Apostelgeschichte 22, 30 (Joh. Fr. Wilh. Arndt)

Des andern Tages wollte er gewiß erkunden, warum er verklagt würde von den Juden, und löste ihn von den Banden und hieß die Hohenpriester und ihren ganzen Rat kommen und führte Paulus hervor und stellte ihn unter sie. (Apostelgeschichte 22, 30)

Pauli Verantwortung vor seinen Feinden bestand in der Erzählung von seiner Bekehrung und wunderbaren Berufung zum Apostelamte. Noch stärker, als im 9. Kapitel es Lucas getan, suchte er es darzulegen, daß der Vorsatz, ein Apostel der Heiden zu werden, nicht in seinem Fleisch und Blut entstanden sei, daß erst eine gründliche Veränderung seiner ganzen früheren jüdischen Denkweise vorgehen mußte, ja, daß er auch dann selbst sich nicht zum Dienst des Evangelii unter den Heiden entschlossen hätte, wenn ihm nicht dieser als ein ausdrücklicher Auftrag des Herrn deutlich geworden wäre.

Kaum aber hat er den letzten Punkt berührt, der freilich die Verwerfung Israels von Seiten Gottes voraussetzte, so brach der Sturm gegen ihn los. Der unbußfertige Mensch will einmal nichts von Buße und Strafe, Gericht und Hölle hören. Schon war es nahe daran, daß der Apostel wäre gegeißelt worden. Da macht er die Vorzüge, die er durch seine Geburt hat, geltend; denn es galt jetzt die Ehre Gottes und die Bewahrung der unwissenden heidnischen Obrigkeit vor Versündigung und Verantwortung! Und – Gott leitet das Herz des Oberhauptmanns, daß er dem Apostel kein Leid antun durfte, daß er vielmehr durch seine Unentschiedenheit und Weitläufigkeit beitragen mußte, daß nun auch Paulus vor Felix und Agrippa herrliche Zeugnisse ablegen konnte. Wunderbares Regieren unseres Gottes! Wie müssen wir es bewundern und preisen!

Wie ist es hier doch wieder augenscheinlich, daß ohne Deinen Willen kein Haar vom Haupt der Deinen fällt! Alle Dinge, alle Menschen sind Deine Engel, welche Deine Befehle für sie ausrichten müssen. Laß diesen Glauben auch meinen Hort und Stab sein, womit ich allen Feinden trotzen und alle Wetter getrost kann über mich gehen lassen. Zu Dir breite auch ich jetzt meine Hände aus: komm zu mir wie ein Spätregen, der das Land befeuchtet. Schütze mich in dieser Nacht, daß mir kein Uebel widerfahre, und wecke mich zu rechter Zeit und laß mich dann wieder hören Freude und Wonne aus Deinem Worte.

Amen.

(Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

Quelle: Glaubensstimme – Apostelgeschichte, Kapitel 22


Eingestellt am 17. September 2025