Der Christ und die Obrigkeit – Eine Frage des christlichen Zeugnisses

Die Zeit, in der die Apostel lebten, war geprägt von Gewaltherrschaft, Tyrannei, Korruption, Unterdrückung und Verfolgung. Die Herrscher jener Epoche glaubten nicht
an Gott und verehrten Götzen. Die römischen Cäsaren regierten mit blutigem Zepter. Die Herodes-Dynastie war – mit Ausnahme von Herodes Agrippa – eine willkürlich mordende Familie. Auch die Apostel wurden zur Zeit ihres Wirkens in Jerusalem mit Gewalt daran gehindert, das Evangelium Jesu zu verkündigen. Der Statthalter Felix war ein korrupter Mann, der sich von Paulus Bestechungsgeld erhoffte (Apg. 24, 26). Zahlreiche Vorsteher der Städte, in die Paulus mit der Botschaft des Evangeliums kam, handelten gemein, hinterhältig und zum Teil gewaltsam. Die Apostel starben vermutlich alle den Märtyrertod – mit Ausnahme von Johannes, der unter Kaiser Domitian auf die Insel Patmos verbannt wurde. Petrus und Paulus wurden unter der Herrschaft des grausamen Kaisers Nero in Rom hingerichtet. Dennoch riefen die Apostel nie zu Aufstand, Widerstand oder zivilem Ungehorsam auf, sondern zu Gehorsam und Unterordnung. Es ist geradezu auffällig, dass keiner von ihnen ein Wort gegen die bestehende Regierung sagte.

Einige Bibelstellen zu Christ und Obrigkeit

«Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst» (1. Tim.  2, 1-2).

«Erinnere sie daran, Obrigkeiten und Gewalten untertan zu sein, Gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein» (Tit. 3, 1).

«Unterwerft euch jeder menschlichen Einrichtung um des Herrn willen: es sei dem König als Oberherrn oder den Statthaltern als denen, die von ihm gesandt werden zur
Bestrafung der Übeltäter, aber zum Lob derer, die Gutes tun. Denn so ist es der Wille Gottes, dass ihr dadurch, dass ihr Gutes tut, die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringt.» (1. Petr. 2, 13-15).

«Da spricht er zu ihnen: Gebt denn dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist» (Mt. 22, 21).

Um ein alttestamentliches Beispiel zu nehmen: Wir sehen in der Reaktion Davids gegenüber Saul ein grosses Zeugnis:

«Und er sprach zu seinen Männern: Das lasse der HERR ferne von mir sein, dass ich so etwas tue und meine Hand an meinen Herrn, den Gesalbten des HERRN, lege; denn er ist der Gesalbte des HERRN!» (1. Sam 24, 7).

Diese Texte sprechen eine deutliche Sprache. Sie zu verdrehen, um Ungehorsam zu rechtfertigen oder sie zu den eigenen Gunsten auszulegen, ist keine gute Sache. Es gibt ein Auslegungsprinzip, das lautet: «Wenn der einfache Sinn eines Bibeltextes Sinn ergibt, dann suche keinen anderen Sinn – denn daraus entsteht nur Unsinn.»

Die richtige Haltung gegenüber der Obrigkeit

Paulus betont in Römer 13, 1, dass wir der Obrigkeit untertan sein bzw. uns ihr unterordnen sollen. Die MacArthur-Studienbibel merkt dazu an: «Dieses griechische Wort verwendete man für den bedingungslosen Gehorsam eines Soldaten gegenüber seinem Vorgesetzten.»

Der Apostel führt weiter aus, dass die jeweils bestehenden Obrigkeiten von Gott eingesetzt sind (Röm 13, 1.4). Der Allmächtige ist die höchste Autorität. Er setzt Könige ab und setzt Könige ein (Dan 2, 21). Wer sich den Regierenden widersetzt, widersetzt sich Gott (Röm 13, 2.4) und zieht damit ein göttliches Urteil auf sich (Röm 13, 2.4). Wer hingegen Gutes tut, hat nichts zu befürchten (Röm 13, 3). Wir sollen für die Obrigkeiten beten – das ist das genaue Gegenteil von Rebellion (2. Tim. 2, 1-2). Gebet kann Politik
verändern. Dabei sollen wir nicht nur gehorsam sein, sondern darüber hinaus zu jedem guten Werk bereit (Tit 3, 1). Petrus spricht von einer Unterordnung «um des Herrn wil-
len» (1. Petr 2 ,13). Und Jesus sagt, dass wir dem Kaiser geben sollen, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.

Diese Aufforderungen galten selbst in Zeiten, in denen die Regierenden ungerecht handelten und das Christentum verfolgten. Das Neue Testament ruft uns sogar dazu
auf, Leid und Verfolgung zu ertragen und darin Gott treu zu bleiben:

Die richtige Haltung ergibt sich daraus wie folgt:

•  Sei nüchtern, das heisst wachsam und ausgeglichen
•  Leide Trübsal
•  Tu das Werk eines Evangelisten
•  Vollführe deinen Dienst

Wenn wir all das lesen, erkennen wir, was die Bibel von uns fordert. Wir sollen als Christen anders reagieren als die Welt. Wir sollen uns von ihr unterscheiden und ein Licht sein – ein Hinweis auf Gott. Deshalb heisst es:

«So übe das Gute aus» (Röm 13, 2)
«Betet für Könige» (1. Tim. 2, 2)
«Zu jedem guten Werk bereit sein» (Tit. 3, 1)
«Um des Herrn willen» (1. Petr. 2, 13)
«Denn so ist es der Wille Gottes, dass ihr dadurch, dass ihr Gutes tut, die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringt» (1. Petr. 2, 15)

In seinem Kommentar zu 1. Petrus 2, 13 zitiert William MacDonald den Ausleger Lyall, der sagt:

«Die endgültige Antwort des Christen gegenüber Verfolgern, Gegnern und Kritikern ist ein tadelloses Leben, ein Verhalten, das über jede Kritik erhaben ist, und Unterordnung als loyale Staatsbürger. Insbesondere […] die Unterordnung ist eine christusähnliche Tugend.»

Zu beachten ist ausserdem Folgendes:

• Bei uns gibt es (noch) keine Christenverfolgung.
• Unsere Strassen sind voller Plakate mit biblischen Sprüchen.
• Wir dürfen das Evangelium über Fernsehen, Radio und Internet verbreiten. Wir dürfen es von Kanzeln predigen und ungehindert in literarischer Form veröffentlichen.
• Wir dürfen freie Gottesdienste halten.
• Wir dürfen Freiversammlungen organisieren und biblische Schriften öffentlich weitergeben.
• Unsere Versammlungen stehen sogar unter dem Schutz der Obrigkeit.

So zu tun, als würden wir bereits verfolgt, entspricht nicht der Wahrheit. Für manche öffentliche Veranstaltungen braucht es Genehmigungen. Diese dienen jedoch nicht dazu, das Evangelium zu behindern, sondern gelten für alle Gruppen gleichermassen und sind Teil eines gemeinsamen Sicherheitskonzepts. Wenn wir beispielsweise grössere Anlässe
auf unserem Missionsgelände durchführen, sind wir verpflichtet, Schutzmassnahmen umzusetzen. Diese  einer Kommission geprüft, und die Genehmigung wird erteilt. Halten wir uns nicht daran, verfallen wir dem Urteil (Röm 13, 2) – nicht, weil man uns verfolgen will, sondern weil wir staatliche Vorgaben, die für alle gelten, missachtet haben.

Wir sollen für die Obrigkeiten beten – das ist das genaue Gegenteil von Rebellion. Gebet
kann Politik verändern.

(Hartmut Jaeger)

In: Mitternachtsruf, Ausgabe Juli 2025, S. 18-29 [pdf]
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Eingestellt am 24. September 2025