So selig führt der Herr die lieben Seinen (von Zinzendorf)

Treue und Wahrhaftigkeit Gottes.

Mel.: So führst du doch recht selig etc.

1. So selig führt der Herr die lieben Seinen,
Daß jedermann darob erstaunen muß:
Bald giebt er ihnen Thränen g’nug zu weinen,
Bald labt er sie mit seinem Ueberfluß.
Sein Vaterherz ist immer gut für sie,
Und wenn ihr Fuß nur seine Wege geht,-
Wenn schon der Sinn nicht viel davon versteht, –
So merkt man bald, daß uns die Liebe zieh‘.

2. Wohl denen, die ihr Leben aufgegeben
Und in den Tod des Herrn begraben sind!
Denn also fangen wir recht an zu leben,
Wenn’s Fleisch verliert, und wenn der Geist gewinnt.
Wohl denen, welchen nichts als Gott bewußt,
Dem alles auf einmal ins Auge fällt!
Er hat ein Herz, das ewig Treue hält,
Und Gutes thun ist seine Fürstenlust.

3. Warum wird doch das Volk des Herrn nicht weiser
Und trauet ihm von nun an alles zu
Und baut aufs Wort des Gottes Jakobs Häuser,
Daß, was er spricht, er auch unfehlbar thu‘?
Wir setzen Gut und Blut und Ehre dran,
(Denn also hat es sich bei uns gezeigt)
Daß Gott, der Held in Israel, nicht leugt; –
Es glaub es, wer da will und wer da kann!

4. Bedenkt man Gottes alte Wunderthaten,
So traut man ihm von Tag zu Tage mehr;
Doch giebt er immer Neues auf zu raten,
Stets fließen neue Gnadenwunder her.
Darüber staunet Sinn und eig’ne Wahl,
Doch ist es immer seine Liebeshand;
Hab‘ er gegeben oder auch entwandt,
So finden es die Seinen allemal.

5. O treuer Herr, gieb uns des Glaubens Segen,
Den deine Hand auf deine Kinder legt!
Wir wünschen uns der Salbung sanftes Regen,
Darin das Herz sich seliglich bewegt.
Komm, mach uns alle deinem Tode gleich,
Der du am Kreuz umgeben warst mit Schmach;
Dein Leben zieh uns dir ins Leben nach
Und setz‘ uns einst zur Pracht in deinem Reich!

Liedtext: Nikolaus Ludwig Graf v. Zinzendorf (1700-1760)
Melodie: Johann Georg Stötzel (1711-1793)
Stötzel’s Choralbuch, Stuttgart 1744.

Quelle:

Lied Nr. 78, in:  Albert Knapps Evangelischer Liederschatz für Kirche, Schule und Haus. Eine Sammlung geistlicher Lieder aus allen christlichen Jahrhunderten.
In vierter Ausgabe neu bearbeitet und bis auf die Gegenwart fortgeführt von Joseph Knapp, Stadtpfarrer an der Stiftskirche in Stuttgart. Stuttgart 1891, Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger. [S. 45; Digitalisat]

Ursprüngliche Textfassung (Herrnhut 1735):

LIV. Auf der bißherigen Jnſpectorin im
Stifte zu Beretelsdorf, Fraͤulein von Zeſch-
witz, Verheyrathung mit dem Herrn
Rentmeiſter Buchs.

SO ſelig fuͤhrt der HErr die lieben Seinen,
Daß jederman darob erſtaunen muß:
Bald giebt er ihnen Waſſer gnug zu weinen,
Bald labt er ſie mit ſeinem Ueberfluß.
Sein Vater-Hertz iſt immer gut vor ſie:
Und wenn ihr Fuß nur ſeine Wege geht,
Wenn ſchon der Sinn nicht viel davon verſteht;
So merckt man bald, daß uns die Liebe zieh.

Wohl denen, die ihr Leben aufgegeben,
Und in den Tod des HErrn begraben ſind:
Denn alſo fangen wir recht an zu leben,
Wenns Fleiſch verliert, und wenn der Geiſt gewinnt.
Wohl denen, welchen nichts als GOtt bewuſt.
Dem alles Ding ſo gleich ins Auge faͤllt,
Der hat ein Hertz, das ewig Treue haͤlt,
Und Gutes thun iſt ſeine Fuͤrſten-Luſt.

Warum wird doch das Volck des HErrn nicht weiſer,
Und trauet ihm von nun an alles zu,
Und baut aufs Wort des GOttes Jacobs Haͤuſer,
Daß, was er ſpricht, er auch unfehlbar thu.
Wir ſetzen Gut und Blut und Ehre dran,
(Denn alſo hat es ſich bey uns gezeigt,)
Daß GOtt der Held in Jſrael nicht leugt.
Es glaub es wer da will, und wer da kan.

Bedenckt man ſich, die alten Wunder-Thaten,
So traut man GOtt von Tag zu Tage mehr:
Doch heute giebſt du uns was aufzurathen,
Du Herrlicher und Unbegreiflicher!
Daruͤber Sinn und eignes Wehlen ſtutzt:
Denn, iſt es nicht, o Vater! deine Hand,
Die uns nur itzt dein werthes Kind entwandt,
Das uns bißher zu mancherley genutzt.

Wie ſelten ſind die auserwehlten Seelen,
Die Jungfern GOttes und des GOttes-Lamms,
Die keinen Pfad vor ihre Tritte wehlen,
Als nur den Gang des Seelen-Braͤutigams?
Wo iſt ein Hertz von dieſer argen Welt
Durchs Bundes-Blut vollkommen loßgekauft,
Auf unſern HErrn und ſeinen Tod getauft,
Und das ſich ſelbſt gleichwol vor gar nichts haͤlt?

Gelobet ſey die Niedrigkeit der Eſther,
Sie kannte nichts an ſich, als dein Geſchenck;
Auf gleiche Art war unſre liebe Schweſter,
Bey ſich allein der Gnaden eingedenck.
Das, was ein Chriſt von andern fodern kan,
Das richtete ſie alles treulich aus:
Sie ſcheute nicht ein armes Pflege-Hauß.
Und legte da ihr Pfund mit Wucher an.

Nun geht ſie hin, auf dein beſonder Wincken,
Der du in guten Wercken Schoͤpfer biſt:
Sie iſt bereit den Creutzes-Kelch zu trincken,
Der von der Lieb ihr vorbeſtimmet iſt:
Sie zeucht dahin mit einem frommen Mann,
Der JEſum nur, und ſie in JEſu liebt,
Der ſich dem HErrn mit ihr zugleich ergiebt.
Nimm dieſes dir ſo ſuͤſſe Opfer an.

Wir goͤnnen ihm den allerreichſten Segen,
Den deine Hand auf ihre Kinder legt:
Wir wuͤnſchen ihr der Salbung ſanftes Regen,
Darinnen ſich der gute Geiſt bewegt.
Diß liebe Paar ſey deinem Tode gleich,
Du ehemals Gecreutzigter in Schmach!
Dein Leben zieh es dir ins Leben nach,
Und ſetz es einſt zur Pracht in deinem Reich!

Quelle: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735. – Liz. CC BY-SA 4.0.
https://deutsches-textarchiv.de/book/view/zinzendorf_gedichte_1735?p=136

Weblinks und Verweise

Liedeintrag bei Christliche Liederdatenbank (in anderer Textfassung, J. A. Freylinghausen)

Liedeintrag bei Christliche Gedichte und Lieder

Zinzendorf, Count Nicolaus Ludwig bei Hymnary.org (englischsprachig)

Melodieeintrag mit 4st. Notensatz (im pdf-Format) und Audiofile midi (SCHWEINFURT – Stötzels Choralbuch, Stuttgart 1744, externe Links zu Hymnary.org)

Notensatz im NWC-Format (einsehbar und spielbar mit dem NoteWorthy Composer Viewer; jeweils externe Links zu Hymnary.org und noteworthycomposer.com)
Hinweis zum nwc-Format: NWC (NoteWorthy Composer) ist ein Notations- und Kompositionsprogramm für Windows. Die damit erhaltenen Notensätze können angesehen und vorgespielt werden. [Downloadmöglichkeit des NoteWorthy Composer Viewer (Free)]

Lied Nr. 776, in: Gesangbuch der Evangelischen (Herrnhuter) Brüdergemeine, Ausgabe 1967. Hrsg. von den Direktionen der evangelischen Brüder-Unität in Herrnhut u. Bad Boll.


Eingestellt am 23. März 2025