Matthäus 21, 28-30

Was dünkt euch aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, gehe hin und arbeite heute in meinem Weinberg.
29 Er antwortete aber und sprach: Ich will’s nicht tun. Darnach reute es ihn und er ging hin. 30 Und er ging zum andern und sprach gleichalso. Er antwortete aber und sprach: HERR, ja! – und ging nicht hin.

Durch die Anrede „Sohn“ wird die Arbeit, die wir für den Herrn tun sollen, schmackhaft gemacht. Wir sollen nicht als Sklaven oder Diener, sondern als Söhne arbeiten. Mose würde zu uns gesagt haben: „Diene, arbeite für deinen Lohn!“ Aber unser himmlischer Vater spricht zu uns: „Sohn, mache dich auf!“ Nicht mehr als Sklave, sondern als Sohn sollst du dem Herrn dienen.

O Volk Gottes, ich hoffe, daß ihr den Unterschied zwischen dem Bund der Werke und dem Bund der Gnade sehr deutlich erfaßt. Wenn ihr für Gott arbeitet, dann nicht, um errettet zu werden, sondern weil ihr errettet seid. Ihr gehorcht seinen Befehlen nicht, um dadurch seine Kinder zu werden, sondern weil ihr seine Kinder seid. Aus diesem Grund ist der Befehl um so wirksamer, weil er uns an die große Liebe erinnert, die uns zu dem gemacht hat, was wir sind.

„Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, daß wir Gottes Kinder heißen sollen!“

Denkt aber auch an die Vorrechte, die uns dadurch verliehen worden sind. Sind wir Kinder Gottes, so sorgt der Herr für uns, kleidet uns, heilt uns, beschützt und erzieht uns. Er spricht gleichsam zu uns: „Mein Kind, ich habe dir unbegrenzte Vorrechte gegeben, indem ich dich zu meinem Kind gemacht habe. Ich habe dir diese Welt und die zukünftige gegeben; die Erde ist deine Herberge und der Himmel deine Heimat. Weil ich dies alles für dich getan habe, darum gehe hin und arbeite heute in meinem Weinberg.“

Die Anrede „Sohn“ setzt auch voraus, daß du die Eigenschaften besitzt, die dich befähigen, das zu tun, was er befiehlt. Der Sohn wird etwas von seinem Vater gelernt haben. Und ihr, die ihr den Herrn kennt, seid die einzigen Leute, die ihm in seinem Weinberg dienen können. Seelen für Christus gewinnen können nur diejenigen, die selbst gewonnen worden sind. Und was kann natürlicher sein, als daß sich der Vater, wenn Weinbergsarbeit zu tun ist, an euch wendet, die er so lange und innig geliebt hat.

(Charles Haddon Spurgeon)

Zweierlei Söhne hat Gott und keiner ist so, wie er sein soll. Denn beide sagen zugleich ja und nein. Der Trotzige, dem seine eigenen Anliegen den Kopf füllen, weil er hinter den natürlichen Gütern herläuft, sagt zuerst nein und erst, wenn er auf seiner Jagd nach dem Glück ins Elend kommt, sagt er ja. Der Fromme, der die Bibel zu sich reden läßt, Gottes Gesetz hört und weiß, was er dem zu verdanken hat, daß er ein Glied des Volkes Gottes ist, sagt zuerst ja, dann aber wieder nein, weil er trotz seiner religiösen Bildung und gottesdienstlichen Gewöhnung im Grunde seiner Seele das bleibt, was der andere Sohn auch ist, ein eigensüchtiger, begehrlicher Mensch, der seinem Futter nachläuft. Diese Beschreibung der Menschheit nach ihren beiden Hälften, der irreligiösen und der religiösen, der heidnischen und christlichen, ist wahr, wie jedermann sehen kann. Dann ist aber auch das andere wahr, was das Gleichnis sagt, daß Gott noch einen anderen Sohn hat, nicht nur diese ungeratenen und widerspenstigen, sondern einen mit ihm einträchtigen Sohn, nämlich den, durch den er beiden, dem Unfrommen und dem Frommen, dem Wilden und dem Ehrbaren, sagen läßt: Geht in meinen Weinberg. Dieser Sohn, der uns Gott gehorsam macht, ist ebenso gewiß vorhanden wie die beiden anderen und durch ihn wird sowohl dem, der in seinem natürlichen Gewand herumstolziert, als dem, der sich eine fromme Tracht angelegt hat, der Weg gezeigt, wie sie zu Söhnen Gottes werden, die Gott dienen. Sie werden es dadurch, daß sie den Ruf hören, den der Eine, der in unserer ganzen Schar der einzige gehorsame Sohn Gottes ist, uns bringt.

Ja sagen zu Deinem Willen, Herr, heiliger Gott, habe ich gelernt; Du weißt aber, wie oft mein Wort umfällt, weil sich mein natürliches Verlangen gegen Deinen Willen sträubt. Meine Hilfe ist, daß ich, o Jesus, auf Dich höre. Mache Dein Wort in mir so stark, daß es mich Dir gehorsam macht! Amen.

(Adolf Schlatter)