Wenn Gottes Weltenuhr weitertickt.

In einer Zeit voller Unsicherheiten und Spekulationen über die Zukunft lohnt sich ein Blick in die Bibel: Wie tickt Gottes Weltenuhr und was offenbart uns das Buch Daniel über Gottes Pläne mit Israel und der Welt? Warum das Studium biblischer Prophetie für jeden Gläubigen von entscheidender Bedeutung ist – eine Untersuchung und eine Ermutigung.

In unserer heutigen Zeit wird immer häufiger die Frage gestellt: Was kommt als Nächstes? Viele versuchen, darauf eine Antwort zu geben – doch nicht alle Antworten sind nüchtern. Oft erscheint uns vieles in all den Spekulationen so logisch und klar, dass wir manche dieser Antworten als unsere Überzeugungen übernehmen oder zumindest dazu neigen. Das geschieht auch im frommen Kontext. Mit Bibelstellen lassen sich viele Dinge begründen, schlüssig darlegen und sauber präsentieren. Doch oft führen die verschiedenen Argumente auch zu Verwirrung und Durcheinander.

Viele Gläubige lassen die Prophetie in ihrem persönlichen Studium deshalb lieber beiseite. Es scheint ja auch sinnlos, nicht wahr? Warum sich mit Dingen beschäftigen, die unsicher wirken oder unterschiedlich gedeutet werden können? Natürlich behalten wir immer die Überzeugung, dass die Bibel am Ende Recht hat. Doch die Frage bleibt: Ja, die Bibel hat Recht, aber wie erfüllt Gott dieses oder jenes? Auf der anderen Seite gibt es jene, die fest davon überzeugt sind, dass ihre Sichtweise die einzig wahre ist und alle anderen irren. Man kann auf beiden Seiten vom Pferd fallen. Daniel ist uns in dieser Hinsicht ein Vorbild – gerade in Bezug auf diese beiden Extreme. In Kapitel 9 seines Buches zeigt Gott Daniel, was geschieht, wenn seine Weltenuhr weitertickt. Betrachten wir die Verse 1 bis 27 im Detail.

Daniel achtete …

«Im ersten Jahr des Darius, des Sohnes Ahasveros’, von medischer Abstammung, der zum König über das Reich der Chaldäer gemacht worden war, im ersten Jahr seiner Regierung achtete ich, Daniel, in den Schriften auf die Zahl der Jahre, von der das Wort des HERRN an den Propheten Jeremia ergangen war, dass die Verwüstung Jerusalems in 70 Jahren vollendet sein sollte. Und ich wandte mein Angesicht zu Gott, dem Herrn, um ihn zu suchen mit Gebet und Flehen, mit Fasten im Sacktuch und in der Asche» (Dan. 9, 1-3).

Während das Buch Daniel grösstenteils über die Nationenvölker spricht, richtet sich der Blick in Kapitel 9 ausdrücklich auf das auserwählte Volk Israel. Es steht mitten im Treiben der Nationen. Doch bevor wir uns diesem Kapitel widmen, wollen wir zunächst etwas ausholen und uns die Tragik und Dramatik jener Tage noch einmal vor Augen führen. Dazu gehen wir zurück zu Mose, genauer gesagt zu 5. Mose 28.

Im Auftrag Gottes schrieb Mose dem auserwählten Volk Israel nieder, dass Segen die Folge von Gehorsam sein wird und Fluch die Konsequenz von Ungehorsam. Gott stellt sein Volk vor die Wahl: Segen oder Fluch. Wenn wir diese Worte lesen, spüren wir ihre erschütternde Wucht. Mahnung und Warnung verdichten sich immer mehr – genau wie wir es in den vielen Zukunftsankündigungen Gottes sehen. Hält Israel alle Gebote Gottes, so folgt ein Überfluss an irdischem Segen: Fruchtbarkeit, Gesundheit, Erfolg in der Arbeit und vieles mehr.

Die Gemeinde besitzt alle geistlichen Segnungen, während die Segnungen im Alten Testament vor allem irdischer Natur sind.

Wenn Israel Gottes Gebote nicht hält, dann folgt der Fluch. Interessanterweise sind in 5. Mose 28 die Flüche ausführlicher aufgelistet als die Segnungen. Jemand hat es einmal so ausgedrückt: «Segen bedeutet Mehrung des Lebens, Fluch bedeutet Minderung.»

In der Liste der Flüche finden sich Dinge wie Unfruchtbarkeit, Krankheit und Pest. Betrachtet man diese Verse nur oberflächlich, kann Gott manchmal grausam erscheinen -ein Einwand, der oft von Menschen kommt, die die Bibel nicht genau kennen. Gott scheint grausam, wenn er sein Volk mit Hitze, Dürre und anderen Plagen schlägt. Israel soll sogar zum Entsetzen und Gespött unter den Nationen werden. Doch wir, die wir die Bibel lieben, wissen, dass solche Worte nicht bedeuten, dass Gottes Liebe und Güte an ihr Ende gekommen wären. Ganz im Gegenteil! Diese Strafen sind vielmehr ein Massstab für den heiligen Ernst seiner eifernden Liebe: eine Liebe, die niemals aus falscher Nachsicht schweigt. Es geht Gott darum, sein Volk zu formen, einzugreifen und es zu seinen Zielen zu führen – selbst, wenn dies durch härteste Züchtigung geschehen muss. Jemand sagte einmal: «Der Zorn Gottes ist die Temperatur seiner verzehrenden Liebe.» Ja, Gleichgültigkeit wäre viel schlimmer. Stellen wir uns vor, Gott wäre alles egal. «Macht doch, was ihr wollt.» – Wäre das nicht absolut traurig?

In 5. Mose 28 und 30 finden wir die Geschichte Israels bereits in groben Zügen beschrieben. Was beinhaltet diese Geschichte? – Wir sind immer noch dabei, die Hintergründe zu betrachten, bevor wir zu Daniel 9 kommen. Im Groben denken wir an die Wegführungen nach Assyrien und Babel, an die spätere Belagerung Jerusalems und an die Zer- streuung unter die Nationen im Jahr 70 n. Chr. Das ist eine traurige Realität. Doch in der Geschichte gibt es nicht nur Gericht, sondern auch Rückführungen, Bekehrungen und
Sammlungen im Land Israel – Entwicklungen, die wir bis heute mit Staunen beobachten können.

Hier beginnt der Trost. Auch die Segensverheissungen aus 5. Mose 28 werden sich erfüllen. Das ist gewiss, nämlich im herrlichen, kommenden Reich des Messias. Doch bevor das geschieht, sehen wir: Zuerst hat sich die Fluchseite dieses Kapitels erfüllt, und erfüllt sich weiterhin. Wir wissen, dass das Gesetz an das Fleisch appelliert, das heisst an das eigene Ich, die eigene Kraft. Doch selbst wenn der Mensch will, er kann nicht. Israel sagte damals in 2. Mose 19, 8 noch voll Überzeugung: «Alles, was der HERR gesagt
hat, das wollen wir tun!» Und Mose überbrachte dem Herrn die Antwort des Volkes. Doch Israel war nicht imstande, das Gesetz zu halten. Hier sei auf Römer 7 verwiesen.

Trotz guten Willens und Wissens kam es nicht zum Gehorsam, sondern zur Übertretung. Immer tiefer geriet Israel in den Götzendienst. Statt dass Israel die Nationen mit dem wahren Gott beeinflusste, liessen sie sich von den götzendienerischen Völkern beeinflussen. Nach Salomo, ab der Zeit von Jerobeam und Rehabeam, ging es trotz einiger gläubiger und guter Könige steil bergab. Dann folgte die Wegführung der zehn Stämme nach Assyrien. Später wurde auch das Südreich nach Babel verschleppt. Und unter diesen Weggeführten aus Juda waren auch Daniel und seine Freunde.

Damit sind wir wieder bei Daniel 1. Gott gab Daniel eine hohe Position in diesem Reich, als Traumdeuter und Staatsmann mit Regierungsverantwortung. Er war ein hoher Staatsbeamter, ein Mann mit Erfolg in allem, was er tat. Dennoch: Er las die Bibel. Er achtete darauf (Dan 9, 2). Daniel beschäftigte sich intensiv mit der Gegenüberstellung von Segen und Fluch. Er erkannte den Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen: die Tragik der Zerstörung Jerusalems, den Fall des Tempels und die Wegführung nach Babel (Dan. 9, 13).

«Im ersten Jahr seiner Regierung achtete ich, Daniel, in den Schriften auf die Zahl der Jahre, von der das Wort des HERRN an den Propheten Jeremia ergangen war, dass die
Verwüstung Jerusalems in 70 Jahren vollendet sein sollte» (Dan 9, 2). – Daniel beobachtete das Zeitgeschehen und erkannte darin die Aktualität der Bibel. Doch er schaute nicht nur, er achtete darauf. Er wusste, dass Gott die Geschicke Israels lenkt, und wollte verstehen, was geschieht, wenn Gottes Weltenuhr weitertickt. Daniel beschäftigten ernste Fragen über das zukünftige Schicksal seines Volkes. Deshalb studierte er die Worte des Propheten Jeremia.

Was geschieht, wenn Gottes Weltenuhr weitertickt? Egal, in welcher Position wir uns im Leben befinden, ob in hoher Verantwortung in einer Firma oder als Vater oder Mutter zu Hause: die Bibel ist die Grundlage für jeden von uns. Wir sollen auf sie achten und Gott beim Wort nehmen, genauso wie Daniel es tat. Und das, obwohl er ein hochrangiger
Regierungsbeamter war. Das ist das Wunderbare: Gläubige aus allen gesellschaftlichen Schichten – ob Arzt, Reinigungskraft, Koch oder Büroangestellter – alle lesen die Bibel.

Aber lesen wir sie auch mit Herzensinteresse? Daniel zeigt uns, dass es nicht nur auf unsere weltliche Stellung ankommt, sondern darauf, wie abhängig wir vom Wort Gottes
sind. Sein Beispiel unterstreicht auch, wie wichtig es ist, biblische Prophetie zu studieren. Denn wenn Gott selbst die Heilsgeschichte lenkt und wir mittendrin stehen, dann müssen wir die Antworten bei ihm suchen. Auch wenn vieles unklar bleibt: wie reagieren wir auf seine Wahrheit? Lassen wir es dann lieber ganz bleiben? Oder wollen wir auch danach forschen?

Daniel tat Letzteres. Er las mit Herzensinteresse, er forschte und bewegte eine grosse Frage in sich: «Wenn Gottes Weltenuhr weitertickt… wird Israel endlich in sein eigenes
Land zurückkehren?» – «Wie geht es weiter mit dem jüdischen Volk?» Dann stiess er auf folgende Verheissungen:

«Dieses ganze Land soll zu Trümmerhaufen, zur Wüste werden, und diese Völker sollen dem König von Babel dienen, 70 Jahre lang. Und es wird geschehen, wenn die 70 Jahre vollendet sind, dann will ich an dem König von Babel und an jenem Volk ihre Schuld heimsuchen, spricht der HERR, auch am Land der Chaldäer, und ich will es zur ewigen Wüste machen» (Jer. 25, 11-12). «Fürwahr, so spricht der HERR: Wenn die 70 Jahre für Babel gänzlich erfüllt sind, werde ich mich euer annehmen und mein gutes Wort, euch an diesen Ort zurückzubringen, an euch erfüllen. Denn ich weiss, was für Gedanken ich über euch habe, spricht der HERR, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben. Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und zu mir flehen, und ich will euch erhören; ja, ihr werdet mich suchen und finden, wenn ihr von ganzem Herzen nach mir verlangen werdet; und ich werde mich von euch finden lassen, spricht der HERR. Und ich werde euer Geschick wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, zu denen ich euch verstossen habe, spricht der HERR; und ich werde euch wieder an den Ort zurückbringen, von dem ich euch weggeführt habe» (Jer. 29, 10-14).

Daniel erkannte: Nach 70 Jahren Gefangenschaft würde Babel gedemütigt werden und Israel die Freiheit erhalten. Das war die brennende Hoffnung Daniels und die Hoffnung des Volkes Israel. Nie hörte Daniel auf, sein verirrtes, von Gott abgekommenes Volk inbrünstig zu lieben und sein Bestes für es zu wünschen.

Hier sehen wir erneut: Wer sich mit biblischer Prophetie beschäftigt, muss sich zwangsläufig auch mit Israel beschäftigen. Wenn Gottes Weltenuhr weitertickt, dann
geschieht das hier auf Erden zwangsläufig über Israel. Das war Daniel vollkommen klar. Und genauso wie Daniel sind auch wir dazu aufgerufen, für Israel einzustehen und es zu lieben – auch in Zeiten, in denen noch die Decke über dem Volk liegt, es Fehler macht und Gott nicht erkennt.

Mancher mag jetzt einwenden: «Ja, aber das ist doch das Alte Testament …» Doch schauen wir auf Paulus, der den Leib Christi aufruft: «Werdet meine Nachahmer!» Und was war das Verlangen seines Herzens? Römer 10,1: «Brüder, das Verlangen meines Herzens und mein Flehen zu Gott für Israel ist, dass sie gerettet werden». Sollte das nicht
auch unser Gebet und unser Ringen sein, indem wir für Israel einstehen?

Daniel merkte allerdings, dass die baldige Rückkehr seines Volkes scheinbar nicht mit den Visionen aus Daniel 2, 7 und 8 übereinstimmte. Die Statue in Daniel 2 und die Tiere in Daniel 7 und 8 zeigten, dass noch weitere Reiche folgen würden. Doch wenn das so war, dann konnte die endgültige Erlösung Israels erst am Ende der Zeiten kommen – erst nach dem Fall der weiteren Weltreiche. Erst dann würde sich der Fluch in Segen verwandeln … Für Daniel und seinVolk war das ein harter Gedanke. Sollten sie wirklich so lange warten müssen?

Geht es uns nicht ähnlich? Wir sehnen uns danach, dass Jesus kommt und uns zu sich nimmt. Nur ungern möchten wir die kommenden Zeiten durchleben, die alles andere
als rosig aussehen … Wie gehen wir damit um? Was tat also Daniel in dieser Situation, inmitten dieses brennenden Verlangens, dieser inneren Aufgewühltheit? Er las die Bibel. Er bewegte das Gelesene im Herzen. Er forschte. Und dann? Er betete. Mitten in seinen offenen Fragen, in seinen Zweifeln und in seinem Unverständnis –

Daniel betete …

[….]

Quelle:

Ottenburg, Philipp: Wenn Gottes Weltenuhr weitertickt.
In: Mitternachtsruf, Ausgabe Juni 2025, S. 6-14 [pdfPodcast Teil 1Teil 2Teil 3/Downloads als mp3-Audiodateien: Teil 1Teil 2Teil 3 © 2025 Missionswerk Mitternachtsruf, www.mnr.ch

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Daniel bekannte die Sünden Israels vor Gott in einem Kollektivgebet. Er befasste sich intensiv mit Prophetie und durchforschte die Schrift. Im Buch Jeremia stiess er auf die Zahl 70. Würde nach dem Ende der babylonischen Gefangenschaft Gottes Königreich anbrechen? Er strebte danach, in der Erkenntnis zu wachsen. Und Gott antwortete ihm, indem er den Engel Gabriel sandte, der ihm Ereignisse offenbarte, die noch in der Zukunft lagen. Ist das auch unser Anliegen, dass wir uns mit den Dingen beschäftigen, die von Gott prophezeit sind?


Eingestellt am 21. Mai 2025