Darum spricht der HERR also: Siehe, ich will Semaja von Nehalam heimsuchen samt seinem Samen, daß der Seinen keiner soll unter diesem Volk bleiben, und soll das Gute nicht sehen, das ich meinem Volk tun will, spricht der HERR; denn er hat sie mit seiner Rede vom HERRN abgewendet. (Jeremia 29, 32)
Jeremias Gerichtswort gegen den falschen Propheten Semaja
Fanatiker eines Systems, ob dies politischer oder religiöser Natur ist, ertragen keine Anfechtung ihres Systems. Sie werden unsicher, finden sich in ihren Entschlüssen und Handlungen nicht zurecht, sobald es ihnen durch höhere Erkenntnis und Beleuchtung verschoben wird.
Daß Gott als der Herr der Geschichte und der Gerechtigkeit innerhalb von zwei Jahren die Geschichte der Gefangenen wenden werde, diese Erwartung, dieser einzig mögliche Verlauf der Geschichte war diesen religiösen Fanatikern zum System geworden. Darin hätte nichts Bedenkliches gelegen, wenn ihre Erwartung aus dem Reden Gottes erwachsen wäre. Sie war aber entstanden in der Seele von Fanatikern, die nie im Rate Gottes gestanden hatten.
Was immer auch vom Fleisch geboren wird, bleibt Fleisch, so sehr es auch dem Scheine nach göttlich sein mag und von angeblichen Propheten gezeugt wurde. Rettung kommt, aber nicht heute. Sie kommt, aber nicht durch Auflehnung gegen das Gericht. Sie kommt,
aber nicht durch eine geschürte Aufstandsbewegung nationaler und religiöser Fanatiker. Sie kommt, sobald Gottes Stunde geschlagen hat.
Wes Geistes Kind Semaja von Nehalam war, verriet der Inhalt seines Briefes. Fromm zwar in der Sprache, teuflisch jedoch in seinem Geiste! Gesetzliche Tradition setzte er gleich dem gegenwärtigen Handeln Gottes: „Jahve hat dich an Stelle des Priesters Jojada zum
Priester gemacht!” – Hineingeboren war Semaja zwar in den Priesterstand, ob aber von Gott zum Priester berufen, war mehr als fraglich. Gewiß mußte öffentliche Ordnung während der großen Volksversammlungen auf dem Tempelhof sein. Aber weder Jojada in
den Tagen Jojakims noch Semaja gegenwärtig unter dem Könige Zedekia waren berechtigt, mit ihrer Würde als Tempelaufseher die Vollmacht zu verbinden, Gottes Propheten in Stock und Eisen zu legen. Was wahre Propheten zu sagen oder nicht zu sagen haben, darüber bestimmt Gott, nicht aber irgendein Würdenträger des Tempels, auch wenn er priesterlichen Geschlechts und Hüter der öffentlichen Ordnung ist.
Gottes Propheten haben durch ihr Wort und durch ihren Einfluß nie Unruhen ins Volk getragen, durch die Aufstände, Empörungen und Revolutionen geweckt und geschürt wurden. Sobald Propheten sich auf verwandte Linien begaben und politische Propaganda zu treiben begannen, hörten sie auf, im Auftrage Gottes zu sprechen und zu handeln. Gott erzwingt keine höhere Erkenntnis eines Volkes durch Propaganda und Machtmittel; sein Wort durch seine Propheten fordert vom Menschen immer nur eine ganz freiwillig getroffene Entscheidung. So baut er sein Reich, so erleuchtet er Menschen, so erlöst er die Zukunft!
Der Tempelaufseher Zephanja in Jerusalem las den Inhalt des eingetroffenen Briefes Jeremía vor. Er hatte wohl einen anderen Eindruck von Jeremias prophetischer Wirksamkeit als sein Priesterkollege in Babel. Nachdem Jeremia den Inhalt des Briefes gehört hatte, erhielt er vom Herrn den Auftrag: Sende an alle Verbannten die Botschaft:
So spricht Jahve über Semaja von Nehalam: Weil euch Semaja, den ich doch nicht gesandt habe, geweissagt und euch verführt hat, euch auf Lüge zu verlassen, darum spricht Jahve also: Siehe, ich werde Semaja von Nehalam und sein Geschlecht heimsuchen: Niemand von den Seinen soll unter diesem Volke wohnen bleiben und das Glück schauen, das ich meinem Volke schaffen will, spricht Jahve; denn er hat Abfall gepredigt wider Jahve.
Das war Gottes Urteil über Semajas Dienst. Er sprach im Namen Jahves und predigte doch Abfall von Jahve. Wahrlich, ein ungemein gewissenschärfendes Wort für jede Zeit! Wieviel ist seitdem auch von andern in der Sprache des Tempels geredet worden, das aber
vom Geist der Macht diktiert wurde! Priestermund ließ sich inspirieren vom Dämon der Lüge. Vollmachten zur Aufrechterhaltung der öffentlidien Ordnung wurden mißbraucht zur Stummachung des prophetisdien Wortes.
Propaganda für eine Selbsterlösung aus dem Gericht wurde zur Predigt des Abfalls vom Herrn. Aber auf der Waage der Ewigkeit werden auch die Worte und die Propaganda der Priester und Propheten gewogen. Auch über ihr Leben und Dienen schreibt Gottes Gerechtigkeit innerhalb der Geschichte:
„Irret euch, nicht, Gott läßt seiner nicht spotten; denn was der Mensch
sät, das wird er auch ernten.“ (Galater 6, 7)
Semaja mit seinem Gericht deutet allen für alle Zeiten den Ernst dieses neutestamentlichen Apostelworts.
Quelle:
Das lebendige Wort. Eine Einführung in die göttlichen Gedankengänge und Lebensprinzipien des Alten Testaments –
Band 7: Jeremia – Der Prophet tiefster Innerlichkeit und schwerster Seelenführung, von Jakob Kroeker†
[S. 168ff./Digitalisat als pdf– oder Word-Datei bei sermon-online.com/de/]
Weblinks und Verweise:
Schemaja der Nechelamiter im Bibel-Lexikon (externer Link)
Meister, Abraham: Biblische Namen kurz erklärt (pdf-Datei, bei Sermon Online)
► Der Prophet Jeremia, Übersicht – Jeremia 29