10. September

„Das ist die Botschaft, die ihr gehört habt von Anfang an, daß wir uns unter einander lieben sollen.“
1. Johannes 3, 11

Paulus schildert das Leben des natürlichen Menschen als in Bosheit und Neid, sich unter einander hassend und hassenswert, und möchte die Erfahrung ihn widerlegen, statt zu bestätigen, daß die Menschen noch sind, wie sie waren. Die Klagen über den Mangel der Liebe in der Welt und selbst unter den Christen, sind wohl nur allzu gegründet. Indessen mögen diejenigen, welche sie führen, wohl zusehen, ob sie nicht selbst auch ihren Anlaß dazu geben.

Die Liebe aber ist von der größten Wichtigkeit, denn „wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm.“ Sie ist aber von Gott, und nicht von uns selber, und nur wer von Gott geboren ist, hat wahre Liebe.

Paulus gibt ihr selbst vor dem Glauben und der Hoffnung wenigstens den Vorzug, daß diese aufhören, jene aber bleibet. Sie macht das eigentliche Ebenbild Gottes aus, denn er ist die Liebe. Das Ebenbild haben wir aber verloren, und sind stachelichte Dornen geworden, wie sich auch bei Gelegenheit zeigt, dürfen sie aber nicht bleiben, sondern müssen ein Süßteig werden, und uns unter einander herzlich lieben lernen.

Du süßer Himmelstau, laß dich
In unsre Herzen kräftiglich
Und schenk‘ uns deine Liebe;
Daß unser Sinn verbunden sei
Dem Nächsten stets mit Liebestreu‘
Und sich darinnen übe.
Kein Neid,
Kein Streit,
Dich betrübe;
Reine Liebe
Wollst du geben,
Sanft- und Demut auch daneben!

Aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld, im November 1899 (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)