Hebräer 8, 6 (Roos)

Nun aber hat er ein besseres Amt erlangt, als der eines besseren Testaments Mittler ist, welches auch auf besseren Verheißungen steht. (Hebräer 8, 6)

Das bessere Testament, von welchem der Apostel redet, ist dasjenige, welches Christus bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls, und Jeremias (Kap. 31, 31) das Neue genannt hat. Es ist besser als dasjenige, welches Paulus das Alte oder das Erste nennt, Hebr. 8, 13; 9, 1. Die Stiftung des Alten Testaments, welches gemeiniglich ein Bund genannt wird, geschah nicht zur Zeit Abrahams, wiewohl da schon eine Vorbereitung dazu gemacht wurde, sondern bei und nach der Ausführung der Israeliten aus Aegypten, V. 9.

Dieses Alte Testament oder dieser erste Bund enthielt nicht nur Gebote, sondern auch Verheißungen, denn Paulus hat, da er sagte, das Neue Testament stehe auf bessern Verheißungen, deutlich anzeigt, daß das alte auch Verheißungen gehabt habe, wie denn Moses und die folgenden Propheten, welche den Bund Gottes noch weiter erklärten, viel Tröstliches geprediget haben.  Gott hat verheißen, Er wolle Israels Gott sein, und diese einige Verheißung reicht bis in’s ewige Leben hinein, auch hat Er dem Volk Israel namentlich viele geistliche und leibliche, irdische und himmlische Gaben zugesagt, und sie dabei nicht auf’s Verdienst der Werke, sondern auf den Glauben, welcher das Herz zum Gehorsam neigt, gewiesen. Wie konnte aber das Neue Testament besser als das Alte sein, und auf bessern Verheißungen stehen? Um dieses zu erkennen, muß man bedenken: daß

_  1) im Alten Bund geistliche Gaben zur wirklichen Mitteilung angeboten wurden, daß aber diejenigen geistlichen Gaben, welche Gott vermöge des Neuen Testaments den Glaubigen wirklich mitteilt, völliger und kostbarer als jene seien. Hiezu rechne man Alles, was Hebr. 8, 10 von der Einschreibung des Gesetzes in die Herzen im Gegensatz gegen den Zwang oder das strenge Regiment Jer. 31, 32, von der hellern Erkenntnis im Gegensatz gegen die vorige Dunkelheit (Hebr. 8, 11; 2. Petr. 1, 19), vom Geist der Kindschaft im Gegensatz gegen den Geist der Furcht und Minderjährigkeit (Röm. 8, 15; Gal. 4, 1-6), wie auch von der Vollendung oder vollkommenen Beruhigung des Gewissens (Hebr. 8, 12; 10, 22), geschrieben steht.

_ 2) Daß ferner das Kostbarste und Beste im Alten Bund sowohl durch Worte als auch durch Anstalten, welche Paulus Hebr. 10, 1. Schatten nennt, in der Ferne gezeigt, im Neuen Testament aber wesentlich dargestellt worden. Was war aber dieses? Christus und die ewig geltende Erlösung, die Er ausgeführt hat, wie auch die Ausgießung des Heiligen Geistes über alles Fleisch, und die Anrichtung einer hochbegnadigten Kirche, worin Juden und Heiden brüderlich vereinigt wurden. Bessere Verheißungen sind also erfüllte Verheißungen, und diese werden sonst ein Evangelium genannt. Ferner bedenke man, daß

_ 3) die vielen Anstalten, welche der Alte Bund in sich faßte, und welche Schatten des zukünftigen Guten waren, zu einem schweren, ja unerträglichen Joch wurden, Ap. Gesch. 15, 10, und daß dieses Joch durch das Neue Testament abgetan sei, folglich es auch deswegen auf bessere Verheißungen stehe.

_ 4) Auch in der seligen Ewigkeit hat sich der Vorzug des Neuen Testaments vor dem Alten gezeigt, weil die Gläubigen des Alten Testaments nicht ohne die Gläubigen des Neuen Testaments vollendet werden konnten, Hebr. 11, 40.

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle: Glaubensstimme – Hebräer, Kapitel 8


Eingestellt am 14. März 2025