfingsttag predigte, waren Einwohner der Stadt Jerusalem, und übrigens nach ihrer Erkenntnis gottesfürchtige Männer. Weil nun die Einwohnerschaft der Stadt Jerusalem überhaupt vor andern Juden wider Jesum eiferte, und an Seinem Tod schuldig wurde, so hielt Petrus auch seinen Zuhörern vor, sie haben Jesum von Nazareth genommen durch die Hände der Ungerechten, und Ihn angeheftet und erwürgt. Wie hätte aber dieses geschehen können, wenn dieser Jesus nicht ergeben, oder herausgegeben worden wäre, und zwar nach einem bestimmten Willen Gottes, nach welchem Gott Seiner nicht verschonte, sondern Ihn für alle Menschen dahin gab, und nach der vorgängigen Allwissenheit Gottes, nach welcher Gott voraus wußte, daß um die Zeit des Leidens Christi Judas, Caiphas, Pilatus und Andere dieses und jenes an Christo tun würden. Dieser bestimmte Wille oder bedachte Rat Gottes ward in den Weissagungen der Propheten vorher verkündigt, und diese vom Geist Gottes eingegebenen Weissagungen zeigten an, daß Gott Alles, was Christo geschehen würde, vorher gewußt habe. Es ging aber, wie Paulus Ap. Gesch. 13, 27. sagte: Die zu Jerusalem wohnen, und ihre Obersten, dieweil sie Jesum nicht kannten, noch die Stimme der Propheten, welche auf alle Sabbathe gelesen werden, haben sie dieselben mit ihren Urteilen erfüllet.
So geht’s bei allen Begebenheiten. Gott sieht alle vorher, auch ist bei Allem ein bestimmter Rat oder Wille Gottes, daß nämlich diese oder jene Veränderung in der Welt entstehen, und wenigstens gute oder böse Menschen dieses oder jenes leiden sollen. Dabei können aber auch böse Menschen tun, was sie wollen; und dieses ist eine unergründliche Tiefe der Weisheit und der Erkenntnis Gottes, daß Er dem bösen Willen der Menschen Raum läßt, und zugleich Seinen heiligen Willen ausführt, oder daß Sein heiliger Rat und ein böser menschlicher oder auch satanischer Rat bei Einer Sache zusammen kommen, und sich doch nicht mit einander vermengen. Gottes Rat bleibt unbefleckt, der menschliche oder satanische Wille aber wird durch den Rat Gottes und durch alle guten Folgen, die daraus entstehen, nicht gerechtfertigt. Gott bleibt heilig und gerecht, die Menschen aber, die ohne ihr Wissen die Weissagungen erfüllen, bleiben Sünder, wenn der Rat ihrer Herzen böse ist.
Ich will hiebei von dem HErrn Jesu einen unvergleichlichen Vorteil lernen. Bei allen Begebenheiten, die eine traurige, schmerzhafte, ja sündhafte Seite haben, will ich zu meiner Beruhigung viel mehr auf Gottes Willen als auf der Menschen Willen sehen. Jesus betete am Oelberg zu Seinem Vater: Nicht Mein Wille, sondern Dein Wille geschehe, und hernach sagte Er: Es muß also gehen, wie würde sonst die Schrift erfüllet? – Er sah also Sein Leiden so an, wie es von Seinem Vater beschlossen und durch Seinen Geist vorher verkündigt worden war. Bei dieser Betrachtung war es lauter Gehorsam. Auch ich soll also bei Allem, das mir begegnet, bedenken, daß alle Haare meines Hauptes von Gott gezählt seien, und daß, wie kein Sperling auf die Erde fällt ohne Gottes Willen, also auch mir nichts ohne Gottes Willen begegne. Diese Erkenntnis macht getrost und beruhigt die Seele.
Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter
Bibelverse zum Thema: Vorsehung Gottes
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