Der schmale Weg führt doch gerad ins Leben (Lehr)

„Die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führet; und wenige sind ihrer, die ihn finden.“ (Matthäus 7, 14)

Mel.:Der schmale Weg ist breit etc.

1) Der schmale Weg führt doch gerad ins Leben;
Ob gleich den Fuß manch scharfer Dorn verletzt,
Und mancher Guß die blöden Augen netzt:
Muß man sich gleich viel Mühe geben;
So führt er doch gerad ins frohe Leben.

2) Es läßt sich nicht auf beiden Wegen gehn:
Der breite führt dich jähling höllenwärts;
Der schmale hebt das losgeschnittne Herz
Zu Salems schönen Friedenshöhen.
Drum läßt sich’s nicht zugleich auf beiden gehen.

3) Der Fleischessinn muß erst gebrochen werden,
Und nach der Welt verlangen, hör’n und sehn,
Bei schwerem Kampf und vieler Angst vergehn.
Man muß von allem Tand der Erden
Durch GOttes Macht getrennt, gerissen werden.

4) Da fängt sich dann die reiche Saat der Tränen
Und das von GOtt geborne Ringen an:
Weil man das Kind nie ohne Tränen kann
Von seiner Mutterbrust entwöhnen;
So bringt uns dies zur reichen Saat der Tränen.

5) Ist aber dies nun in dir vorgegangen,
So bist du drum nicht aber alle Stein;
Nein, nein, du mußt in steter Arbeit sein,
Und anders nicht zur Ruh gelangen,
Als JESUS dir hier leidend vorgegangen.

6) Er legt dir schon dein täglich Kreuz zu rechte,
Dies trage ihm denn ganz gelassen nach
Und lerne nur bei allem Ungemach
Einfältig, wie getreue Knechte
Auf deinen JESUM sehn und seine Rechte.

7) Was zagest du? Mein Herz, welch Furcht und Schrecken
Befällt und greift bei diesem Wort dich an?
So daß ich dich kaum wieder stillen kann.
Auf, laß dich wiederum erwecken!
Du lässest dich hier ohne Ursach schrecken.

8) Du sollst ja nichts auf eigne Kräfte wagen;
Dein JESUS brach nicht nur zuerst die Bahn,
Er geht noch jetzt, als König, dir voran,
Und will dich führen, heben, tragen;
Du sollst ja nichts auf eigne Kräfte wagen.

9) O soll dies nicht das schwerste Kreuz versüßen,
Wann man sich nur in JESU Armen sieht?
Ja, wag es nur auf deines JESU Güt‘,
Du wirst dich endlich schämen müssen,
So wird er dir das schwerste Kreuz versüßen.

10) Wo aber führt es endlich hin? zum Leben,
Zum Friedensschloß, zur lang gewünschten Ruh!
Zum lieben Reich, des Vaters Armen, zu.
Den, der sich recht hinein begeben,
Führt dieser Weg gerad ins frohe Leben.

11) Das Ende krönt, das süße Ende bringet
In einem Blick mehr Seligkeiten ein,
Als tausend Jahr hier Kummer, Not und Pein.
Wenn nun der Dorn durchs Fleisch auch dringet,
So denke doch der Rosen, die es bringet.

12) Zeuch, süßes Lamm, zeuch mich, dir nachzulaufen,
Mein böses Fleisch sträubt sich vor deiner Bahn.
Es klammert sich auf allen Ecken an,
Und will nicht von dem großen Haufen,
So, wie mein Geist es wünschet, dir nachlaufen.

13) Doch brauche du die Stärke deiner Hände,
Und will ich nicht, so reiße mich dir nach:
Gewiß, mein Lamm, an dem Erlösungstag,
Der allem Elend macht ein Ende,
So küß ich dir dafür die treuen Hände.

Liedtext: Leopold Franz Friedrich Lehr (1709-1744)
Melodie: 1744, bei J. G. Stötzel (1711-1793) Der schmale Weg ist breit genug zum Leben

Quellenangaben:

Leben und Lieder Herrn Leopold Franz Friedrich Lehrs, Ehemaligen Diaconi der luther. Gemeine in Cöthen. Zur Verherrlichung des Namens GOttes und CHristi, wie auch zur gesegneten Erbauung seiner Glieder, herausgegeben von G.C. Giese. Zweyte Auflage. Leipzig und Görlitz, Verlegts Siegmund Ehrenfried Richter, 1747. [S. 102f; Digitalisat]

Lied Nr. 536, in: Das kleine Davidische Psalterspiel der Kinder Zions, Von alten und neuen auserlesenen Geistes=Gesängen. Allen wahren Heyls=begierigen Säuglingen der Weisheit, Insonderheit aber Denen Gemeinden des HErrn, zum Dienst und Gebrauch mit Fleiß zusammen getragen, und in gegenwärtig=beliebiger Form und Ordnung, nebst einem dreyfachen, darzu nützlichen und der Materien halben nöthigen Register. EPHRATA: In der neuen Buchdruckerey, bey Salomon Mayer, 1795.
Denomination: Church of the Brethren (jeweils externe Links zu Hymnary.org)


Eingestellt am 3. Januar 2024