Der Tag ist hin, mein Geist und Sinn (J. A. Freylinghausen, Geistreiches Gesangbuch #615)

Abendlied.

Mel.: „O Traurigkeit, o Herzeleid“

1. Der Tag ist hin,
mein Geist und Sinn
sehnt sich nach jenem Tage.
der uns völlig machen wird
frei von aller Plage.

2. Die Nacht ist da,
sei du mir nah,
Jesu, mit hellen Kerzen;
treib der Sünden Dunkelheit
weg aus meinem Herzen.

3. Der Sonnen Licht
uns jetzt gebricht;
o unerschaffne Sonne,
brich mit deinem Licht hervor,
mir zur Freud und Wonne.

4. Des Mondes Schein
fällt nun herein,
die Finsternis zu mindern;
ach, daß nichts Veränderlich’s
meinen Lauf möcht‘ hindern.

5. Das Sternenheer
zu Gottes Ehr
am blauen Himmel flimmert;
wohl dem, der in jener Welt
gleich den Sternen schimmert!

6. Was sich geregt
und vor bewegt
ruht jetzt von seinen Werken:
Laß mich, Herr, in stiller Ruh
dein Werk in mir merken.

7. Ein jeder will
bei solcher Still
der süßen Ruhe pflegen:
Laß die Unruh dieser Zeit,
Jesu, bald sich legen.

8. Ich selbst will auch
nach meinem Brauch
nun in mein Bettlein steigen:
Laß mein Herz zu deinem sich
als zum Bettlein neigen.

9. Halt du die Wach,
damit kein Ach
und Schmerz den Geist berühre;
sende deiner Engel Schar,
die mein Bettlein ziere.

10. Wann aber soll
der Wechsel wohl
der Tag und Nächte weichen?
Wenn der Tag anbrechen wird,
dem kein Tag zu gleichen.

11. In jener Welt,
da diese fällt,
die Zion noch macht weinen,
soll’n noch heller siebenmal
Mond und Sterne scheinen.

12. Alsdenn wird nicht
der Sonnen Licht
Jerusalem verlieren;
denn das Lamm ist selbst das Licht,
das die Stadt wird zieren.

13. Hallelujah,
ei wär ich da,
da Alles lieblich klinget,
da man ohn‘ Abwechselung
Heilig, Heilig singet.

14. O Jesu du,
mein Hülf und Ruh,
laß mich dahin gelangen,
daß ich mög‘ in deinem Glanz
vor dir ewig prangen.

Liedtext: Johann Anastasius Freylinghausen (1670-1739)
Melodie: Mainz 1628 „O Traurigkeit, o Herzeleid“

Quelle:

Lied Nr. 610: Evangelisch-Lutherisches Gesangbuch von Wisconsin und anderen Staaten, erschienen bei Georg Brumder, Milwaukee/Wisconsin (USA), 1872; mit dem Text der Strophen 1-14 (Digitalisat bei Hymnary.org)

Ein wunderbares Lied der Sehnsucht nach dem ewigen Licht jenes besseren Landes, wo es keine Nacht mehr gibt. Erstmals veröffentlicht als Nr. 615 in Freylinghausens Geistreiches Gesang-Buch, Halle 1704, in 14 Strophen zu je 5 Zeilen, und von dort übernommen in Grotes Ausgabe seiner Geistlichen Lieder, 1855, S. 102. Das Lied wurde in viele deutsche Gesangbücher aufgenommen und ist als Nr. 1547 in den Berliner Geistlichen Liedern, Ausgabe 1863, enthalten.

(nach John Julian, Dictionary of Hymnology, 1907)

Weblinks und Verweise

Notensatz aus Freylinghausens Geistreiches Gesangbuch
Bild: Bayerische Staatsbibliothek, NoC-NC/1.0/

Johann Anastasius Freylinghausen: Geist-reiches Gesang-Buch, Den Kern Alter und Neuer Lieder, Wie auch die Noten der unbekannten Melodeyen Und dazu gehörige nützliche Register in sich haltend, Halle 1704, S. 966f.; Digitalisat der Ausgabe 1705 beim Münchener Digitalisierungszentrum.

Liedeintrag bei Hymnary.org

Melodieseite O TRAURIGKEIT (Mainz 1628) bei Hymnary.org, mit Notensatz, 4stimmig (Mainz 1628, im PDF-Format, bei ccel.org) und Audiofiles (im midi/mp3-Format)

Lied Nr. 77, in: Gesangbuch für die evangelische Kirche in Württemberg, Schmuckausgabe, S. 91f. (Verlagskontor des evangelischen Gesangbuchs, Stuttgart 1912), 11 Strophen (ohne die Strophen 8, 9 und 11, nach oben angegebener Zählweise)

Lied Nr. 55, in: Evangelisches Gesangbuch für die Provinz Pommern, Stettin 1918, S. 21f (Hrsg.: Pommersche Provinzial-Synode), 10 Strophen (ohne die Strophen 4, 5, 8 und 11, nach oben angegebener Zählweise)


Eingestellt am 5. Dezember 2025