Nun aber, da ihr von der Sünde frei und Gottes Knechte geworden seid, habt ihr darin eure Frucht, daß ihr heilig werdet; das Ende aber ist das ewige Leben. (Römer 6, 22)
Unser Charakter, unser inneres Werden, gilt vor dem Herrn viel mehr als unser Tun und Arbeiten. Ist das Innere erst zu einer bestimmten Höhe und Reife gekommen, dann wird das Tun als reife Frucht von selbst kommen. In unserem Text ist sogar das Heiligwerden als Frucht hingestellt. Frucht ist die Folge einer gesunden natürlichen Entwicklung des guten Samens, wenn keine besonderen Hemmungen und Hindernisse diese Entwicklung stören. Hat Jesus Sein gutes Werk in uns begonnen, so zielt solches Werk aufs Fruchttragen – auf die Heiligung jetzt und die Heiligkeit in jenem Leben. Die erfahrene Vergebung der Sünden zielt auf das völlige Geschiedenwerden von der Sünde hin; der erfahrene Frieden auf den vollen Frieden der Seligkeit; die erfahrene Freude auf die Vollkommenheit der Freude. Wollen wir mit uns selbst Geduld haben und den jungen Baum nicht verdammen, wenn seine Früchte noch nicht so groß und so süß sind, wie sie sein werden, wenn die Sonne der Ewigkeit sie reift. Ihre Art erkennt man doch. Beim Ungläubigen wird die Frucht seines Lebens böser und bitterer mit den Jahren; bei uns umgekehrt.
Herr Jesu, du verlangst jetzt nicht mehr als möglich ist im Schattenlande des Stückwerks, und doch soll man deine Veredlungsarbeit aus unseren Früchten erkennen. Da bitten wir dich, hilf uns, segne unser Wachsen und Werden um deinetwillen. Amen.
Andacht: Glaubensstimme – Christliche Texte aus 2000 Jahren
CLV Andachten (Archiv) – Andachten Rämerbrief – Römer 6, 22
Portrait mit Signatur von Keller, Samuel, Pfarrer in Düsseldorf; aus Bestand: AEKR Bibliothek BK3005
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Markant und überwältigend ist die neue Lebenslage der Menschen, die sich in Jesus Christus einwurzeln ließen, ausgesprochen: befreit von der ›Sünde‹, zu Sklaven für Gott
gemacht. Das sind zwei Tatsachen, die nun Wirklichkeit sind. Diese beiden Tatsachen charakterisieren den neue Lebensstand derer, die in Jesus Christus sind. Beide Tatbestände sind im Passiv ausgesprochen: diese neue Lebenssituation haben nicht wir heraufgeführt; nicht wir haben unsere Lebenslage verändern können; es ist durch einen
anderen an uns etwas geschehen; wir wurden befreit und wir wurden in die neue Beziehung zu Gott gesetzt. Das danken wir allein Jesus Christus, unserem neuen Herrn, der sich unser erbarmt hat, und der in Kraft Seines Sterbens und Auferstehens an uns handelte. Er hat diese neue Situation perfekt gemacht. Darum ist sie auch eine Lebensbasis, die wirklich hält.
Aus dieser neuen Lebensbasis wächst eine andere Frucht heraus als aus der alten. Aus ihr erwächst nicht mehr Tod. Aus ihr erwächst eine neue Geschichte mit Jesus, die zum
Ziel unsere Heiligung hat. Diese Heiligung wächst aus der neuen Beziehung zu Jesus und Seinem Werk in uns. Sie ist nicht damit fertig, dass wir zu Ihm gefunden haben. Damit begann die Heiligung. Sie ergibt sich als eine wachsende Frucht aus der Gemeinschaft mit Christus. Wir fabrizieren sie nicht. Es kann sie auch kein anderer für uns fabrizieren.
Menschen sind dazu nicht imstande, sich selbst und andere zu heiligen. Das kann nur der heilige Herr, der am Kreuz für uns starb und jetzt für uns lebt. Darum kommt alles darauf an, dass wir in Ihn eingewurzelt werden und mit Ihm in laufender Gemeinschaft bleiben. Aus dieser Gemeinschaft mit Ihm erwächst diese Entwicklung in unserem Leben, die in eine sich vertiefende Heiligung hineinführt. Schritt für Schritt nimmt Jesus nach den ersten Anfängen ein Lebensgebiet nach dem anderen in Angriff. Wir sprachen schon aus, dass es nicht nach unserem Tempo, sondern nach Seinem Tempo geht. Seine seelsorgerlichen Dispositionen bestimmen, an welchen Lebenslinien Seine Arbeit bei uns einsetzt, und an welchen Lebenslinien sie weiterarbeitet.
Es ist ein gewaltiger Lebensprozeß, der selbst beim Tod noch nicht abgeschlossen ist. Diese Geschichte der Heiligung unserer Person ist die Frucht aus dem neuen Sklavenverhältnis zu Gott und zu Christus, in dem wir mit Freuden stehen, obwohl der Kampf manchmal schwer ist und viel Schmerzen und Opfer mit sich bringt. Aber dieser Kampf mit all seinen Opfern und Schmerzen lohnt sich, denn das letzte Ziel ist ein Leben, das nie wieder abbricht, das Ewigkeits-Charakter hat. Es beginnt an dem Tag, da Jesus Christus mit Seiner Vergebung uns aufnimmt und in uns Wohnung macht. Mit Ihm macht Sein Leben in uns Wohnung, um nie wieder auszuziehen.
Sein Leben aber stammt aus der Ewigkeit, aus Gott. Darum ist es ewiges Leben, das nie wieder aufhört. Das ist der Grund, warum unser neues Leben mit Jesus all die Jahre
hindurch nicht gestorben ist. Dieses Leben stirbt überhaupt nicht wieder. Es stirbt auch nicht, wenn unser Körper stirbt. Es geht über den Tod hinaus weiter in die Ewigkeit hinein. Die Heiligung, die dieses Leben Jesu in uns bewirkt, bleibt kein Bruchstück. Von demselben Herrn, der sie auf Erden in uns begann, wird sie in der Ewigkeit vollendet. Über dieser unserer Lebensgeschichte jenseits des Todespunktes liegt das Geheimnis Gottes. Unsere Neugier, die gern viele Einzelheiten wissen möchte, wird von Gott nicht befriedigt. Er richtet unseren ganzen Blick auf die eine Tatsache, dass wir dann bei Jesus sind. Uns genügt die Tatsache, dass wir dann Jesus von Angesicht sehen und mit Ihm zusammen sind, ohne dass diese Gemeinschaft noch durch irgend etwas aufgehoben oder gestört werden kann.
Den Abschluss Seines großen Werkes an uns bringt aber der Tag, von dem Offb. 21, 1-7 gesagt ist: »Siehe, ich mache alles neu«. Dann hat das sein Ziel erreicht, was mit der Bekehrung zu Jesus begann. Dann sind alle, die Glieder an Jesus Christus sind, geworden wie er. Mit diesen, die nun im Vollsinn des Wortes ›Menschen‹ sind und dem zweiten Menschen Jesus in allen Stücken gleichen, kann Jesus die neue Welt Gottes bauen. Das ist Sein letztes Ziel.
Quelle:
Erich Schnepel: Der Römerbrief, Kapitel 6 – Jesus Christus, die Chance des Lebens
(Download möglich bei predigten-und-vortraege.ch)
Übersicht Römerbrief – Römer 6
Diese Schriftstelle ist der Tagesvers zum 10. August 2025