Jesaja 28, 16-24 (Kroeker)

16  Und der HERR spricht: Darum daß die Töchter Zions stolz sind und gehen mit aufgerichtetem Halse, mit geschminkten Angesichtern, treten einher und schwänzen und haben köstliche Schuhe an ihren Füßen,
17  so wird der HERR den Scheitel der Töchter Zions kahl machen, und der HERR wird ihr Geschmeide wegnehmen.
18  Zu der Zeit wird der HERR den Schmuck an den köstlichen Schuhen wegnehmen und die Heftel, die Spangen,
19  die Kettlein, die Armspangen, die Hauben,
20   die Flitter, die Gebräme, die Schnürlein, die Bisamäpfel, die Ohrenspangen,
21  die Ringe, die Haarbänder,
22  die Feierkleider, die Mäntel, die Schleier, die Beutel,
23  die Spiegel, die Koller, die Borten, die Überwürfe;
24  und es wird Gestank für guten Geruch sein, und ein Strick für einen Gürtel, und eine Glatze für krauses Haar, und für einen weiten Mantel ein enger Sack; solches alles anstatt deiner Schöne.

Das Urteil über Jerusalems vornehme Frauen

Kein Volk kann sich dauernd mit seiner inneren Fäulnis innerhalb der Geschichte verbergen. Mit den Korruptionen und der Mißwirtschaft Hand in Hand gingen in Israel der Luxus und die Hoffart* der Frauen. Auch sie teilten die Schuld an dem Untergang ihres Volkes, bilden sie als der Herd der Familie doch neben den regierenden Organen mit den wesentlichsten Faktor für den starken Aufbau und das sittliche Gedeihen eines Volkes.

*) arrogante, dünkelhafte Haltung; überhebliches Auftreten

Werden erst die Keimzellen eines völkischen Lebens, die Frau mit dem Familienherd, zur verborgenen Brutstätte des Verderbens, dann reift ein Volk alsbald auch in seinem öffentlichen Leben für seinen Untergang aus.  Man glaubt, ein Bild unserer modernen Großstädte oder das zerrüttete Familienleben unserer Tage zu sehen, wenn der Prophet das Frauenleben der vornehmen Welt seiner Zeit schildert.

„Und Jahve sprach: Deshalb, weil die Töchter Zions hochmütig geworden sind, mit gestrecktem Halse einherziehen, die Augen schminken, abgemessenen Schrittes gehen und durch ihr unweibliches Auftreten Sündenreiz verbreiten wollen darum nimmt der Herr dem Scheitel der Töchter Zions den Haarschmuck, und Jahve ist es, der sie jeden
Reizes bar machen wird.“

Wie sollen solche Frauen Mütter werden und den sittlichen Herd einer Familie bilden? Ihnen wird jedes Kind zur Qual, jede Mutterpflicht zu einem unerträglichen Hemmnis ihres sinnlichen Genußlebens. Sie entziehen dem Kinde ihre Liebe und vertrauen dessen Erziehung Ammen und Dienerinnen an, und zwar so lange, bis dieses groß genug ist, um es an ihrem Hoffarts= und Genußleben teilnehmen zu lassen.

Niemals kann aus dem Geiste solch eines Frauenlebens der Geist einer starken Zukunft entstehen. Sind die Quellen vergiftet, dann erstirbt das Leben, das deren Wasser trinkt. Wie unendlich viele Beispiele aus der Geschichte bis in die jüngste Vergangenheit hinein ließen sich als Beleg heranziehen, wie verderbenbringend und weiteste Kreise verseuchend
Frauen sein konnten, wenn sie den Schleier wahrer Weiblichkeit von sich warfen und ihre sinnlichen Reize in den Dienst der Gemeinschaft stellten! Von welch weittragenden Folgen konnten im politischen Leben die Entscheidungen von Männern werden, die — von der Sinnlichkeit einer Frau beherrscht — wie Simson am Busen einer Delila lagen!

Um der Errettung einer ferneren Zukunft willen läßt Gott solch eine herrschende Fäulnis in Revolutionen und Staatsumwälzungen ihr Gericht erleben. Am stärksten bricht in diesen in der Regel das zusammen, was am meisten öffentlich durch die Sünde großgezogen worden war. Daher sagt auch der Prophet von der Tochter Zions:

„… und sie selbst muß ganz verödet zu Boden sitzen, es müssen sieben Frauen sich an einen Mann anklammern an jenem Tage und sprechen: Unser eigen Brot wollen wir essen und in unser eigen Gewand uns kleiden, nur werde dein Name über uns genannt, laß uns nicht der Schande verfallen!“ (Kap. 3, 264, 1)

(Jakob Kroeker)

Quelle:

Das lebendige Wort. Eine Einführung in die göttlichen Gedankengänge und Lebensprinzipien des Alten Testaments in 15 Bänden.
Band 5: Jesaja – Teil 1 (Jesaja 1-39) Immanuel und die Völker. Von Jakob Kroeker (Überarb.: Hans Brandenburg) [Digitalisat als pdf-, epub- oder Word-Datei, bei Sermon Online]


Übersicht: Der Prophet Jesaja

Eingestellt am 29. August 2024