Lukas 9, 42: Der Streit des Christen mit dem Satan

Und da der besessene Mensch zu Jesus kam, riss ihn der Teufel, und zerrte ihn. Jesus aber bedrohte den unsauberen Geist und machte den Knaben gesund und gab ihn seinem Vater wieder.

Der Knabe, der von einem bösen Geist besessen war, ist ein passendes Bild jedes ungöttlichen und unbekehrten Menschen. Zwar sind wir nicht von Teufeln besessen, aber doch haben wir von Natur teuflische Laster und Lüste, welche unsere Seele zugrunde richten, auch wenn sie nicht unseren Leib quälen. Nie hat sich eine von einem bösen Geist besessene Kreatur in einem elenderen Zustand befunden, als der Mensch, der ohne Gott, ohne Christus und ohne Hoffnung in der Welt dahingeht. Das Austreiben des bösen Geistes war auch eine Sache, die bei den Menschen unmöglich, wohl aber bei Gott möglich war; und genauso ist die Bekehrung eines Sünders eine Sache, die über das menschliche Vermögen hinausgeht und nur durch die Macht Gottes vollbracht werden kann. Das schreckliche Brüllen, Schäumen und Zerren, das der böse Geist in dem Kind verursachte, ist ein Bild von den Sünden, Ungerechtigkeiten und Lastern, in welche sich gottlose Menschen hineinstürzen, und in welchen sie sich mit Macht herumtreiben.

Das Bringen des Kindes zu Jesu lehrt uns, daß diejenigen, welchen die Sorge für die Kinder anvertraut ist, sehr danach verlangen sollten, diese zum Heiland zu führen, damit Er sie rette. Das Mitleiden, welches der Vater für sein Kind fühlte, ist ein Muster für alle Eltern, wie sie gegen ihre Kinder gestimmt sein sollen. Wie Abraham sollten sie beten: „Ach, daß mein Kind vor Dir leben möchte.“ Und nicht nur beten sollten sie, sondern auch die Mittel brauchen, durch welche das Kind in den Teich Siloa gebracht und darin gesund gemacht wird. Die Eltern sollten die Kinder dahin bringen, so der Heiland wandelt, dass Er sie ansehe und heile. Das Kommen des Kindes zu Jesu ist ein Bild des seligmachenden Glaubens, denn Glaube ist das Kommen zu Jesu, das einfältige Glauben an die Kraft seiner Versöhnung. Und endlich das Niederwerfen und Zerren, von dem unser Text spricht, ist ein Bild von dem Kampf des Gläubigen mit dem Feind der Seelen. „Als Jesus kam, warf der Teufel den Knaben nieder und zerrte ihn.“

Gegenstand unserer Betrachtung soll diesmal die Tatsache sein, daß Sünder, die Jesu nahen, oft vom Satan niedergeworfen und gezerrt werden, so daß sie in ihrem Innern erstaunlich zu leiden haben und an dem Punkt angelangt sind, aus Verzweiflung den Glauben aufzugeben.

Wir betrachten

1) Was der Teufel tut
2) Was er beabsichtigt
3) Wie er entdeckt und
4) Wie er besiegt wird.

1) Des Teufels Tun.

Als der Knabe zu Jesu kam, um geheilt zu werden, warf ihn der Teufel auf den Boden und zerrte ihn. Diese Geschichte zeigt, was der Teufel mit den meisten, wenn nicht mit allen, Sündern tut, wenn sie bei Jesu Licht und Leben suchen; er wirft sie nieder und zerrt sie. Ich will euch zeigen, wie der Teufel die außerordentlichen Bangigkeiten und Schrecken, welche die Bekehrung begleiten, verursacht.

Vor allem sucht er, die Wahrheit Gottes zu verkehren, um die Hoffnung und den Trost der Seele zu vernichten. Er ist sehr gewandt in der Gottesgelehrsamkeit, er kennt die Wahrheit, er leugnet auch die Lehren der Offenbarung nicht, wie es viele Menschen tun, er widerspricht ihr auch nicht direkt, aber er verkehrt sie, um die Seele, welche von der Sünde überzeugt und wegen derselben bekümmert ist, irre zu führen und in Knechtschaft, Finsternis und Verzweiflung zu stürzen. Vor allem verkehrt er die wichtige Lehre von der Gnadenwahl – die Lehre nämlich, daß Gott eine unzählige Schar von Menschen erwählt habe, dass sie ein Volk des Eigentums sein sollen, das fleißig ist zu guten Werken. Der Teufel beunruhigt die gläubige Seele wegen dieser Lehre. „O,“ sagt er, „vielleicht bist du nicht erwählt. Dein Kommen, Kämpfen und Streiten ist nutzlos; du tust besser daran, wenn du still bist und nichts tust, denn du wirst doch selig, wenn du zu den Erwählten gehörst; wenn du aber zu den Verdammten gehörst, so kann auch all dein Beten, Suchen und Glauben dich nicht selig machen.“ So sucht der Teufel die Gnadenwahl zu predigen, um den Sünder glauben zu machen, daß Gott ihn gewißlich verwerfen werde. Er fragt ihn: „Wie kann so ein elender Mensch, wie du bist, erwählt sein? Du bist wert, verdammt zu werden, und du weißt es. Dein Bruder ist ein guter, rechtschaffener Mann, aber du gehörst zu den Vornehmsten der Sünder; sollte Gott gerade dich erwählt haben? Wärest du ein Erwählter, so würdest du nicht in all diese Not geraten sein und so lange vergeblich gebetet haben.“ So versucht Satan die Seele niederzuwerfen und umher zu zerren.

Aber ich ermahne meine Freunde, daß, wenn sie zu Christus kommen, sie sich nie in Verlegenheit bringen lassen mögen wegen der Lehre von der Erwählung. Kein Schüler, der das Alphabet lernt, lernt das Z vor dem A. Und so muß auch der Sünder nicht zuerst Unterricht von der Gnadenwahl haben wollen, ehe er die Lehre vom Glauben inne hat. Der Text, mit dem er es zu tun hat, ist dieser: „Wer da glaubt an den Herrn Jesus, wird selig werden,“ und wenn er das glauben kann, dann mag er weiter glauben: „Erwählt nach der Vorsehung Gottes des Vaters durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und Besprengung des Blutes Jesu.“ Er möge wissen, daß jeder bußfertige und gläubige Sünder erwählt ist. Wie groß auch ein Sünder sein mag, wenn er nur Buße tut, so ist dies ein Beweis, daß er erwählt ist; wenn er nur an Christus glaubt, so ist er gerade so gewiß erwählt, wie sein Glaube rechter Art ist. Ich kann nicht wissen, ob ich erwählt bin, ehe ich weiß, ob ich an Gott glaube. Ich kann nicht von einer Sache reden, ehe ich ihre Wirkung sehe. Ich kann nicht sagen, ob ein Same im Boden liegt, wenn ich den Boden nicht aufrühren darf, oder wenn ich nicht warte, bis ich die Saat unter der Erde aufsprießen sehe. So kann ich auch nicht sagen, ob euer Name im Buch des Lammes eingeschrieben sei, bis ich die Liebe Gottes an euch darin sich offenbaren sehe, daß eure Herzen sich ausstrecken nach dem lebendigen Gott. Die Wirkungen und Kennzeichen der Gnade müssen die Gnadenwahl offenbaren. Die Seelen sollen daher wegen der Gnadenwahl nicht bekümmert sein – denn alle, welche bußfertig und gläubig sind, haben schon die Wirkungen ihrer Gnadenwahl in sich.

Eine weitere Lehre, die der Teufel verkehrt, ist die Lehre von der Verderbnis menschlicher Natur. Wir sind alle in Adam gefallen, sind von der Wahrheit abgewichen, sind durch unser Tun voller Sünden geworden; nichts Gutes wohnt in uns; wenn je etwas Gutes in uns gekommen soll, so muß es von Gott gepflanzt werden; denn es ist nicht einmal der Same zum Guten in uns, wie viel weniger die Blüte und die Frucht. Diese Lehre verkehrt der Teufel und quält damit eine Seele, indem er ihr einflüstert: „Siehe, wie verderbt du bist; du weißt nicht, wie schrecklich du gegen Gott gesündigt hast; du bist zehntausendmal irre gegangen, alle deine alten Sünden schreien gegen dich. Siehe dort, die Verbrechen, die du bei Nacht begangen hast; erinnere dich, wie du gegen jenen undankbar gewesen bist; gedenke, wie du an jenem Ort geschworen hast; siehe dein Herz an; kann das je reingewaschen werden? Es ist unmöglich, daß dir vergeben werden kann; du hast dich zu weit von dem Hirten der Seele verlaufen; du bist ganz Sünde geworden; dein Herz ist ganz boshaft und verzweifelt verderbt, du kannst bestimmt nicht mehr selig werden.“

So wird manche arme Seele wegen dieser Lehre vom Teufel herumgezerrt, indem er sie überreden will, ihr Verderben sei über alle Maßen groß, ihre Sünden übersteigen die Barmherzigkeit Gottes, und ihr Todesurteil sei schon unterschrieben. Aber, arme Seele, stehe du auf; der Teufel hat kein Recht, dich niederzuwerfen. Deine Sünde kann für die Barmherzigkeit Gottes nicht zu groß sein. Nicht die Größe der Sünde, sondern der Mangel an Glauben kann die Ursache zur Verdammung des Menschen werden. Wer Glauben hat, kann ungeachtet aller seiner Sünden selig werden; aber wer nur Eine Sünde hat und keinen Glauben, den wird diese einzige Sünde gänzlich zugrunde richten. Der Glaube an das Blut Christi zerstört den Stachel der Sünde. Ein Tropfen von dem kostbaren Blut des Heilandes kann tausend brennende Welten auslöschen, wie viel mehr kann es die Furcht deines armen Herzens vertreiben. Wenn du an Christus glaubst, so magst du zu dem Berg deiner Schuld sagen: „Entferne dich von hier und wirf dich ins Meer.“

Ferner ist es die Lehre von dem wirksamen Beruf, womit Gott seine Kinder beruft, welche der Satan verkehrt. Nach dieser Lehre ist es nämlich nicht die Kraft des Menschen, welche ihn zu Gott führt, sondern es ist das Werk Gottes, den Menschen zur Gnade zu leiten. Gott beruft die, welche Er retten will, mit einem kräftigen und besonderen Ruf, welchen Er all denen verleiht, die sich aufrichtig und ernstlich bekehren wollen. Nun kommt der Teufel und sagt der Seele: „Siehe, du hast keinen solchen kräftigen Ruf von Gott erhalten; dein Ruf ist nur deine erhitzte Einbildung gewesen, die wieder verschwinden wird, wie die Morgenwolke und der Morgentau. Du hast bisweilen ein starkes Verlangen nach deinem Heil, aber zu anderen Zeiten ist es wieder schwach; wärest du von Gott gezogen, so müsste die Kraft immer gleich sein; die Sache wird bei dir bald wieder vorüber sein, und dann wird es mit dir schlimmer werden als zuvor, weil du zwar geneigt gewesen bist, zu Gott zu gehen, unter diesen Züchtigungen des Gesetzes, aber nachher wieder von Ihm weggelaufen bist.“ Liebe Seele, sage zu dem Satan, daß du nicht wissen würdest, ob der Ruf ein kräftiger sei oder nicht, aber du wärst davon überzeugt, daß du, wenn du verloren gehst, zu Christus gehen und nur dort verloren gehen wollest; sage dem Teufel, dass du wissest, der Ruf sei so kräftig in dir, daß du nicht anders könnest, als zu Christus zu gehen, und daß du fest entschlossen seiest, beim Kreuze umzukommen, wenn du umkommen müssest. So wirst du mit Gottes Hilfe den Satan überwinden, wenn er dich wegen dieser Lehre anfechten will.

Ferner verkehrt der Teufel die Lehre von der Beharrlichkeit bis an’s Ende. „Siehe,“ sagt der Teufel, „die Kinder Gottes sind immer beständig auf ihrem Weg; sie sind immer heilig und beharrlich; ihr Glaube leuchtet immer heller bis zum vollen Tag; und so würde es auch bei dir der Fall sein, wenn du dem Herrn angehörtest. Aber du wirst nie ausharren bis an’s Ende. Erinnerst du dich nicht, dass du vor 6 Monaten auf dem Krankenbett den festen Entschluss gefasst hast, Gott zu dienen, und hast doch alles wieder gebrochen. Du hast oft gelobt, ein Christ zu werden, und hast dein Gelübde nicht 14 Tage gehalten. Es geht nicht bei dir, du bist zu unbeständig; du wirst es nie bei Christus aushalten; du wirst eine Zeitlang mit Ihm gehen, und dann gewiß wieder umkehren; deswegen kannst du nicht dem Herrn angehören, denn die Seinigen gehen nie rückwärts.“ So zerrt Satan die arme Seele wegen dieser Lehre. Denselben Nagel, an den der Sünder seine Hoffnung hängen muss, sucht der Satan in den Glauben des Menschen hineinzutreiben, damit er sterbe, wie Sisera im Zelt der Jael. Aber, o arme Seele, sage dem Satan, daß deine Beharrlichkeit nicht von dir kommt, sondern von Gott; daß du deine Schwachheit wohl kennest, und daß Gott dort, wo Er ein gutes Werk anfängt, es nie unvollendet lässt. Und so magst du den Satan zurücktreiben und aufstehen von deinem Fall.

Endlich ist es die Lehre von der Erlösung, welche der Teufel verkehrt. „O,“ sagt der Satan, „es ist wahr, Christus ist gestorben, aber nicht für dich, du bist ein besonderer Mensch; mit deiner Sünde verhält es sich nicht, wie mit den Sünden anderer Menschen. Wenn du gesündigt hättest wie dieser und jener, so würde dir der Tod und das Verdienst Christi vielleicht helfen können.“ Aber liebe Seele, wenn der Heiland für andere sein Blut vergossen hat, so reich und frei und allgütig, warum nicht auch für dich? Gehörst du denn nicht auch zur Menschheit? Liebe Seele, wenn dich der Satan mit solchen Gedanken niederwirft und herumzerrt, so sage ihm, dass geschrieben steht: „Der Heiland kann selig machen immerdar, die durch Ihn zu Gott kommen;“ Er kann retten, auch die sich auf’s äußerste verschuldet haben. Wer zu Ihm kommt, den will Er nicht hinausstoßen.

Aber nicht nur durch Verkehrung der Wahrheit sucht Satan die nach Gnade suchenden Sünder niederzuwerfen und herumzuzerren, sondern auch durch offene und entsetzliche Lügen. Wenn eine Seele zu Christus kommt, so gibt ihr der Teufel oft viele schreckliche ungläubige Gedanken ein. Es war gerade damals, als ich nach Christus hungerte und dürstete, daß mir plötzlich der Gedanke durch mein Gemüt fuhr, (ein Gedanke, den ich verabscheute, dessen ich aber nicht loswerden konnte), es sei kein Gott, kein Heiland, kein Himmel und keine Hölle; alle meine Gebete seien nur Possenspiel, und dass ich ebensogut hätte den Winden pfeifen oder zu den brausenden Wellen des Meeres reden können wie zu Gott. Ach! ich erinnere mich noch, wie mein Herzensschifflein in jenem Feuermeer umhergetrieben wurde, abgelöst von dem Glaubensanker, welchen ich von meinen Vätern empfangen hatte. Ich zweifelte an allem, bis zuletzt der Teufel sich selbst damit besiegte, daß er mich an meinem eigenen Dasein zweifelhaft machte, und ich dachte, ich sei nur ein schwebender Gedanke im Nichts des leeren Raumes. Mir wurde aber bald bange vor diesem Gedanken, denn ich fühlte, dass ich nach allem doch wesentlich Fleisch und Blut hatte, und ich erkannte wieder, daß Gott sei, daß Christus, daß der Himmel und die Hölle sei, und daß alle diese Dinge in Wahrheit vorhanden sind. Ich würde mich nicht wundern, wenn manche in diesem Zustand an den Rand des Unglaubens geraten würden, denn ich zweifelte beinahe an allem. Es geschieht in diesem Zustand, daß der Satan einem empfänglichen Herzen sein eigenes Bild des Unglaubens einzuprägen sucht; aber, Gott sei Dank, er erreicht seine Absicht nie bei einem Sünder, der aufrichtig Gnade sucht.

Auch bemüht sich der Teufel, uns gotteslästerliche und unreine Gedanken einzugeben, und uns nachher darüber anzuklagen, als kämen sie von uns selbst. Ich war einmal im Nachdenken über Gott begriffen, als auf einmal die Schleusen der Hölle geöffnet zu sein schienen, und tausend arge Gedanken durch meinen Kopf strömten. Dinge, an die ich nie gedacht oder von denen ich nie gehört hatte, zogen stürmisch durch meine Seele, ich konnte ihnen kaum widerstehen. Der Teufel warf mich nieder und zerrte mich. Ach! liebe Seele, wenn dir dieses widerfährt, so gedenke nur, dass dies eine List des Erzfeindes ist. Er treibt seine unreinen Tiere in dein Feld, und dann legt er die Schuld auf dich. Wenn ehemals Landstreicher ein Dorf beunruhigten, so wurden sie gepeitscht und nach dem nächsten Dorf fortgeschickt. Auf ähnliche Weise mache es mit den argen Gedanken. Gib ihnen eine gute Tracht Streiche und sende sie weg; sie gehören dir nicht an, wenn du ihnen nicht nachhängst. Aber wenn du aus Furcht meinst, diese Gedanken kommen von dir selbst, so magst du sagen: „Ich will zu Christus gehen, und wenn diese Lästerungen von mir sind, so will ich sie dem großen Hohenpriester bekennen, denn ich weiß, dass alle Arten von Sünden und Lästerung den Menschen vergeben werden.“

Wenn aber der Teufel dich auf diese Weise nicht überwinden kann, so versucht er eine andere List; er nimmt alle Worte aus der Bibel heraus und sagt, daß sie alle dich angehen. Er liest z.B. die Stelle: „Es gibt eine Sünde zum Tod; dafür sage ich nicht, dass man beten soll.“ Nun sagt der Teufel, hier sieht man, daß selbst der Apostel verboten hat, für einen Menschen zu beten, der gewisse Sünden begangen hat. Weiter liest der Teufel, dass „die Sünde gegen den heiligen Geist nicht vergeben werde.“ Siehe da deinen Charakter, du hast die Sünde gegen den heiligen Geist begangen und kannst nicht mehr begnadigt werden. Sodann bringt er eine weitere Stelle: „Laßt ihn dahinfahren; Ephraim ist den Götzen ergeben.“ „Da,“ sagt der Satan, „siehst du, daß du keine Freiheit mehr im Beten hast; Gott hat dich dahingegeben, du hast dich den Götzen ergeben, und nun bist du ganz zugrunde gerichtet.“ Über alles dieses freut sich der Feind, ja er beginnt einen Freudentanz bei dem Gedanken, daß eine arme Seele verloren geht.

Aber, geliebte Freunde, glaubt ihm nicht. Niemand hat die Sünde gegen den heiligen Geist begangen, solange er Gnade hat, Buße zu tun; ganz gewiß kann niemand diese Sünde begangen haben, wenn er zu Christus flieht und an Ihn glaubt. Keine glaubende Seele kann sie begehen und kein bußfertiger Sünder hat sie je begangen. Ja, wenn einer gleichgültig und gedankenlos ist – wenn er eine ernste Predigt anhören und sie dann verlachen und seine Überzeugungen wegstoßen kann, ohne je Gewissensbisse zu fühlen, da muss man fürchten, daß die Sünde gegen den heiligen Geist begangen worden ist. Aber solange du ein Gefühl von Schuld und Strafe hast, solange du ein ernstliches Verlangen nach Erlösung hast, solange kannst du nicht in diese Sünde fallen, als ein Bußfertiger kannst du noch selig werden; denn, hättest du diese Sünde begangen, so könntest du nicht mehr bußfertig sein.

2) Nun will ich zweitens reden von der Absicht des Teufels. Warum wirft er die nach Gnade suchende Seele nieder?

Antwort: weil er die Seele nicht gerne verlieren will. „Kein König wird mit Willen seine Untertanen verlieren, sagt der Teufel (in Bunyons Pilgerreise) dem Christian, als er sich diesem quer in den Weg legte und schwor, er solle nicht weitergehen; hier müsse er sterben, weil er aus seinem Reich entflohen sei.“ Meinst du, der Satan werde einen Untertanen nach dem anderen verlieren und nicht zornig werden? Gewiß nicht. Sobald er eine Seele aus seinem Gebiet hinwegeilen sieht, so sendet er sogleich alle Höllenhunde ihr nach.“ Da ist ein anderer von meinen Untertanen wieder fort; mein Reich wird kleiner; meine Familie nimmt ab;“ deswegen versucht er mit Macht und Gewalt, die arme Seele wieder zurückzubringen. Ach! liebe Seele, lass dich nicht von ihm täuschen; seine Absicht ist, dich niederzuwerfen; aber er sagt dir dieses nicht, damit du dich nicht demütigst und zu Christus kommst.

Bisweilen hat er die gottlose Absicht, eine arme Seele zu bewegen, sich selbst zu töten, ehe sie Glauben an Christus faßt. Der Satan weiß wohl, dass ein Mörder nicht das ewige Leben bei sich bleibend hat. Aber er hat diese Absicht noch nie bei einem wahrhaft bußfertigen und gläubigen Sünder erreicht.

Eine andere Absicht des Teufels ist, eine Seele, die zu Christus kommt, aus Hass zu ermüden.

Der Satan ist voll bösen Willens; er hasst alles, und kann keine Seele glücklich sehen. Wenn er sieht, dass eine Seele zu Christus kommen und ihm, dem Satan, völlig entfliehen will, so verursacht er ihr den letzten harten Kampf; er kommt über die arme Seele mit aller Macht, wälzt sie auf der Erde herum in Zweifeln und Verzweiflung, und will sie nicht lassen, bis er sie so lange zerarbeitet und ermattet hat, wie es ihm der Herr zulässt. Aber fürchte dich nicht, du Kind Gottes, widerstehe nur dem Teufel, so flieht er von dir, und wenn er dich auch zu Boden wirft, so gedenke, dass der Gerechte oft fällt, aber immer wieder aufsteht. So wirst du die Absicht des Feindes vereiteln, wie geschrieben steht: „Deine Feinde sollen als Lügner zuschanden werden.“

Nun will ich 3) von der Entdeckung des Teufels reden, wie und woran man ihn erkennen kann.

Der Teufel würde meiner Ansicht nach einen armen Sünder nicht zu Boden werfen können, wenn er als offenbarer Teufel käme; aber er kommt als ein Engel des Lichts, oder sogar als der heilige Geist. Er weiß, dass der heilige Geist das ganze Heilswerk verrichtet, deswegen sucht er die Wirkung des heiligen Geistes nachzuäffen. Er weiß, dass der heilige Geist den Menschen demütigen und ihn von seinem Hochmut befreien will. Satan äfft dieses Werk nach und beraubt den Menschen sowohl seiner Hoffnung, als auch seines Stolzes. Unter dem Schein, den armen Sünder zu demütigen und in den Staub zu erniedrigen, stellt er Gott in der Achtung des Sünders so weit herab, dass er ihm sagt, Gott selbst könne ihn nicht selig machen. Überhaupt ist es des Satans Absicht, das Werk Gottes zu verderben, während es in Arbeit ist, damit der Teufel etwas von seinem Werk und seiner Gestalt in die Seele bringen könne. Oft fühlt sich die Seele angetrieben, mit Gott im Gebet zu ringen. Das ist recht, sagt Satan, ringe nur mit aller Macht; aber bedenke, dass du jetzt Gnade finden und bekommen musst, sonst bist du verloren. Auf diese Weise schleicht er einher und bringt der Seele etwas von Wahrheit bei, und macht die Seele glauben, es sei lauter Antrieb des heiligen Geistes, während es doch am Ende nur Täuschung des Vaters der Lügen ist. Der heilige Geist sagt dir, dass du ein verlorener Sünder bist. Ja, sagt der Teufel, du bist verloren und kannst nicht mehr selig werden; und so täuscht er die Seele unter dem Schein der Wirkungen des heiligen Geistes.

Es ist meine feste Überzeugung, dass manches, was sich als christliche Erfahrung ausgibt, ganz und gar keine christliche Erfahrung ist. Viele Christen erfahren Dinge, welche nichts mit dem Christentum, sondern vielmehr mit dem Teufelstum zu tun haben. Mancher hält die Schrecken des Gewissens für eine Frucht des Geistes und glaubt, der heilige Geist treibe den Sünder zur Verzweiflung und halte ihn so lange in dem eisernen Käfig eingeschlossen, aber es ist nur die Frucht des satanischen Einflusses. Der heilige Geist war allerdings wirksam in der Seele, aber der Teufel kam hinzu, um das Werk Gottes zu verstümmeln und zu verderben.

Ich will aber dem armen Sünder zeigen, wie er den Satan entdecken kann, so dass er unterscheiden kann, was Unterweisungen des heiligen Geistes sind, oder was nur ein Geschrei der Hölle in seinen Ohren ist.

Du kannst immer gewiß sein, daß das, was vom Teufel kommt, dich auf dich selbst blicken lässt und nicht auf Christus. Das Werk des heiligen Geistes geht dahin, unsere Augen von uns selbst weg auf Jesus Christus zu richten, aber das Werk des Teufels ist gerade das Entgegengesetzte. Von zehn Eingebungen des Teufels haben es neun mit uns selbst zu tun. „Du bist schuldbeladen,“ sagt der Teufel – das ist das Selbst. „Du hast keinen Glauben“ – das ist das Selbst. „Du bist nicht bußfertig genug“ – das ist das Selbst. „Du hast keine Freude des Geistes und kannst deswegen nicht Sein sein“ – das ist das Selbst. So weist uns der Teufel immer auf das eigene Selbst oder Ich, während der heilige Geist das Ich ganz wegnimmt und uns sagt, daß wir gar nichts sind, sondern daß Christus Alles in Allem ist. Satan dagegen bringt uns das Aas des eigenen Selbst, zerrt es herum, und weil es in Fäulnis übergegangen ist, sagt er uns, uns sei nicht mehr zu helfen. Aber merke dir, o Sünder, es ist nicht dein Halten an Christus, das dich rettet – es ist Christus; es ist nicht deine Freude in Christus, welche dich rettet – es ist Christus; es ist auch nicht der Glaube an Christus, obgleich er das Werkzeug ist – es ist bloß das Blut und Verdienst Christi, das dich rettet; deswegen sieh nicht sowohl auf deine Hand, mit welcher du Christus ergreifst, sondern vielmehr auf Christus allein; sieh nicht auf deine Hoffnung, sondern auf Christus, die Quelle deiner Hoffnung; sieh nicht auf deinen Glauben, sondern auf Christus, den Anfänger und Vollender deines Glaubens. Wenn du das tust, so werden 10.000 Teufel dich nicht niederwerfen können; aber solange du auf dich selbst blickst, so kann dich der geringste Teufel unter seine Füße treten.

Ferner: Die Eingebungen des Teufels beziehen sich immer nur auf eine oder einige Eigenschaften Gottes.

Bisweilen beziehen sie sich auf die Liebe Gottes und sagen dem Sünder, Gott wolle ihn nicht retten; bisweilen gehen sie auf die Wahrhaftigkeit Gottes und sagen dem Menschen, Gott werde seine Verheißungen nicht halten; für die Langmut Gottes sei der Mensch schon zu alt, als daß ihn Gott retten könnte; bei der freien Wahl sehe Gott auf das Verdienst der Menschen. Aber, o lieber Mensch, laß dich vom Satan nicht täuschen; halte dich an das klare Wort Gottes, welches dir die List Satans entdecken und dir helfen wird, den Bösewicht zu überwinden.

Ich rede nun noch

4) Von des Teufels Besiegung.

Wie wurde der Teufel nach unserem Text besiegt? Antwort: Jesus bedrohte ihn. Geliebte, nichts anderes als das Bedrohen Jesu kann uns von der niederwerfenden Macht des Teufels erretten. „O,“ sagt eine arme Seele, „ich bin monate- und jahrelang bekümmert gewesen wegen meiner Seligkeit; ich bin von Ort zu Ort gegangen in der Hoffnung, ein Prediger möchte einmal etwas aussprechen, was den bösen Geist bedrohen könnte.“ Aber lieber Bruder, liebe Schwester, hast du nicht Unrecht getan? Ist es denn nicht Jesus, welcher den bösen Geist bedroht? Oder vielleicht hast du es selbst versucht, den bösen Geist zu bedrohen; vielleicht hast du mit ihm gestritten, und ihm gesagt, du seiest nicht so grundverdorben, wie er dich beschrieben hat. Es ist aber nicht deine Sache, den Satan zu schelten. Du solltest vielmehr sagen: „Der Herr schelte dich, Satan.“

O! hättest du nur zu Jesu aufgeschaut und gebetet: „Herr, bedrohe ihn,“ so würde der Teufel in einem Augenblick verstummt sein, denn er kennt die Allmacht Christi und hat sie schon empfunden. Aber du suchst dein Herz unter diesen Anfechtungen selbst zu beruhigen, anstatt zu gedenken, daß nur Jesus dein Leben hinwegnehmen kann. Gehe nur nach Gethsemane und sei versichert, der Teufel wird dort nie bei dir bleiben; denke an die Kämpfe deines mit Blut bedeckten Heilandes: der Teufel kann das Blut Christi nicht ertragen – er geht brüllend davon schon beim Gedanken daran. Wenn du unter dem Kreuz sitzt, so wird dich der Teufel nicht lange belästigen. Das Beten ist wohl gut, aber es ist nicht der Weg, um vom Teufel loszuwerden. Man muß an Christus denken. Wir sagen oft: „O, daß ich einen stärkeren Glauben und mehr Liebe zu Jesu hätte!“ Es ist wohl recht, so zu sprechen, aber es ist nicht hinreichend. Der Weg, den Satan zu überwinden, und Friede mit Gott zu haben, geht durch Christus; „Ich bin der Weg;“ wenn du den Weg wissen willst, komm zu Christus. „Ich bin die Wahrheit;“ wenn du des Teufels Lügen überwinden willst, komm zur Wahrheit. „Ich bin das Leben;“ wenn du von des Teufels Mord befreit werden willst, komme zu Jesus.

Das ist das Eine Ding, das wir Alle – obwohl unvorsätzlich – in unsere Predigten und Reden hereinbringen, und womit wir uns und andere verfinstern – nämlich, die große Wahrheit, daß es nicht das Gebet, nicht der Glaube, nicht unser Tun, nicht unser Gefühl ist, worauf wir ruhen müssen, sondern nur auf Christus, und auf Ihm allein. Wir bedenken nicht genug, daß wir es nicht mit unserem eigenen Selbst zu tun haben, sondern allein mit Christus. O liebe Seele, wenn du dein Herz nur allein auf Jesus heften, und alles andere für gleichgültig halten – wenn du nur deine guten Werke verachten und ganz und einfach auf Christus sehen könntest – ich sage dir, Satan würde es bald aufgeben dich niederwerfen zu wollen, denn du würdest dann auf Christus fallen, und würdest stärker als vorher wieder aufstehen. Lass mich dich bitten, o du vom Teufel versuchte, in Dornen, Disteln und Dickicht herumgezogene Seele. Siehe, ich bringe dir heute einen Krug mit Wasser und ein Stück Brot in dein Gefängnis, in dem du so an Händen und Füßen angebunden bist, daß du dich nicht bewegen kannst. Ich bitte dich, siehe nur auf Christus allein; nie erwarte Rettung von dir selbst, vom Satan, von Predigern, oder von Mitteln irgendeiner Art, abgetrennt von Christus; richte dein Auge einfach nur auf Christus; laß dir seinen Tod, seinen Kampf, seine Seufzer und Angst, seine Leiden, sein Verdienst, seine Herrlichkeit, seine Fürbitte immer frisch im Gemüt sein; wenn du morgens erwachst, so blicke auf Ihn; wenn du dich abends niederlegst, so schaue auf Ihn. Laß weder deine Hoffnung, noch deine Furcht zwischen dich und Christus hineinkommen; suche du nur Christus und sage:

„Was du willst, Herr, versage mir,
Nur die Schuld erlasse mir,
Hingestreckt zu deinen Füßen
Soll ich lieber liegen müssen,
Gib mir Christus und sonst Nichts;
Lieber Tod, als Jesus nicht.“

Wer aber nicht auf Jesum sehen, ja gar den Satan in eigener Kraft vertreiben will, der soll wissen, dass ihn der Teufel auf ewig in seine Gewalt bekommen und seiner nicht schonen wird. Ihr alle, die ihr Gottes vergesst, wisst, daß Gott euch zerreißen lassen und für euch kein Erretter sein wird. Warum wollt ihr sterben? Was nützt euch euer eigenes Blut? Bedenkt, Jesus kann und will euch jetzt, eben jetzt retten. Laßt euch von eurer Sünde überzeugen, glaubt an Jesus, geht zu Ihm, und ihr sollt leben in Ewigkeit.

Amen.

(Charles Haddon Spurgeon)