Hesekiel 5, 1+2 (Kliefoth)

Und du, Menschenkind, nimm ein Schwert, scharf wie ein Schermesser, und fahr damit über dein Haupt und deinen Bart und nimm eine Waage und teile das Haar damit. Das eine dritte Teil sollst du mit Feuer verbrennen mitten in der Stadt, wenn die Tage der Belagerung um sind; das andere dritte Teil nimm und schlag’s mit dem Schwert ringsumher; das letzte dritte Teil streue in den Wind, daß ich das Schwert hinter ihnen her ausziehe. (Hesekiel 5, 1+2)

Das erste Zeichen hatte sich vorzugsweise mit der Stadt beschäftigt, und nur anhangsweise berührt, wie es in Folge dieses der Stadt bevorstehenden Schicksals den Bewohnern derselben und dem Volke Israel überhaupt ergehen soll. Um nun Letzteres noch weiter auszuführen, soll Ezechiel, wenn er jenes erste Zeichen ausgeführt, wenn er die 390+40 Tage hindurch die Belagerung Jerusalems dargestellt haben wird, noch ein zweites in Kap. 5 beschriebenes Zeichen tun. Das Zeichen, das er dann tun soll, wird [in Kap.] 5, 1─4 beschrieben; daran aber knüpft Gott 5, 5-17 eine längere Rede, in welcher er, was durch solch Zeichen bedeutet werden soll, und was ihn zu solchem künftigen Tun veranlasst, weitläufig ausführt. Nach diesen zweien Abschnitten also werden wir das 5te Kapitel zu betrachten haben.

Das Zeichen selbst, V. 1 -4 beschrieben, enthält wieder zwei zusammenhängende symbolische Handlungen, von denen die erste V. 1. 2., und die zweite V. 3. 4. beschrieben wird. Erstens soll V. 1. 2. der Prophet ein scharfes Schwert nehmen, dasselbe als Rasiermesser gebrauchen, sich damit die Haare des Hauptes und des Bartes abschneiden, und dieselben in drei gleiche Teile auseinander wägen, dann aber soll er das erste Dritteil in der Mitte jenes Bildes des belagerten Jerusalem, das er nach 4, 1 verfertigt und bis dahin zur Ausführung des ersten Zeichens gebraucht hatte, mit Feuer verbrennen; darauf soll er das zweite Dritteil rings um jenes Bild des belagerten Jerusalem herum streuen, und diese zerstreuten Haare mit dem Schwert schlagen; endlich soll er das dritte Dritteil in den Wind streuen, und Gott will hinter ihnen her das Schwert ausziehen. Dabei ist zu dem Einzelnen noch Folgendes zu bemerken:

Das Suffix in תִּקְחָנָה zwingt zu übersetzen:  „nimm dir ein scharfes Schwert, als ein Schermesser sollst du es nehmen“. Mit Recht also erinnert Hävernick, daß Ezechiel nicht etwa ein Schwert und ein Messer, sondern nur ein Schwert nehmen und dieses als Schermesser gebrauchen soll. Es gehört wesentlich zu der gleich zu erörternden Bedeutung des Zeichens, daß als Scheermesser ein Schwert dienen, daß Ezechiels Haar unter dem Schwerte fallen soll. Das Suffix in וְחִלַקְתָּם geht auf die abgeschnittenen Haare Ezechiels, die im Voraufgehenden nicht genannt werden, aber sich aus dem Sinne ergeben. Die יְמֵי הַמָצוֹר sind natürlich nicht die Tage, welche die wirkliche Belagerung Jerusalems dauern wird, sondern die 390+40 Tage, welche laut dem vorigen Kapitel die Darstellung der Belagerung Jerusalems im Zeichen dauern sollte: also nach Ausführung jenes ersten Zeichens soll Ezechiel dies zweite tun. Dieselben Worte geben uns aber auch an die Hand, wie wir das zu verstehen haben.

An das wirkliche Jerusalem wird nicht zu denken sein, weil der Prophet sich da nicht befindet, und eben so wenig an Tel Abib, in welchem sich Ezechiel zwar befindet, welches aber mit dem Zeichen und seiner Bedeutung Nichts zu schaffen hat. Vielmehr haben wir darunter hier, wie [in Kap.] 4, 3 das auf den Stein gezeichnete Bild des belagerten Jerusalem zu verstehen.

Quelle:

Th. Kliefoth: Das Buch Ezechiels. Uebersetzt und erklärt. Erste Abtheilung: Kap. 1-39. Rostock, Hinstorff’sche Verlagsbuchhandlung, 1864. [S. 128f.; Digitalisat]

Weblinks und Verweise

Biblische Andachten: Hesekiel, Kapitel 5 (externer Link zu Glaubensstimme)


Übersicht: Der Prophet Hesekiel – Staatsmann und Prophet

Eingestellt am 7. August 2025