Da ward Jesus vom Geist in die Wüste geführt, auf daß er von dem Teufel versucht würde. (Matthäus 4, 1 LUT)
Niemand unter uns wird vom Geist getrieben, den Versuchungen des Teufels wissentlich entgegen zu gehen, oder sich an einen Ort zu begeben, wo er weiß, daß der Teufel seiner warte: dem HErrn Jesu aber, dessen menschliche Natur bei der Taufe ausnehmend gestärkt worden war, gebührte es, einen solchen Gang im Glauben und Gehorsam zu machen. Vom Heiligen Geist, der Seine menschliche Seele in Seiner Gewalt hatte, wurde Er in die Wüste oder in eine einsame Gegend, wo Niemand wohnte, geführt. Der Geist trieb Ihn, dahin zu gehen, und stellte Seinem menschlichen Verstand die Geziemlichkeit und Notwendigkeit dieses Ganges vor. Er entzog Sich hiermit den Ehrenbezeugungen, die Er von dem Johannes, der Ihn kurz vorher getauft hatte, und von allen redlichen Israeliten, welche bei dieser wichtigen Taufhandlung gewesen waren, oder davon gehört hatten, hätte empfangen können.
Der Geist führte Ihn in die Wüste, damit Er von dem Teufel versucht würde; dieses war der Zweck dieser Führung, denn der himmlische Vater wollte ein Wohlgefallen an der Treue haben, mit welcher Jesus die Versuchungen des Teufels überwinden würde. Dieses Ueberwinden gehörte auch in die Reihe der allervortrefflichsten Werke, mit welcher der Sohn Gottes die Schulden der Menschen bezahlen sollte. Gott sah nach der Schöpfung alles, was Er gemacht hatte, an, und siehe, es war sehr gut; als Er aber sah, daß der Teufel die Eva und den Adam überwand, mußte Er ein Mißfallen daran haben. Damit Er nun wieder einen vollkommenen Sieg über den Teufel mit Wohlgefallen ansehen könnte, mußte Jesus von ihm versucht werden. Zugleich mußte Jesus in Seiner menschlichen Natur eine Erfahrung von heftigen und gefährlichen Versuchungen bekommen, damit Er hernach in seinem Lehramt, und hernach, so lange die Welt steht, mit denen, die versucht werden, Mitleiden haben könnte.
Er wurde freilich nicht von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt, hingegen drangen die teuflischen Versuchungen in den vierzig Tagen, die Er fastend bei den Tieren zubrachte, desto schärfer auf Ihn, wiewohl der Heilige Geist für gut befunden hat, nur die drei letzten und schärfsten Anfälle aufschreiben zu lassen. Der HErr Jesus hat den Teufel in der Wüste, und so allenthalben und allezeit überwunden, und ist bei Seinen Versuchungen heilig, unschuldig und unbefleckt geblieben. In Ihm sollen wir auch überwinden, das ist, wir sollen den Willen des Teufels nicht tun, ob er uns gleich dazu reizt und treibt. Das klare und kräftige Wort Gottes wird bei uns immer den Ausschlag zum Sieg geben, wenn wir uns fest daran halten, gleichwie sich auch Jesus in Seinem Kampf daran gehalten hat. Weil aber unsere Seelen in den Versuchungen nicht so rein bleiben, wie die Seele des HErrn Jesu, und sich bei uns oft wenigstens eine heimliche Belustigung an der Sünde, ein Hang zur Sünde, ja zuweilen gar ein Fall in die Sünde ereignet, so sollen wir mit einer herzlichen Reue und Scham Jesum ansehen, und dabei glauben, daß Er durch Seine vollkommene Treue, womit Er des Teufels Versuchungen abgetrieben hat, und mit Seiner untadelhaften Reinigkeit, die Er dabei behauptet hat, unsere Gerechtigkeit worden sei.
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Ein heiliges Herz wird nicht von der Versuchung verschont: Jesus wurde versucht. Wenn uns der Satan versucht, so fallen die Funken auf Zunder; aber bei dem Herrn Jesu war‘s, wie wenn die Funken aufs Wasser fielen; und doch fuhr der Feind beharrlich in seinem bösen Beginnen fort. Wenn der Teufel schon da solche Anstrengungen macht, wo es umsonst ist, wie viel mehr wird er uns zusetzen, da er wohl weiß, wie leicht unsre Herzen Feuer fangen. Wenn dir vom Heiligen Geist auch ein großes Maß der Heiligung geschenkt worden ist, so mache dich dennoch darauf gefaßt, daß dich der große Höllenhund fort und fort anbellt.
Im Umgang mit den Menschen tritt uns die Versuchung nicht unerwartet entgegen, aber auch die Einsamkeit bewahrt uns nicht vor diesem Übel. Der Herr Jesus wurde aus der Gesellschaft der Menschen in die Wüste geführt und wurde vom Teufel versucht. Die Einsamkeit hat ihre Süßigkeit und ihren Segen und kann dazu dienen, Augenlust und hoffärtiges Wesen zu dämpfen; aber der Teufel schleicht uns auch in die köstliche Stille nach. Meine nicht, daß bloß die weltlich gesinnten Menschen schreckliche Gedanken und gotteslästerliche Versuchungen zu bekämpfen haben, denn auch geistlich gesinnte Seelen leiden unter derselben Anfechtung; und mitten in der heiligsten Stimmung werden wir oft von den furchtbarsten Versuchungen gequält. Die geheiligtste Sammlung des Geistes sichert uns nicht gegen die Anfechtung des Teufels. Der Herr Jesus war durch und durch geheiligt. Es war seine Speise und sein Trank, zu tun den Willen Dessen, der Ihn gesandt hatte; und dennoch wurde Er versucht!
Und wenn eure Herzen von Seraphimsflammen der Liebe zu Jesu lodern, so versucht der Satan dennoch, euch zu laodizäischer Lauheit herabzustimmen. Sage mir, wann Gott einem Christen gestattet, seine geistliche Waffenrüstung abzulegen, dann will ich dir sagen, wann Satan von seiner Versuchung abläßt. Wie einst die Ritter in Kriegszeiten, so müssen auch wir uns schlafen legen in voller Waffenrüstung mit Helm und Harnisch; denn der Erzbetrüger benutzt unseren ersten unbewachten Augenblick, um uns zur Beute zu erhaschen. Der Herr erhalte uns wachsam allezeit!
Quelle:
Weblinks und Verweise
Die geistliche Waffenrüstung (Überblick)
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