Epheser 5, 14: Wache auf, der du schläfst!

„Darum heißt es: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ (Epheser 5, 14)

Ein erweckter Christ, auch der eifrigste, hat sich vor nichts mehr zu fürchten als vor dem Einschlafen. Je höher die Flamme der Inbrunst steigt, desto tiefer sinkt sie herab. Je schneller das Feuer auflodert, desto schneller erlischt es wieder, wenn nicht immer Reiser zugelegt werden. Wer schläft, dem scheint die Sonne nicht. Wer nicht erwacht oder sich nicht losreißt von Trägheit, nicht sein Auge erhebt, den erleuchtet Christus, das Licht, nicht. Wachsamkeit, Nüchternheit muß täglich erneuert werden, sonst werden wir den andern Toten in dieser Welt, die nie vom Schlafe oder Tode erwachten, gleich werden und gleichen Lohn empfangen, wenn wir mit ihnen im Schlafe gefunden werden, von dem, der wie ein Dieb in der Nacht kommt.

Paulus schrieb obige Worte auch an erweckte, begnadigte Christen zu Ephesus und Thessalonich, die er übrigens sehr lobte. Aber auch in der besten Gemeinde, unter den Eifrigsten gibt es doch immer Einige, die sich zum Schlafen sehr hinneigen, die immer des Weckens bedürfen, wenn sie nicht im Tode entschlafen sollen. Manche träumen im Schlafe so lebhaft, daß sie sich für wachend und lebendig halten. Sie zürnen, wenn man sie wecken will. Diese haben den stärksten Schlaf, die nur Gott mit einer starken Weckstimme, oder mit tüchtigen Schlägen und Stößen wecken kann. Der Herr wolle durch seine Gnade uns Alle wecken, wir mögen sanft oder stark schlafen. Denn die schlafenden Jungfrauen verschlafen die Hochzeit, und übersehen den Bräutigam. Sie kommen zu spät – nach der Torsperre.

(Johannes Goßner)

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Ein Christ wagt zuviel, wenn er sich in Weltgesellschaften begibt, wo die Tinktur der Hölle duftet und die Luft mit Schlangengift angefüllt ist. Unter Dieben und Räubern bestünde gewiß weniger Gefahr für ihn als unter fleischlichgesinnten, leichtsinnigen Menschen. Das Höllengift garstiger, unzüchtiger Reden dringt unvermerkt in die Seele ein. Unser Geist sitzt ohnehin in einer gefährlichen Herberge; wir tragen ein Herz im Leibe, das immerdar den Irrweg will, und das schnell entzündet werden kann, dem daher niemals zu trauen ist. Liebe Seele, wenn du vor Gefahren, in denen schon viele umgekommen sind, nicht heilsam erschrickst, so handelst du unbedacht, und es könnte bei dir heißen: „Wer sich gerne in Gefahr begibt, der verdirbt darinnen“ (Sir. 3, 27).

Kinder des Lichts hassen die Finsternis; es ist ihnen eine Plage, wenn sie dieselbe fühlen müssen. Sie wollen dem Herrn, ihrem Gott, die Kräfte ihres Leibes und ihrer Seele nicht verderben; denn sie wissen, daß Jesus sie mit seinem teuren Blute erkauft hat, daß ihre Leiber Christi Glieder sind und Tempelwohnungen des heiligen Geistes sein sollen. Sie lernen denken, wie ihr Vater im Himmel denkt; und sollte ihnen ein böser Gedanke kommen, so beherbergen sie denselben nicht und geben ihm keine Nahrung; denn sie wissen wohl, daß er in der Lichtsgemeinschaft Gottes nicht bestehen kann. Siehe also zu, lieber Christ, wie du dich verhältst! Du willst selig werden, so bedenke doch, daß ohne Heiligung niemand den Herrn sehen wird. In den Himmel darf man nicht nur so hineinstolpern, wie hier unten manche in die Versammlungen der Frommen hereinkommen.

Wenn wir gegen das Gnadenleben in uns gleichgültig sind, so ist dasselbe gewiß noch sehr schwach und sollte deswegen um so mehr in acht genommen werden. Wer sein unmündiges Geistesleben Gefahren aussetzt, in denen schon viele verdorben sind, der hat nicht viel geistlichen Adel und Würde. Wie leicht kann er der Reinigung seiner vorigen Sünden vergessen, und es könnte dann bei ihm der letzte Betrug ärger werden, als der erste war! Ich habe gutgesinnte Seelen kennen gelernt, die ein gewisser Neid quälte, weil ihnen der mannigfaltige Sinnengenuß der Weltmenschen, den sie sahen, versagt war. Sie kamen auf den Gedanken, ob denn den Kindern Gottes nichts vergönnt sei und den andern alles allein gelassen werden müsse. In dieser Gesinnung haben sie dem Fleisch Freiheiten eingeräumt und – sind zu Grunde gegangen. Soll denn ein Christ Mitgenosse am Schweinetrog sein? Kann er den Geist Gottes haben, wenn er das will? Ich glaube nicht; wer den zeitlichen Sinnengenuß für Seligkeit hält, wird einst mit den Kindern des Unglaubens ernten müssen, was er gesäet hat.

Wir wohnen zwar unter sogenannten Christen; aber diese sind großenteils so ausgeartet, daß der Unterschied zwischen ihnen und den Heiden in der apostolischen Zeit nur ein geringer ist. Da kann ein Kind Gottes, das noch nicht genug von der Welt geschieden ist, schändliche und greuliche Dinge hören und sehen müssen. Das bringt großen Schaden. Die Weltkinder werden euch niemals scheuen lernen, wenn ihr euch nicht ernstlich von ihnen absondert, ohne Not nie in ihrer Gesellschaft auftretet und nicht durch vielen Umgang mit Gott Klarheit und Geisteskraft erlangt habt und daher als Lichter der Welt bekannt geworden seid. Wollt ihr als Christen geachtet und gescheut werden, so machet euch rar unter der Weltgesellschaft; denn was heilig ist, soll nicht gemein gemacht werden.

Bleibet weg, gehet aus von Babel, und sondert euch ab! Sollte es aber einmal nicht anders sein können, und ihr müsset mit der Welt zu tun haben, so stärket euch in Gott, und waget ja nichts auf euch selbst und auf eure eigene Kraft! Bedenket stets, daß wir auch noch Fleisch und Blut an uns haben! Wird aber Böses von ihnen geredet oder getan, so seid nicht stumm, sondern bestrafet das Böse mit allem Ernst! Es ist wohl wahr, daß man auch unzeitigen Eifer haben kann, und daß nur ein Wort, geredet zu rechter Zeit, wie ein goldner Apfel in silberner Schale ist. Aber warum ist denn bei manchen die Zeit, das Böse zu strafen, gar nie vorhanden? Warum verteidigen sie die Wahrheit nie oder doch sehr selten? Warum sitzen sie überall als dummes Salz und lassen sich zertreten? Nicht wahr, darum, weil ihnen an Gunst und Gefallen der Welt zu viel gelegen ist, und weil sie die Welt noch mehr lieben als die Wahrheit? Solche bereiten ihrem Herrn keine Ehre, sondern Schmach und Schande. Sie liegen auch als Steine des Anstoßens vor den Versammlungstüren der wahren Kinder Gottes, weil nach ihnen alle beurteilt werden. Welche Verantwortung laden solche sich auf!

Siehe, Freund, von solcher Bedeutung ist diese Sache! Darum habe doch keine Gemeinschaft mit den Kindern der Finsternis! Siehst du, wie sie Werke der Finsternis ausüben, so schweige ja nicht dazu, damit diese nicht auf deine Rechnung kommen.
Wenn ich erleuchtet bin, die Gnade Gottes empfangen habe, und also mit der Fülle der Herrlichkeit mehr oder weniger erfüllt bin, so bin ich dies ja nicht für mich allein. Als ein Glied am heiligen Jesusleibe bin ich verpflichtet, meinen Mitgliedern mit der Gabe zu dienen, die ich empfangen habe. Oder – Gott lehre es doch jeden bedenken! – möchte man diese Gnade vergeblich empfangen haben? Darf man sie nach eigenem Gutdünken benützen, oder aber unbenützt liegen lassen? Kann es dem Herrn einerlei sein, was man mit seiner Gabe tut oder macht? Wer sie nicht benützt, sündigt wider das Licht. Von den anvertrauten Pfunden der Bedienungsgaben hat man einst schwere Rechenschaft zu geben. Wer auch die Heiligungsgaben für seine Person nicht zu wahren trachtet, denselben nicht treu ist, bei dem werden sie sich nicht mehren, sondern mindern. Er wird immer geist- und kraftloser; es fehlt ihm daher an Tinktur- und Verwandlungskraft, und er wird in der Gemeine Jesu nicht viel Gutes ausrichten können. So könnte es mit einer Seele dahin kommen, – Gott wolle doch eine jede in Gnaden davor bewahren! – daß sie die Gnade Gottes vergeblich, ja mehr zu ihrem Schaden als zu ihrem Heile empfangen hat. Darum, o Seele, wer du auch bist, behandle sorgfältig, was dir vom Herrn geschenkt worden ist!

Ein treues Kind Gottes bedenkt fleißig, was ihm Jesus erbeten, erworben und aus Gnaden mitgeteilt hat. Es hält dies Gnadengeschenk höher denn alles, was man nennen mag, den Geliebten selbst, der also beschenken kann, ausgenommen. Aus zärtlicher Liebe zu diesem Lichts- und Seligkeitsbrunnen wird sich eine solche Seele sehr sorgfältig hüten, daß sie in keinem Stück den Miterlösten, für welche ihr Jesus sein teures Leben gelassen hat, anstößig oder ärgerlich sei. Wie sollte jemand den Geist und Sinn Jesu haben und sich nicht von dem, was andern an der Seele schaden könnte, sorgfältig enthalten? Wer das nicht könnte, berede uns nicht, daß er von Gott berufen sei, andre zu unterweisen und zu führen.

(Johann Michael Hahn)

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Das ist ganz gewiß. Wer auf Gefühle baut, versinkt immer wieder. Wer den Frieden in schönen Systemen und Glaubensformen sucht, geht irre. Wer in Rechtschaffenheit und Tugend Frieden begehrt, muß es mit Schmerzen erfahren, daß alle unsere Gerechtigkeit vor Gott nichts gilt. Auch dürfen wir nicht mit Gesängen und Gebeten den Frieden selber machen wollen. Erwärmung der Seele ist noch nicht Frieden. Berufene bleiben unglücklich, solange sie ihren Fuß auf irgend etwas außer dem Boden der Gnade setzen wollen. Jesus allein ist unser Friede, Eph. 2, 14. Es handelt sich nicht um Segnungen Gottes, sondern allein um Jesus und sein Verdienst. Lebensströme gehen fort und fort von Ihm aus. Bist du nun in Ihm, so hast du stets Überfluß. Reich ist, wer in Christo ist; arm bleibt, wer nur Segnungen sucht. Willst du bleibenden Frieden haben für deine Seele, so setze deine Hoffnung stets ganz auf die Gnade und bleibe bei Ihm, dem Gott des Friedens. Viele müssen sich leider durch eingepflanzte Meinungen, Menschensatzungen und durch Irrtümer mühevoll hindurchringen, bis sie endlich einfältig werden und ausrufen: „Ich habe nun den Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält, wo anders als in Jesu Wunden. …“ Welch schwere Umwege könnten wir uns doch ersparen, wenn wir dies erkennten! Jeder, der diese herrliche Erfahrung hat machen dürfen, ist verpflichtet, denen zu helfen, die noch im Finstern sitzen. Wer den Herrn hat, der hat alles. Wie sollte uns Gott mit Ihm nicht alles schenken? Wer Jesus nicht im Herzen wohnend hat, der schwebt immer wieder im Ungewissen und wird gar leicht durch allerlei Wind der Lehre hin und her getrieben. Präge es dir unauslöschlich ein, daß nur Jesus dein Friede ist.

(Markus Hauser)

Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter

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Eingestellt am 22. Februar 2022 – Letzte Überarbeitung am 8. September 2023