Wie’s Brot wird (Samuel Preiswerk)

(auf Baslerdeutsch gedichtet)

Gelt, Kind, du ißsch e mänge Bisse
Vom liebe‘ Brot und thuesch nit wisse
Woher’s denn au entstanden isch?
I sag’s dir, wenn du Achtig bisch.

Z’erst mues e  Somekorn in d‘ Erde
Vo‘ Burelyte zettlet werde,
Und’s Korn, wie in der Wagle, lyt
Im tiefe Bode langi Zyt.

Bald isch’s em, ’s her sy Mueter riefe,
‚S soll doch e bizli use schliefe.
So bald es hert, stygt’s us em Feld
Ganz zart und grien und luegt in d‘ Welt.

Do isch’s in Wetter aller Sorte,
Im Tau und Rege badet worde,
Am wohlste het em d‘ Sunne tho,
Und’s het si herzli lieb biko.

In mengem Sturm und mengem Kummer
Isch’s g’wachse bis in‘ hohe Summer,
Und het sich an der Luft ergetzt,
Do het der Schnitter d‘ Sichle g’wetzt.

Und noche in de Wintertage
Hend’s Drescher us enander g’schlage,
Denn us em Korn wird Mehl und Brot
Nit anderst as dur‘ Schleg und Not.

Jetz‘ isch’s em immer ibler gange,
In finst’re Secke isch es g’fange,
Und in der Mihli wird’s no z’letscht
Zue luter Grisch und Mehl verquetscht.

Do sait’s: ’s macht nit, i bi nur freier,
Sit dem der hart‘ und stachlig‘ Spreier
Und’s grob und unverständig Grisch
Vom guete Mehl abg’sundret isch.

Jetz‘ kemme wider neie B’schwerde,
‚S mues knetet und mues bache werde,
Denn nur dur Fyr und Wassersnot
Wird us em Mehl e Stickli Brot.

Zwor thuet’s em vor em Ofe‘ gruse,
Doch denkt’s: me nimmt mi wider use,
Und isch’s mir vor em Ofe bang,
So blyb y Taig mi Lebe lang.

Giduldig isch’s im Ofe‘ g’lege
Und us der Hitz, dur‘ Gottes Sege,
Wird nasse Taig zue guetem Brot,
‚S waiß nieme, wie das kunnt und goht.

So isch’s mit vilen andre‘ Sache,
‚S maint ain, er kenn’s elainig mache,
Und’s grotet ainewege nit,
Wenn Gott ni’t Kraft und Sege‘ git!

Samuel Preiswerk (1799-1872)

Portrait Samuel Preiswerk ca. 1850: [1], Public domain, via Wikimedia Commons
Keimling: Sr. Maria-Magdalena auf Pixabay

Quelle:

Titelseite der Gedichtsammlung

Basilea poetica.

Altes und Neues aus unsrer Vaterstadt. Zweite neu bearbeitete, vermehrte Auflage.

Basel 1897.
Druck und Verlag von Adolf Geering.

[Seite 326ff. / Digitalisat]


Eingestellt am 27. August 2024