24. Ohne Sorge (1. Petrus 5, 7)

Alle eure Sorge werfet auf. Ihn; denn Er sorget für euch. (1. Petri 5, 7)

Zu den großen Freuden des ewigen Lebens, worauf wir warten, wird es gehören, daß Gottes Kinder ohne Sorgen leben. Ein Blick auf den lebendigen Gott wird genug sein, daß man um nichts sorge.

Aber hörst du wohl, daß auch schon in diesem Leben Gottes Kinder alle ihre Sorge auf Gott werfen sollen? Und ahnst du, welch stilles, tiefes Glück der große Gott uns gönnt, daß wir wie Kinder vor ihm fröhlich sein sollen? Ich höre und sinne und ahne und staune und
studire, daß St. Petrus schreibt: Alle eure Sorge werfet auf Ihn; denn Er sorget für euch.

Sorgen sind Steine auf dem Herzen; sie sind gottlos und sind finstre Wolken, welche mir das Angesicht des allmächtigen gnädigen Gottes verbergen. Sie sind nutzlos, denn ich vermag mit meinen Sorgen nicht ein einiges Haar weiß oder schwarz zu machen. Das
weiß ich; aber mein Wissen bannt die Sorge nicht. Da gehen alle meine Sorgen wie meine bösen Freunde vor mir her und um mich herum – die kleinen Sorgen und die großen Sorgen. Ja die großen, schweren Sorgen – denn ich muß sterben und muß vor Gott stehen und Seinem wahrhaftigen Gerichte.

Mein Gott, Du sorgst für mich, wie Dein wahrhaftiger Geist spricht: Er sorget für euch. Du hast für mich gesorgt, ehe ich geboren war. Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz gekommen ist, laß mir durch Deinen Geist offenbar werden, daß Dein einiger Sohn ein einmaliges, gültiges, vollkommenes Opfer für mich gebracht hat.

Einmaliges, gültiges, vollkommenes Opfer Jesu Christi – das versiegle, Du Geist der Herrlichkeit, meinem Geiste, so will ich meine schwerste Sorge um meine Seele und meine Schuld und um meine Ewigkeit am Kreuze Christi niederlegen und in Seinem Grabe ver-
scharren. Du Gott aller Gnade (1. Petr. 5, 10), der Du mir geholfen hast, hilf mir. Meine Augen sehen Jesum an, der meine Sorgen alle und meine Sünden getragen hat; dafür lobe und preise ich Dich, Du Gott meiner Väter. Wie solltest Du mir mit Ihm nicht Alles schenken?

Ja schenke mir, mein Vater, was Deinem Kinde ziemt, Vertrauen, wahres Vertrauen, Vertrauen, wenn ich sehe und wenn ich nicht sehe. Gib mir, mein Heiland, der ich nichts habe, wenn Du mir nicht gibst; gib mir die edle Scham der Deinigen darüber, daß sie die Vögel unter dem Himmel ohne Sorgen sehen (Matth. 6, 26) und Dich nicht verstehen konnten, der Du sprichst: seid ihr denn nicht viel mehr, denn sie? Alle – alle – alle meine Sorgen, nun werfe ich sie auf Dich, Gott, mein Gott.

Sind es die Sorgen der Erhaltung und Bewahrung, nimm sie in Deine Hände, Gott mein
Schöpfer; sind es Sorgen wegen meines Verdienstes, ich werfe sie auf Dich, Gott, mein Erlöser, der Du mein Verdienst getragen und mir das Leben verdient hast; sind es Sorgen der Heiligung und Vollendung, Herr Gott Heiliger Geist, so schaffe, daß ich geheiligt und vollendet werde.

O meine Seele, geh heraus, es ist heller Tag. Am Kreuze ist dein Fürsorger für dich gestorben und im Himmel hat Er Alles in Seinen Händen. Sorgen begraben sei mein Abendopfer und Gott loben mein Morgenopfer.

Zum Abgrund muß die Trauer sinken,
Die herzieht aus der Macht der Welt,
Ich soll den Kelch der Freude trinken,
Den die durchgrab’ne Hand mir hält.

Quelle:

Stille halbe Stunden. Von Th. Schmalenbach. Gütersloh, Druck und Verlag von C. Bertelsmann. 1877.
Bayerische Staatsbibliothek, urn:nbn:debvb:12-bsb11354794-3
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Eingestellt am 4. Januar 2023