Und alle Zungen bekennen sollen, daß Jesus Christus der HERR sei, zur Ehre Gottes, des Vaters. (Philipper 2, 11)
Die Himmelfahrt ist die Thronbesteigung des Herrn Jesu. Nun hat er das Weltregiment angetreten, das ihm Gott verliehen hat, nachdem er sich zuvor bis in die tiefste Tiefe erniedrigt hatte.
Wir dürfen uns Glück wünschen, daß wir einen solchen Herrn haben. Er versorgt Seine Untertanen, Er nährt und pflegt sie, Er tritt fürbittend für sie ein beim Vater. Es ist etwas Herrliches, wenn man Ihn wirklich ganz Herr sein läßt. Oft möchte man sich selbst aus einer Verlegenheit heraushelfen oder aus mißlicher Lage emporarbeiten, aber es will nicht gelingen. Oder man sucht sich selbst zu verteidigen, seine Ehre zu retten und seine Würde aufrechtzuerhalten. Man regt sich auf, sucht viele Künste, und kommt dabei nur weiter von dem Ziel. Wie ruhig und kindlich heiter kann man sein, wenn man Ihn machen läßt! –
Solange Jesus in unserm Herzen und Leben noch nicht der Herr geworden ist, stehen wir unter dem traurigen Regiment der Lüste und Leidenschaften. Sie knechten und knebeln uns, sie entstellen und verwüsten das Seelenleben. Die Ehrsucht macht kalt und hart. Die Wollust hat Zerrüttung und Versumpfung im Gefolge. Die Geldgier tötet alle zarteren Empfindungen und macht das Herz hart wie Stein. Unter Jesu Herrschaft aber erlangen wir Freiheit und Wohlsein. Indem er uns unter Sein Zepter nimmt, werden wir uns selbst geschenkt und frei. Er ist eben der allein rechtmäßige Herr. Alle andern Herren haben uns unrechtmäßigerweise in Besitz genommen. Unter Ihm aber fühlen wir uns beglückt und wahrhaft in unserem Element.
Nun wollen wir Ihn aber auch ganz Herr sein lassen. Leicht singt man im Lied: „Einzig dich, Herzensheiland, meine ich“, oder: „Will gar nichts mehr sein noch gelten“. Aber im bestimmten, einzelnen Fall muß der Herr Jesus leider oft zurückstehen. Man überläßt nicht Ihm die Entscheidung, man trifft sie selbst. Laßt uns doch die Herrschaft das Herrn Jesu nicht beeinträchtigen durch unsern Eigenwillen, lassen wir ihn doch ganz über uns verfügen! Auch in der Heiratsfrage will und soll Er die Entscheidung haben. Aber ach, wie oft bestimmt man hier nach eigenem Belieben und Ermessen! Gar schwer fällt es auch, in Leiden und Ungemach von Herzen zu sprechen: Es ist der Herr; er tue, was ihm wohlgefällt! Es ist die Aufgabe unseres Lebens, daß wir die Herrschaft des Herrn Jesu in allen Punkten zur Durchführung gelangen lassen. Dann wird’s herrlich. –
Zuerst muß Jesus Christus als Herr anerkannt, dann soll er aber auch als solcher bekannt werden. Von allen Zungen soll er als Herr gepriesen werden. Dabei büßt Gott von seiner Ehre nichts ein. Im Gegenteil, er wird erst dadurch recht verherrlicht. Gott steht groß und anbetungswürdig vor uns in dem Maße, als uns Jesus groß und herrlich geworden ist. Laßt uns Jesu Namen über alle Namen rühmen! Hüten wir uns, aus Menschenfurcht zu schweigen oder gar den Herrn zu verleugnen!
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Die Erhöhung und Verklärung Jesu Christi folgte nicht nur auf Seine Erniedrigung und Entäußerung Seiner selbst, sondern Er wurde auch durch diese als der Mittler zwischen Gott und Menschen würdig, jene zu empfahen. Gott hat Jesum Christum erhöhet, weil Er Sich selbst vorher erniedriget hatte. Gott hat Ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, weil Er vorher freiwillig des völligen Genusses der göttlichen Herrlichkeit mangeln, und anstatt der vor ihm liegenden Freude das Kreuz erdulden wollen. Die Erniedrigung ging bis zum Tod am Kreuz, die Erhöhung aber reicht über Alles hinaus, was in dieser und in der zukünftigen Welt genannt werden mag. Bei der Enthaltung vom völligen Genuß der göttlichen Herrlichkeit nahm Er die Gestalt und den Namen eines Knechts an Sich, und litt und that, was einem Knecht zusteht: bei Seiner Verklärung aber gab Ihm der Vater einen Namen, der über alle Namen ist, und den Niemand weiß als Er selbst, Offenb. 19, 12. Dieser Sein Name ist Seine hohe Würde, mit welcher der völlige Genuß und Gebrauch der göttlichen Herrlichkeit und Macht verbunden ist. Die Würde, die der Vater Jesu Christo gegeben hat, ist so groß, daß kein Mensch und kein Engel sie ganz verstehen und begreifen kann, es sollen und müssen aber wegen derselben sich alle Kniee derjenigen, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind, vor Ihm beugen, und wer nicht freiwillig seine Kniee vor Ihm beugen will, wird durch die Offenbarung Seiner Herrlichkeit dazu genöthigt werden. Alle Zungen müssen bekennen, daß er der HErr sei, und mit einer unermeßlichen Kraft und Weisheit herrsche. Indem aber die Geschöpfe ihre Kniee vor Ihm beugen oder Ihn anbeten, und indem sie mit ihren Zungen bekennen, daß Er der HErr sei, so gereicht Solches zur Ehre Gottes des Vaters, der Ihn über Alles erhöhet, und Ihm einen Namen, der über alle Namen ist, gegeben hat.
Wir sind auf Erden, und sollen da unsere Kniee vor Jesu Christo beugen und Ihn unsern HErrn nennen. Wir wollen es auch gern thun, wie wir denn durch die Erlösung, die Er ausgeführt hat, auf’s Höchste dazu verpflichtet sind. Er nehme uns zur rechten Zeit in den Himmel auf, damit wir daselbst Ihm eine reinere Anbetung leisten und ein völligeres Lob geben können. Diejenigen, die unter der Erde sind, wissen auch von Ihm, weil Er nach Seinem Tod zur Hölle abgestiegen, und als ein Geist zu den Geistern im Gefängniß hingegangen ist. Diese wissen, daß Er der HErr sei, und zittern vor Ihm, diesen ist, wenn ihnen Seine Zukunft vor Augen gestellt wird, so zu Muth, wie Offenb. 6,15.16.17. geschrieben steht. Diese werden Ihn auch am jüngsten Tag mit großer Furcht einen HErrn nennen, wie Matth. 7, 22. 25, 11.24.44. Luk. 13, 25. gesagt wird. Vor der Gesellschaft dieser Unglückseligen bewahre uns die Gnade Jesu Christi, und Sein Geist mache uns zur freiwilligen Anbetung und Verehrung Seiner immer mehr tüchtig.
Quellenangaben:
Das Werk Gottes an der Seele.
Tägliche Andachten von Pfarrer Dr. Carl Eichhorn, 2. Auflage 1928.
Brunnen-Verlag, Gießen und Basel.
CLV Andachten (Archiv) ─ Andachten Philipperbrief ─ Philipper 2, 11
Glaubensstimme ─ Philipper, Kapitel 2
Diese Schriftstelle ist der Tagesvers vom 12. September 2025.