Micha 3, 8

Ich aber bin voll Kraft und Geistes des HERRN, voll Rechts und Stärke, daß ich Jakob sein Übertreten und Israel seine Sünden anzeigen darf.
(Micha 3, 8)

Heiliger Geist Gottes — das ist es! Menschengeist und Menschenwort auf der einen — Gottesgeist und Gotteswort auf der andern Seite. Eigene Vollmacht oder Gottes Vollmacht — das ist die Frage.

Welch eine Gewißheit der göttlichen Inspiration spricht aus diesem kurzen und eindeutigen Wort! Wo Gottes Geist Raum hat, da ist auch Gewißheit. Da ist Gottes Kraft, da wird sein Recht gewahrt, da sucht der Prophet nicht eigene Erhöhung, sondern nichts als Gehorsam und Treue gegenüber seinem Auftrag. So hat auch ein Johannes der Täufer gesprochen, der letzte Prophet des Alten Bundes. Er stand in der Gesinnung, die er in den Worten ausdrückt: „Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen“ (Joh. 3, 30).

Solche Gegenüberstellungen liebt Micha. Auf der einen Seite die weltförmigen Propheten, die dem Gelde und dem guten Essen leben, deren Offenbarungslicht verloschen ist. Sie gleichen den Kerzen, die nur noch übel rauchen und noch übler riechen. Prediger ohne Gottes Wort! Auf der andern Seite das anbetende Staunen des Micha, ein Staunen darüber, daß der Geist ihm Kraft und Auftrag gibt, Gottes
heiligen Willen zu verkünden.

Nun zieht Micha den Schlußstrich unter seine Anklage gegen die weltlichen und kirchlichen Führer im Volke Israel.

(Hans Brandenburg: Das lebendige Wort)


Eingestellt am 28. Juni 2025