Epheser 2, 4-6

Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, wegen seiner vielen Liebe, womit er uns geliebt hat, als auch wir in den Vergehungen tot waren, hat uns mit dem Christus lebendig gemacht, durch Gnade seid ihr errettet, und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu.
(Eph. 2, 4-6 ELB)

Was gehört zu unserm größten Elend? Daß wir so lange Zeit brauchen, bis wir im Glauben erkennen, was uns in Christo geschenket ist. Wir sind unaussprechlich reiche Leute; wer glaubt es? Paulus war ein reicher Mann, darum konnte er auch so viel geben. Wir könnten auch viel mehr geben, wenn wir wüßten, wie reich wir sind. Wir wollen in obigen Worten nachsehen, was uns durch Christum erworben ist. Paulus sagt uns zuerst von zwei Dingen: Gott ist reich an Barmherzigkeit und hat uns geliebt durch seine große Liebe. Das sagt er solchen, die tot in Sünden waren. Wenn ich das elendeste und ärmste Geschöpf im Himmel und auf Erden wäre, wüßte aber bestimmt, der Reichtum der Barmherzigkeit und die große Liebe Gottes gehören mir, so hätte all meine Armut ein Ende. So ist es in der Tat: Beides gehört mir, weil ich ohne Christum tot war. Um meines Elendes willen hat sich Gott meiner erbarmt und mich geliebt. Mein Jammer mag noch so groß sein, Gottes Erbarmen und Liebe sind größer. Ich staune im Anblick derselben, weil ich sie nicht verdiente; denn was kann ein in Sünden Toter verdienen?

Daß ich tot sei, habe ich früher nicht geglaubt und niemand, der Christum nicht kennt, kann es glauben. Jetzt weiß ich es gewiß, ich war tot. Aber ich weiß auch, ich bin samt Christo lebendig gemacht. Als Christus im Grabe lebendig wurde, war ich in ihm auch lebendig; denn wie Adam mein Stammvater zur Sünde und zum Tode ist, so ist Christus mein Stammvater zum Leben. Für mich hat ihn der Vater lebendig gemacht, und seit ich das glaube, lebe ich mit Christo; ich bin nicht mehr tot. Ich bin auch mit Christo auferwecket; als die Herrlichkeit des Vaters ihn auferweckte, da stand ich mit allen Gläubigen vor Gott schon als auferweckt da, weil er unser Haupt alle seine Glieder nach sich zieht, und der Geist der Herrlichkeit, der ihn auferweckte und der mir geschenket ist, mich nicht im Grabe lassen kann. – Ja, ich bin mit ihm auch in das himmlische Wesen versetzt, weil ich ein Glied bin an seinem Leibe; Haupt und Glieder gehören zusammen. Jesu Herrlichkeit ist meine Herrlichkeit. Von ihm kann mich nichts trennen, ich bin in ihm durch den Glauben. Alles was er hat, gehört mir! Wie reich bin ich!

Ja Herr! In Dir bin ich; in Dir will ich erfunden werden. Ich will über Deinem Reichtum meine Armut vergessen, denn ich bin Dein und Du bist mein.

Amen.

Elias Schrenk
(1831-1913)

Quelle: Suchet in der Schrift. Tägliche Betrachtungen für das ganze Jahr mit Anhang, S. 96. Von E. Schrenk. 2. Auflage, 32. bis 36. Tausend. Kassel. Druck und Verlag von Ernst Röttger, 1892.


Mit der Erscheinung der Gemeinde Jesu Christi trat etwas völlig Neues in die alte Welt und in die Geschichte. Die Gemeinde Jesu Christi, herausgeboren durch das Wort der Apostel, war etwas völlig Neues, das in die alte Schöpfung trat. Denn die Gemeinde war nicht etwa Fortsetzung der alten religiösen heidnischen Kulte in christlicher Form, verbunden mit Opfern, Waschungen, Blutbesprengungen und Kasteiungen. Nein, als die apostolische Gemeinde mit ihrem neuen Leben, ihrer weltüberwindenden Kraft und ihrem gewaltigen Christuszeugnis in die Geschichte trat, da wußte zunächst niemand, wohin man diese Gemeinde einordnen sollte. In ihr sprach mehr als ein frommer alter Kult durch seine Opfer und Weihen. In ihr sprach auch unendlich mehr als die jüdische Synagoge mit ihrem Gesetz, ihren Psalmen und ihren Prophetenrollen. Da sprach eine neue Schöpfung! Und wenn der Apostel Paulus ob dieser Erscheinung zur Verantwortung gezogen wurde, dann sprach er: „So viele von uns in Christus Jesus sind, siehe, eine neue Schöpfung.“

Wie sollte man dies erklären? Manche wollen uns glauben machen, als ob das Schöpferische und damit verbunden das Neue, was wir mit Heilsgewißheit oder Vergebung unserer Sünden, oder auch als das Neugewordensein in Christus bezeichnen, rein zukünftig wäre.

Soweit wir Paulus richtig verstehen, hat er über die Wiedergeburt und unseren Eintritt in ein neues Leben, d.h. in die Gemeinschaft mit Christus Jesus unserem Herrn, nie als nur über etwas Zukünftiges gesprochen. Er betont im Epheserbrief sehr stark unser Versetzt-worden-sein mit Christus in das Himmlische. Im Römerbrief bezeugt er, daß wir bereits gegenwärtig den Geist der Sohnschaft als Erstlingsgabe der zwar noch zukünftigen Herrlichkeit empfangen haben. In diesem Geiste rufen wir: „Abba, Vater!“ Derselbe bestätigt auch unserem Geist, daß wir Gottes Kinder sind.

„Nicht als ob ich es schon ergriffen hätte!“ Was denn? Das Ziel, die Vollendung des Begonnenen. Man könnte dieses Pauluswort im Philipperbrief auch übersetzen: „Nicht als ob ich es bereits schon zu Ende geführt hätte“. – Nein, noch ist nicht erschienen, was wir einmal sein werden (1. Joh. 3, 2). Aber wenn man uns sagen will, daß die große Tat Gottes in unserer Wiedergeburt zunächst nichts anderes sei, als eine Verlegung unseres Heils ausschließlich in das Jenseitige und Zukünftige, dann wagen wir mit dem Apostel Petrus immer wieder neu den Psalm in die gefallene Schöpfung hinauszusingen „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns nach seinem großen Erbarmen durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten wieder geboren zu einer lebendigen Hoffnung“.

(Jakob Kroeker)


Eingestellt am 20. Oktober 2021 – Letzte Überarbeitung am 2. Januar 2024