1. Thessalonicher 5, 18

Seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christo Jesu an euch.  (1. Thessalonicher 5, 18)

Danken und denken

Das gehört doch wohl zusammen. Dietrich Bonhoeffer schrieb in einem Brief aus der Gefangenschaft im September 1943:

„Aber jedenfalls lernt man in solchen Zeiten, dankbar werden, und wird das hoffentlich nicht wieder vergessen. Im normalen Leben wird es einem oft gar nicht bewußt, daß der Mensch überhaupt unendlich mehr empfängt, als er gibt, und daß Dankbarkeit das Leben erst reich macht. „

Das ist unsere Not, daß wir oft gedankenlos leben. Dadurch wird unser Leben oberflächlich. Es verliert seinen Tiefgang. Ist das denn so selbstverständlich,

  • daß wir gesund sind,
  • daß wir Arbeit haben,
  • daß uns eine glückliche Ehe und Familie geschenkt ist,
  • daß wir gut leben können?

Muß uns denn erst alles aus der Hand geschlagen werden, was wir als selbstverständlich nehmen, bis wir begreifen, daß nichts, aber auch gar nichts selbstverständlich ist? Wer denkt, nachdenkt über sein Leben, müßte doch zu fragen anfangen:

  • Warum geht es mir so gut?
  • Womit habe ich das eigentlich verdient?
  • Wem habe ich das alles zu verdanken?
  • Bin ich denn wirklich meines eigenen Glückes
    Schmied?

Das kann doch wohl nicht sein, sonst wären doch alle Menschen glücklich. Wer wollte denn schon unglücklich sein? Aber es gibt doch so entsetzlich viel Unglück in der Welt. Könnte es nicht morgen auch mich treffen – ungefragt und ungewollt? Und was könnte ich
dagegen tun, wenn es mit elementarer Gewalt über mich käme? Haben wir schon einmal darüber nachgedacht, wie wenig wir über unser Leben verfügen?

Am nachdrücklichsten wird uns das deutlich, wenn wir an unseren Tod denken. Wie viele möchten noch gern leben – und müssen sterben! Wie viele möchten gern sterben – und müssen leben! Nein – wir sind nur zu einem sehr bescheidenen Teil unseres Glückes eigener Schmied. Vielleicht brauchen wir dunkle Zeiten, um wieder über uns nachzudenken und erlöst zu werden von unserer Gedankenlosigkeit. In „normalen“ Zeiten wird vieles gar nicht registriert. Da wird vieles einfach so mitgenommen. Da wird vergessen, „daß Dankbarkeit das Leben erst reich macht“.

Es ist schon so: Wer denkt, dankt.

(Kurt Heimbucher)


Quelle:

Heimbucher, Kurt: Aus Hoffnung leben. Ein evangelisches Lesebuch. Brunnen-Verlag Gießen und Gnadauer Verlag Dillenburg, 2. Auflage 1989. ABC Team Buch #412.
© 1988 Gnadauer Verband, Dillenburg 1988. [Download in verschiedenen Dateiformaten möglich bei Sermon Online]