Erfahrung, Verschiedenheit der

Erfahrung, V e r s c h i e d e n h e i t  d e r.

Ruskin, dieser sehr genaue Beobachter, sagt:

„Brecht einen drei Fuß langen Ulmenzweig in vollem Land ab, legt ihn vor euch auf den Tisch und versucht, Blatt für Blatt abzupflücken. Es ist zehn gegen eins zu wetten, dass ihr in dem ganzen Zweig (falls ihr nicht beim Abpflücken die Blätter verdrehet) nicht ein Blatt genau wie das andere finden werdet; vielleicht findet ihr nicht einmal ein einziges vollständiges. Jedes Blatt wird schief oder verkürzt oder kraus oder von einem andern gekreuzt oder beschattet sein oder irgend einen andern Fehler haben; und obwohl der ganze Zweig anmutig und ebenmäßig aussehen wird, werdet ihr kaum im Stande sein, zu sagen, wie und warum er das thut, da keine Linie desselben einer andern gleicht.“

Wenn solch unendliche Verschiedenheit in der Schöpfung herrscht, so können wir vernünftigerweise erwarten, eben solche in der Erfahrung der Heiligen zu finden.  Gleichmäßigkeit ist keine Regel des geistlichen Lebens.  Laßt uns andre nicht richten, weil ihre Gefühle nicht ganz den unsrigen gleich gewesen.  Alle Heiligen werden den rechten Weg geführt, aber nicht zwei von ihnen denselben Weg. Fern sei es von uns, einen Maßstab aufzustellen und zu erwarten, daß alle zu diesem hinankommen sollen;  wenn wir alle Gläubigen verwerfen, die mit Schwachheiten zu kämpfen haben oder durch Fehler entstellt sind, so wird unsre Gemeinschaft nur sehr wenige umfassen.

Aus: Charles Haddon Spurgeon, Federn für Pfeile, oder Illustrationen für Prediger und Lehrer (autorisierte Übersetzung von E. Spliedt)
Bildnachweis: Ulmus glabra lutescens, von Melburnian (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons