1. Anfechtungen beziehungsweise Versuchungen

Als Anfechtung (Versuchung) ist bei gläubigen Menschen jede Art von Verlockung zu verstehen, die den Gläubigen von den vier Kraftquellen abschneiden will, von denen er als Glaubender lebt: das Wort Gottes, die Gemeinschaft der Gläubigen, die Teilnahme am Tisch des Herrn und das Gebet (das einzelne wie das gemeinsame Gebet).

Für noch nicht gläubige Menschen sei als Anfechtung verstanden jede Art von Verlockung,die zum Aufgeben oder Verlassen von Ordnungen Gottes führt: Einordnung in die Gemeinschaft von Ehe, von Familie, von Volk und Staat, von der Menschheit, Anerkennung von Rechtsordnungen, Achtung des Mitmenschen, Nächstenliebe.

Es sind drei Richtungen, aus denen Anfechtungen kommen, und drei Ziele, auf die sie sich richten: Versuchungen vom Fleisch (vom eigenen Ich) her zielen auf den Leib, von der Welt her auf die Seele und vom Teufel selbst auf den Geist des Menschen. Sie können natürlich auch kombiniert auftreten, und der Teufel steckt getarnt auch hinter den ersten beiden Anfechtungen.

Anfechtungen gehören zum Leben eines jeden Menschen, auch eines Christen. Sie dienen der Erprobung des Charakters. Daß wir in Anfechtung geraten, ist also – wenn wir uns nicht mutwillig hineinbegeben – keine Schuld. Erst wenn wir versagen, werden wir schuldig.

a. Anfechtungen vom eigenen Ich her

Mit unserem Leib sind wir vielen Verlockungen ausgesetzt. Sinne und Geschlechtlichkeit sind eine äußerst versuchliche Seite in uns. Magazine und Illustrierte mit ihren Bildern, Sex- und Pornofilme und Videokassetten, Bars und Nachtlokale mit unverhüllten Tänzerinnen und Bedienungen und anderes sollen die Lust in uns reizen. Und dann schiebt man gern die alten Normen beiseite und gibt sich der sexuellen Lust in jeder Form hin bis zur Perversion, auch der gleichgeschlechtlichen (Röm. 1, 26f.). Daneben regt sich die Genußsucht mit Unmäßigkeit und Völlerei im und Trinken.

Die Folge sind mancherlei somatische Krankheiten – im Sexualbereich, an Magen und Darm, Leber und Niere, auch im Blut und Gehirn. Übergewicht und Alkoholismus sind dann oft zwanghaft, ebenso auch ein Sexualverhalten.

b. Anfechtungen von der Welt her

Die zweite Art Anfechtungen geht aus von der Hektik und Unruhe, von der Geschäftigkeit und dem Tempo, das das Leben in der Welt prägt. Andere Einflüsse, die von der Welt her auf die Seele zielen, sind Egoismus, falscher Ehrgeiz, Streben nach Besitz, nach Macht und Einfluß, und das alles verbunden mit viel Streß und Selbstgerechtigkeit. Den Christen soll damit die Ruhe, der innere Friede, die Stille Zeit, das Lesen in der Bibel und das Beten genommen werden, den Weltmenschen die Muße, die Zeit für Selbstbesinnung und für die Familie.

Das Leben im Alltag vollzieht sich in dreifacher Hinsicht in unreiner Umgebung. Da sind zunächst wir selbst, unser natürliches Wesen, von dem es heißt: »Denn ich weiß, daß in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt« (Römer 7, 18). Die zweite unreine Umgebung ist die Welt, die Mitmenschen, der Beruf. Von ihnen wird gesagt: »Wie sie es für nichts geachtet haben, daß sie Gott erkannten, hat sie auch Gott dahingegeben in verworfenen Sinn, zu tun, was nicht taugt, voll allen Unrechten, Schlechtigkeit, Habsucht, Bosheit, voll Neides, Mordes, Haders, List, Tücke« (Römer 1, 28f). Die dritte unreine Umgebung, in der wir leben, ist die gefallene Schöpfung.

All das beeinflußt uns, lenkt uns ab von den Ordnungen Gottes ud verdirbt den Charakter. Hinzu kommen psychisch bedingte Motivationen, Mangel an Liebe und Zuwendung, schwere Kindheitserfahrungen, fehlende Selbstannahme, Minderwertigkeitsgefühle und anderes, die nach Trost oder Flucht in eine heile Welt verlangen. So kommt es zu – oft zwanghafter – Abhängigkeit vom Rauchen, von Alkohol, von Drogen.

c. Anfechtungen vom Teufel her

Bei der dritten Art von Anfechtungen kommt der Teufel selber auf uns zu, indem er unsere Gedanken beeinflußt mit Eingebungen und Einflüsterungen, ohne daß wir die Quelle immer gewahr werden. Bei den beiden ersten Arten tarnt er sich geschickt hinter unserm Ich oder hinter der Welt und ihren Normen. Was er uns vor allem eingeben möchte, sind Zweifel am Worte Gottes. Die Bibel sei doch nur von Menschen geschrieben, voller Mythen und Legenden, längst überholt und veraltet. Hand in Hand mit dem Ausstreuen von Zweifeln an der Glauwürdigkeit der Bibel wirkt er eine Stärkung des Vertrauens in uns selber, bringt uns zu Wegen einer Selbsterlösung.

Alles das führt zu Müdigkeit und Verzagtheit im Glaubensleben, Unlust zu Beten und Bibellesen. Schließlich gehören auch Anfechtungen durch Krankheit, Leid, schweres Geschick zu dieser dritten Art. Sie bringen ins Grübeln und Murren: Warum läßt Gott das zu? Warum geht es mir so schlecht, den bösen Menschen so gut? Jedes solches »warum?« ist ein Zweifel an der Güte und Gerechtigkeit Gottes und deshalb vom Teufel.

Auch in diesem Bereich kann es zu Zwängen kommen, zum einen zu zwanghaften Vorstellungen der Verlorenheit, fehlender Sündenvergebung bis hin zur Sünde wider den Heiligen Geist, zum anderen zu zwangshaften Zügen der Vollkommenheit, des Perfektionismus, der [eingebildeten] Sündlosigkeit (1. Johannes 1, 8+9).

Quelle:

Hans RohrbachMan muß dafür bezahlen – Auswirkungen okkulter Einflüsse. In: PORTA, Heft 42, S. 3-5 / Heftthema: Okkultismus und Seelsorge (Zeitschrift der Studentenmission in Deutschland – Akademikerarbeit/Frühjahr 1988, ISSN: 0177-8048)

Siehe auch:

Hans Rohrbach: Anfechtungen und ihre Überwindung (externer Link zu horst-koch.de)

Bibelverse zum Thema: Anfechtung

Lexikoneintrag: Anfechtung


Eingestellt am 26. Februar 2025 – Letzte Überarbeitung am 27. März 2025