Da sprach der Hohepriester: Ist dem also? (Apostelgeschichte 7, 1)
Stephanus‘ Rede.
Die Anklage gegen Stephanus wegen der Reden wider Mose, Gesetz und Tempel war nicht ganz erdichtet, sondern nur Verdrehung der Wahrheit, wie bei Jesu selbst. Er wird gesagt haben, allein der Glaube an Jesum Christum mache selig und nicht das Gesetz; das Evangelium aber bedinge auch neue Sitten (z. B. in Fasten, Reinigungsgeboten, Umgang mit Heiden). – Er konnte mit Jesu Worten sagen, daß vom Tempel kein Stein auf dem andern bleiben werde. All das nicht in aufdringlicher, fanatischer Weise, sondern als einfältiges Bekenntnis auf listige Fragen. Als ihn nun der Hohepriester fragte: Ist dem also? Hast du diese Lästerworte geredet? – wollte er zu seiner Verteidigung nicht bloß den einen oder andern Spruch für sich anführen, sondern etwas Ganzes von Gottes wechselnden Offenbarungen und von der Widerspenstigkeit des Volkes zusammenstellen. Er verbreitete sich über die ganze Geschichte Israels, indem er Gottes Herrlichkeit (V. 2), Moses göttlichen Beruf (V. 34), das Ansehen des Gesetzes (V. 38. 44) und des Tempels Heiligkeit bezeugte und den Gedanken ausführte: Nicht ich bin Verächter Gottes und seiner Offenbarungen, sondern ihr und eure Väter von Anbeginn an. – Er hat zu eurem Besten sich der Patriarchen angenommen, durch Mose Gesetz und Stiftshütte gegeben, von Salomo an seinen Tempel unter euch gehabt. Ihr aber habt den Messias schon in allen seinen Vorbildern (Joseph, Mose, Gesetz, Stiftshütte, Kanaan, Propheten) verworfen.
Quelle:
Handbuch der Bibelerklärung. Herausgegeben vom Calwer Verlagsverein. Zweiter Band: Das Neue Testament. Mit zwei Karten. Fünfte umgearbeitete Auflage. Calw und Stuttgart. Verlag der Vereinsbuchhandlung, 1878.
[S. 223f.; Digitalisat]
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