XI. Vom Ablaß und Fegfeuer.

63. Frage: Warum ist der Ablaß zu verwerfen?

Antwort:
1. Weil Gott uns aus Gnaden alle unsere Sünden umsonst vergeben will;
2. weil er eine menschliche Erfindung ist und oft mißbraucht wird um die Kirche zu bereichern;
3. weil er häufig an unnütze Bußübungen und Werke geknüpft wird, und zwar häufig so, daß er dazu dient, die Leichtsinnigen zur Sünde zu verführen.

Schriftstellen:

Ev. Matthäus 10, 8b: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebet.
Jesaias 55, 1.2: Ihr Durstende, wohlan, kommet alle her zum Wasser, auch ihr die ihr kein Geld habt, kommet her, kaufet und esset, ja kommet, kaufet ohne Geld und umsonst Wein und Milch. Warum gebet ihr Geld hin für das, was keine Nahrung gibt und euer Erworbenes für das, was nicht sättiget?
Psalm 103, 2-4: Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat: der dir alle deine Sünden vergibt und heilet alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit.

siehe hierzu auch: Eintrag im Handbuch Orientierung – Ablass

64. Frage: Warum ist die Lehre vom Fegfeuer abzuschaffen?

Antwort:

1. Weil es kein Fegfeuer gibt; die Lehre davon ist eine menschliche Erfindung und in Gottes Wort nicht gegründet;
2. sie wird vielfach mißbraucht, um bußfertige Sünder unnütz zu ängstigen und die [katholische] Kirche zu bereichern;
3. sie befördert den Leichtsinn, weil Alle hoffen, dennoch endlich selig zu werden.

Ev. Johannes 3, 18:
Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.
Ev. Johannes 5, 24:
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.

65. Frage: Wann sind die Lehren vom Ablaß und Fegfeuer aufgekommen?

Antwort:
Die Lehre vom Ablaß und von dem aus den Verdiensten Christi und der Heiligen gebildeten Kirchenschätze kam im dreizehnten Jahrhundert auf. Die Lehre vom Fegfeuer fing schon im achten Jahrhundert an, eine allgemeine Geltung zu gewinnen, um welche Zeit auch die Seelenmessen und die Privatmessen anfingen, aber erst im zwölften Jahrhundert gewann die Lehre einen festeren Bestand, daß nämlich alle nach der Taufe begangenen Sünden durch Strafen abzubüßen seien, sei es in diesem Leben oder nach demselben im Fegfeuer.

Quelle:

Die neuen Lehren der römisch-katholischen Kirche – im Vergleich mit der alten Lehre des Herrn und seiner Apostel in siebenzig Fragen mit mehr als 150 Belegstellen des Alten Testaments nach L. van Eß und des Neuen Testaments nach Kistemakers bischöflich approbirter Uebersetzung. Stuttgart, 1871. Druck und Verlag von J. F. Steinkopf.

In 70 Fragen und Antworten dargestellt. 48 Seiten.
[Digitalisat verfügbar]

Beispiele

Die Mutter Constantin’s soll die vom Erlöser betretene Treppe zum Prätorium des Pilatus nach Rom geschenkt haben. Die Stufen der santa scala sind von weißem Marmor, darüber ein Holzüberzug. Eine päpstliche Bulle, die von Pius VII. bestätigt ist. verheißt dem, der diese Treppe auf den Knieen hinaufrutscht, für jede Stufe 9 Jahre Ablaß mit dem Zusatz, daß dieser Ablaß auch den Seelen im Fegefeuer zugewandt werden könne. Durch diesen Zusatz ist die in der Bulle ausgesprochene Bedingung, das Erklimmen der Treppe muß bußfertig geschehen, wieder illusorisch gemacht. ─ Am Eingang in das Colosseum in Rom steht ein kleines, eisernes, eingemauertes Kreuz; darüber steht (ohne irgend eine beigefügte Bedingung): „Wer dieses Kreuz küßt, erhält 140 Tage Ablaß“ (n. Pastor A. Clemen).

Während des ganzen Jahres des Glaubens, das für die Zeit vom 11. Oktober 2012 bis 24. November 2013 festgelegt wird, konnten alle einzelnen Gläubigen, wenn sie ihre Sünden wirklich bereut, gebührend gebeichtet, das Sakrament der Kommunion empfangen haben und nach Meinung des Heiligen Vaters beten, den vollkommenen Ablaß von der zeitlichen Strafe für ihre Sünden erlangen, der auch den Seelen der verstorbenen Gläubigen zugedacht werden kann:

a. jedesmal, wenn sie in einer beliebigen Kirche oder an einem anderen geeigneten Ort an wenigstens drei Predigten während der geistlichen Missionen oder an wenigstens drei Vorträgen über die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils und über die Artikel des Katechismus der Katholischen Kirche teilnehmen;

b. jedesmal wenn sie als Pilger eine Päpstliche Basilika, eine christliche Katakombe, eine Kathedrale, einen vom Ortsbischof für das Jahr des Glaubens bestimmten heiligen Ort besuchen (darunter z.B. die sogenannten Basilicae minores und die der seligen Jungfrau Maria, den heiligen Aposteln und den heiligen Schutzpatronen geweihten Heiligtümer) und dort an einem Gottesdienst teilnehmen oder zumindest für eine bestimmte Zeit der Sammlung mit frommen Meditationen innehalten, das Beten des Vaterunser, des Glaubensbekenntnisses in einer zugelassenen Form, die Anrufungen an die selige Jungfrau Maria und gegebenenfalls der heiligen Apostel oder Schutzpatrone;

c. jedesmal wenn sie an den vom Ortsbischof für das Jahr des Glaubens festgelegten Tagen (zum Beispiel an den Herrenfesten, an den Festen der Jungfrau Maria, an den Festen der Heiligen Apostel und Schutzpatrone, am Fest Petri Stuhlfeier) an jedem geheiligten Ort an einer Eucharistiefeier oder an einem Stundengebet teilnehmen und das Glaubensbekenntnis in einer zugelassenen Form anfügen;

d. an einem während des Jahres des Glaubens frei gewählten Tag für den frommen Besuch der Taufkapelle oder eines anderen Ortes, an dem sie das Taufsakrament empfangen haben, wenn sie die Taufversprechen mit einer zugelassenen Formel erneuern. Die Diözesanbischöfe oder Eparchen und jene, die ihnen rechtlich gleichgestellt sind, werden an dem dafür am besten geeigneten Tag anläßlich der Hauptfeier (z.B. am 24. November 2013), dem Tag des Christkönigsfestes, mit dem das Jahr des Glaubens abgeschlossen werden wird, den Päpstlichen Segen erteilen können, zusammen mit dem vollkommenen Ablaß, der für alle Gläubigen erreichbar ist, die diesen Segen andächtig empfangen.

(Quelle: Veröffentlichung des Vatikans/Apostolische Pönitentiarie)


Eingestellt am 9. April 2024 – Letzte Überarbeitung am 20. November 2025