Lukas 2, 14 (Rosenius/Schlatter)

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens. (Lukas 2, 14)

So sang die vom Himmel herabgesandte Engelschar am Morgen der Geburt Jesu, als die Botschaft „Euch ist heute der Heiland geboren“ ausgerufen war. – Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“ – Wieviel mehr sollten wir, die wir dem so hoch gesegneten Menschengeschlecht angehören, wir, denen die fröhliche Botschaft eigentlich gilt, uns freuen und zum Preise des Herrn singen!

Dieses Thema ist in sich selbst groß, herrlich und erfreulich. Wer das göttliche Wunder Seiner Gnade und Liebe, das darin liegt und daraus hervorleuchtet, daß der ewige Gott wird ein Menschenkind, auf Heu und auf Stroh man den Schöpfer findet, als ganz und gar unser eigen, recht glauben und sehen könnte, würde kaum noch leben können. Der würde gewiß vor lauter unaussprechlicher großer Freude beständig ein ewiges, unaufhörliches „Ehre sei Gott in der Höhe“ singen. Niemand auf Erden wird dies wohl richtig glauben und vollkommen bedenken können. Aber die Gläubigen haben darüber doch, wie über alles das, was Christus getan hat, eine solche Freude, die sonst nichts anderes in der ganzen, weiten Welt schenken kann – eine solche Freude, die kein anderer je gehabt hat, keiner, der nicht wahrhaftig gläubig ist.

Daher kommt es auch, daß dieses Thema dir vortrefflich dient, wenn du einmal recht ernstlich den Gehalt und die Beschaffenheit deiner Gottesfurcht prüfen willst. Eine wahre Weihnachtsfreude – wie alle wirkliche Freude über Christus und in Christus – zeichnet wirklich einen wahren Christen aus. Zwischen Freude und Freude ist ein großer Unterschied. Mancher kann zu Weihnachten wohl von einigen lieblichen Festgefühlen eingenommen sein, wozu viele zusammentreffende Gründe und Veranlassungen beitragen können. Aber wirklich so froh über den Heiland und dessen Geburt zu sein, daß er anfängt, Ihn zu lieben, zu preisen und von Ihm zu reden, wie man zu tun pflegt, wenn man über etwas froh ist, das kann er nicht einmal eine halbe Stunde. Mancher geht noch weiter. Er kann sehr religiös, andächtig, eifrig und wirksam für das Reich Gottes sein, klug und wahr in geistlichen Dingen denken und reden, ja, beten, kämpfen und viele gute Werke tun, um selig zu werden, sich aber wirklich in seinem Herzen über den Heiland freuen, mit Lust von Ihm reden, Sein Verdienst bekennen und preisen, das kann er nicht eine einzige Stunde.

Und was beweist das? Christus ist noch nicht der Herzenstrost und der Schatz solcher Menschen geworden. Sie glauben noch nicht recht an Ihn und empfingen noch nicht den Geist, der das Leben gibt. Sie befinden sich mitten in ihrer ganzen Religiosität wie die Pharisäer in einer fleischlichen Sicherheit, oder wegen heimlicher Lieblingssünden oder jüdischer Eigengerechtigkeit noch im Unglauben.

Die Schrift kann nicht geändert werden, die da sagt: „Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede“ usw. – „Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist“. Wo nun nie Friede und Freude im Heiligen Geist geworden ist, da ist auch nie das Leben des Geistes oder das Reich Gottes hingekommen. Und wiederum sagt die Schrift: „Ich glaube, darum rede ich.“ – „Wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.“ – „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“. Hieraus folgt, daß derjenige, der nicht von Christus reden will, auch nicht seine Lust an Ihm hat. Er spricht lieber von anderen Dingen, die wohl auch wichtig sein können. Er hat aber in diesen einen größeren Schatz, größere Freude und größeren Trost als in Christus. Dieser ist dann nicht der Glaubensgrund des Herzens, wenn auch des Verstandes und des Bekenntnisses. Hieraus folgt, daß er dann entweder sicher und schlafend unter der Knechtschaft der Sünde oder in feinerer oder gröberer Arbeit der Eigengerechtigkeit unter der Knechtschaft des Gesetzes ist. So bewahrheitet sich geistlich noch jederzeit das, was die aus der babylonischen Gefangenschaft befreiten Israeliten von sich bekannten:

„Da wir gefangen waren, da wir saßen an den Wassern zu Babel, hängten wir unsere Harfen an die Weiden, die darinnen sind. Daselbst hießen sie uns singen und in unserem Heulen fröhlich sein, aber – wie sollten wir des Herrn Lied singen im fremden Lande?“

So ist es! Einen Ungläubigen, der noch im fremden Lande, noch fern von Gott und in seinem Geist gebunden ist, zu geistlicher Freude bewegen zu wollen, ist ebenso fruchtlos, wie Schnee und Eis zum Brennen zu bringen. Singen und reden kann man möglicherweise, sich aber wirklich freuen, das ist die eigene freie Sache des Herzens, dazu kann man sich nicht zwingen. Und sich im Heiland zu freuen und freiwillig Sein Verdienst zu preisen, das ist die Frucht des Geistes, das ist die freie Gabe Gottes. In Zion wird ein Lied vom Lamme, das erwürgt ist, gesungen; „und niemand konnte das Lied lernen“, außer den Versiegelten. Und niemand kann eine rechte Weihnachtsfreude schmecken, außer den Gläubigen.

Dies dient uns zur Selbstprüfung. Dies zeigt uns auch, was eigentlich erforderlich ist, um eine wahre Weihnachtsfreude zu erhalten – nämlich gelernt zu haben, „was die Sünde besagen will“, sowie in Christus die Erlösung von derselben zu finden; mit anderen Worten, hier sind Buße und Glaube erforderlich.

O, der benedeiten Stunde,
Da wir das von Herzensgrunde
Glauben und mit unserm Munde
Danken Dir, Herr Jesu Christ!

(Carl Olof Rosenius)

Quelle: CLV Andachten (Archiv)Andachten Lukas-EvangeliumLukas 2, 14

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Nicht das sagen die Himmlischen, daß Gott in der Höhe sei, sondern das, daß droben in der Höhe von den Himmlischen Gottes Ruhm erkannt und seine Herrlichkeit gepriesen wird. Sie rufen auch nicht anderen, die in der Höhe sind, zu, daß sie Gott ehren sollen, sondern tun der Erde kund, was im Himmel geschieht, daß droben Gottes Gnadentat von allen Himmlischen verherrlicht wird.  Ebenso wünschen sie nicht der Erde den Frieden, sondern sprechen aus, was ihr jetzt als Gottes Werk gegeben ist, dass sie jetzt den Frieden empfangen hat, weil es Menschen gibt, die Gottes Wohlgefallen haben. Die Himmlischen wissen, was Gottes Sinn und Wille ist, und wissen, weshalb dieses Kindlein geboren ist und was es uns bringt. Gottes Größe sollen wir sehen, damit wir sie ehren. Die Himmlischen sahen sie, als wir sie noch nicht sahen. Sie wußten, dieses Kindlein verklärt Gott, und was es auf der Erde schafft, das macht Gottes Herrlichkeit sichtbar. Das war das Ziel Jesu, sein einziger Wille, den der Geist in ihm wirkte und von der Geburt bis zum Kreuz in ihm erhielt. Dazu begegnet Jesus jedem von uns, damit uns Gottes Größe sichtbar sei. Sowie sich uns aber Gottes Größe zeigt, verstummt der wilde Lärm unseres Streits. Er entsteht nur da, wo der Mensch nichts als den Menschen neben sich sieht, den er als seinen Nebenbuhler haßt. Steht Gott über uns, so ist uns der Friede gegeben. Deshalb kommt keiner von uns mit Jesus in Berührung, ohne daß er den Frieden nicht nur für sich selbst empfängt, sondern ihn auch den anderen gibt.

Damit ist freilich ein unausdenkbares Wunder geschehen. Denn es gibt jetzt Menschen, die das göttliche Wohlgefallen haben. Ohne das gäbe es bei uns keinen Frieden. Wenn mir Gottes Wohlgefallen fehlt, wie soll ich im Frieden leben, während Gott wider mich ist? Das Fundament für jeden Frieden, den wir zwischen uns aufrichten, ist, daß Gott uns den Frieden mit Ihm gewährt. Dieses Wunder ist aber geschehen. Es gab ein Kindlein, an dem Gott Wohlgefallen hatte, und mit ihm kommt Gottes Wohlgefallen auch zu uns herab.

Was Dir wohlgefällig ist, Herr, heiliger Gott, das suche ich nicht bei mir. Was ich von Dir als die Gabe Deines Sohnes empfangen habe, das bringt mir Dein Wohlgefallen. Mit Seiner Geburt brachte Er uns Deinen Frieden. Darum kann auch ich Deine Herrlichkeit rühmen mit allen Himmlischen.

Amen.

(Adolf Schlatter)

Quelle:

Glaubensstimme – Lukas-Evangelium, Kapitel 2

Schriftstellen

Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. (Johannes 14, 27)


Eingestellt am 4. Oktober 2025