Sollt ich meinem Gott nicht singen (Gerhardt, EG 325, Evang.-luther. Gesangbuch 1872 #73)

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Sollt ich meinem Gott nicht singen · Bach-Chor Siegen ·
Die schönsten Choräle von Paul Gerhardt ℗ 2007 Gerth Medien

Bekenntnis.

1) Sollt ich meinem Gott nicht singen,
Sollt ich ihm nicht dankbar sein?
Denn ich seh in allen Dingen,
wie so gut er’s mit mir mein‘.
Ist doch nichts als lauter Lieben,
das sein treues Herze regt,
das ohn Ende hebt und trägt,
die in seinem Dienst sich üben.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

2) Wie ein Adler sein Gefieder
Über seine Jungen streckt,
also hat auch hin und wieder
mich des Höchsten Arm bedeckt,
alsobald im Mutterleibe,
da er mir mein Wesen gab
und das Leben, das ich hab
und noch diese Stunde treibe.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

3) Sein Sohn ist ihm nicht zu teuer,
nein, er gibt ihn für mich hin,
dass er mich vom ewgen Feuer
durch sein teures Blut gewinn.
O du unergründ’ter Brunnen,
wie will doch mein schwacher Geist,
ob er sich gleich hoch befleißt,
deine Tief ergründen können?
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

4) Seinen Geist, den edlen Führer,
gibt er mir in seinem Wort,
dass er werde mein Regierer
durch die Welt zur Himmelspfort,
dass er mir mein Herz erfülle
mit dem hellen Glaubenslicht,
das des Todes Macht zerbricht
und die Hölle selbst macht stille.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

5) Meiner Seele Wohlergehen
hat er ja recht wohl bedacht;
will dem Leibe Not entstehen,
nimmt er’s gleichfalls wohl in Acht.
Wenn mein Können, mein Vermögen
nichts vermag, nichts helfen kann,
kommt mein Gott und hebt mir an,
sein Vermögen beizulegen.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

6) Himmel, Erd und ihre Heere
hat er mir zum Dienst bestellt;
wo ich nur mein Aug hinkehre,
find ich, was mich nährt und hält:
Tier‘ und Kräuter und Getreide
in den Gründen, in der Höh,
in den Büschen, in der See,
überall ist meine Weide.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

7) Wenn ich schlafe, wacht sein Sorgen
und ermuntert mein Gemüt,
dass ich alle lieben Morgen
schaue neue Lieb und Güt.
Wäre mein Gott nicht gewesen,
hätte mich sein Angesicht
nicht geleitet, wär ich nicht
aus so mancher Angst genesen.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

8) Seine Strafen, seine Schläge,
ob sie mir gleich bitter seind,
dennoch, wenn ich’s recht erwäge,
sind es Zeichen, dass mein Freund,
der mich liebet, mein gedenke
und mich von der schnöden Welt,
die uns hart gefangen hält,
durch das Kreuze zu ihm lenke.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

9) Das weiß ich fürwahr und lasse
mir’s nicht aus dem Sinne gehn:
Christenkreuz hat seine Maße
und muß endlich stille stehn.
Wenn der Winter ausgeschneiet,
tritt der schöne Sommer ein:
also wird auch nach der Pein,
wer’s erwarten kann, erfreuet.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

10) Weil denn weder Ziel noch Ende
sich in Gottes Liebe find’t,
ei so heb ich meine Hände
zu dir, Vater, als dein Kind;
bitte, wollst mir Gnade geben,
dich aus aller meiner Macht
zu umfangen Tag und Nacht
hier in meinem ganzen Leben,
bis ich dich nach dieser Zeit
lob und lieb in Ewigkeit.

Liedtext: 1653, Paul Gerhardt (1607-1676) »Praxis pietatis melica«
Melodie: 1641, bei Johann Schop (1590-1667), Choralbuch 170 (10);
um 1800, A.P. Bertsch, Choralbuch 171 (11).

Im Evangelisch-lutherischen Gesangbuch von 1872 umfaßt das Lied (Nr. 73) 12 Strophen; es finden sich dort zusätzlich die folgenden Liedverse, numeriert als Strophen 8 und 9:

8) Wie so manche schwere Plage
wird vom Satan hergeführt,
die mich doch mein Lebetage
niemals noch bisher berührt.
Gottes Engel, den er sendet,
hat das Böse, was der Feind
anzurichten war gemeint,
in die Ferne weggewendet.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

9) Wie ein Vater seinem Kinde
sein Herz niemals ganz entzeucht,
ob es gleich bisweilen Sünde
Thut und aus der Bahne weicht:
Also hält auch mein Verbrechen
mir mein frommer Gott zu gut,
will mein Fehlen mit der Ruth‘
und nicht mit dem Schwerte rächen.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

Der Liedtext besteht ursprünglich aus zwölf Strophen zu je zehn Zeilen mit vierhebigen Trochäen mit abwechselnd männlichen und weiblichen Endungen. Die Reimform kombiniert die drei klassischen Schemata (Kreuzreim, Umarmender Reim, Paarreim) und lautet in jeder Strophe: ABABCDDCEE. (nach Wikipedia)


Weblinks und Verweise

Eingesungen: Liedvortrag von Kantor Arnd Pohlmann (Strophe 1, mp3, externe Links  zu eingesungen.de)

Andreas Marti: «Sollt ich meinem Gott nicht singen». Ein Lied der Kernliederliste, in: Musik und Gottesdienst 66, 2012, S. 63–66. Online (im pdf-Format)

Liedeintrag bei Christliche Liederdatenbank

Liedeintrag bei Hymnary.org
Notensatz, 4stimmig, ohne Liedtext (Joh. Schop, pdf, midi-File, jeweils externe Links zu Hymnary.org)

Liedeintrag bei Wikipedia (DE)

Notensatz im NWC-Format (J. Schop 1641, einsehbar und spielbar mit dem NoteWorthy Composer Viewer; jeweils externe Links zu Hymnary.org und noteworthycomposer.com)
Hinweis zum nwc-Format: NWC (NoteWorthy Composer) ist ein Notations- und Kompositionsprogramm für Windows. Die damit erhaltenen Notensätze können angesehen und gleich vorgespielt werden. [Downloadmöglichkeit des NoteWorthy Composer Viewer (Free)]

Lied Nr. 76, in: Paul Gerhardts sämtliche Lieder. Jubiläums-Volksausgabe. Zwickau i. S., Verlag und Druck von Johannes Herrmann. 1906. Inhaltsverzeichnis. (jeweils externe Links zu Projekt Gutenberg)


Eingestellt am 25. Oktober 2023 – Letzte Überarbeitung am 15. April 2025