Matthäus 9, 29

Da rührte er ihre Augen an und sprach: Euch geschehe nach eurem Glauben. (Matthäus 9, 29)

Des HErrn Jesu Augen sahen in den Tagen Seines Fleisches nach dem Glauben. Er rühmte auch, wenn Er die Leute loben wollte, nichts als den Glauben. Als das cananäische Weib und der Vater des mondsüchtigen Knaben Ihn um Hülfe für ihre Kinder baten, so verlangte Er wenigstens, daß sie glauben sollten, daß Er helfen könne und wolle.  Da aber einst zweimal zwei Blinde auf dem Feld bei Capernaum Ihm nachgelaufen waren, und geschrieen hatten: ach Du Sohn Davids, erbarme Dich unser, und als sie hernach in dem Haus, das Er zu Capernaum bewohnte, vor Ihn traten, so fragte Er sie: glaubet ihr, daß Ich euch solches thun kann? Da sprachen sie zu Ihm: HErr, ja. Da rührete Er ihre Augen an und sprach: euch geschehe nach eurem Glauben, und ihre Augen wurden geöffnet.

Der Glaube dieser Blinden und Anderer reichte vermuthlich nicht so weit, daß Christus ihnen, wie kurz vorher dem Gichtbrüchtigen, der auch ohne eine deutliche Erkenntniß der Person Jesu, wie David, bußfertig und glaubig war, die Vergebung ihrer Sünden hätte ankündigen können: Er hatte aber doch ein Wohlgefallen daran, daß sie wenigstens glaubten, und Ihm zutraueten, Er könne ihnen die Augen öffnen. Auch jetzt können wir Ihn nicht besser ehren, als durch den Glauben, oder durch Zuversicht und Vertrauen. Wie sollen Ihm in allen leiblichen Nöthen zutrauen, daß er helfen könne, und so weit es nöthig und nützlich ist, helfen wolle, und zu diesem Glauben ist die Erkenntniß Seiner Allmacht und Güte nöthig.

Drückt uns aber die Sünde, sind wir wegen unserer Seligkeit besorgt, und verlangen wir sehnlich, gerechtfertigt und geheiligt zu werden, so müssen wir Ihn als den Heiland, Fürsprecher, oder als Denjenigen, der uns von Gott zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung gemacht ist, ansehen und glauben, daß Er als ein Solcher thun könne, was wir bitten, und geben, was wir suchen.  Ohne einen solchen Glauben wäre das Beten unnütz, und dem vergeblichen Bitten der thörichten Jungfrauen (Matth. 25, 11) gleich.  Die zwei Blinden wurden durch’s Gehör zum Glauben erweckt, da ihnen erzählt wurde, wie Jesus schon Vielen, die unheilbare Gebrechen an sich gehabt, durch eine Wunderkraft geholfen habe. Hieraus machten sie den billigen Schluß, daß Er ihnen Solches auch thun könne. Auch wir sollen auf die Gnadenwerke des HErrn Jesu aufmerksam sein, und beobachten, wie Er Sich schon an Andern als ein geistlicher und leiblicher Arzt und Nothhelfer bewiesen habe. Können wir uns hiebei eigener Erfahrungen erinnern, so ist’s desto besser. Ueberdieß haben wir ein wahres und klares Wort Gottes vor uns, welches uns von der Gnade Jesu Christi, von der Liebe Gottes, und von der Gemeinschaft des Heiligen Geistes, und von dem ewigen Heil, das aus dieser dreifachen Quelle fließt, viel mehr sagt, als wir selbst und Andere neben uns erfahren und genossen haben. Hier finden wir also eine beständige Reizung zu einem noch völligern Glauben, gleichwie uns auch von Zeit zu Zeit ein neues Gefühl unserer Dürftigkeit und Noth dazu treibet.

HErr, mehre unsern Glauben.

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter / Matthäus, Kapitel 9


Eingestellt am 20. Januar 2025